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Zu viele Infos für den Verfassungsschutz?

Wer eine Demo organisiert, muss damit rechnen, dass er überprüft wird. Die Stadt Dresden geht dabei aber zu weit, meinen Kritiker. 

Von Christoph Springer
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Landeten auch ihre Daten beim Verfassungsschutz? Einer der vielen Demonstrationen rund um den 13. Februar in Dresden.
Landeten auch ihre Daten beim Verfassungsschutz? Einer der vielen Demonstrationen rund um den 13. Februar in Dresden. © Sven Ellger

Der Verfassungsschutz kennt sie alle. Die 180 Versammlungsorganisatoren, dazu persönliche Daten. Das sind mindestens Namen und Adressen, dazu können aber auch Telefonnummern und E-Mail-Kontakte gehören. Informationen, die laut dem Verfassungsschutz nötig sind, um beurteilen zu können, ob eine Versammlung gefährlich werden könnte. Oder ob dort Redner auftreten könnten, die zum Beispiel durch extremistische oder volksverhetzende Äußerungen aufgefallen sind. Viel zu viele Informationen, findet der Landtagsabgeordnete Valentin Lippmann (Grüne). Er ist überzeugt: Wer weiß, dass seine Daten im Zweifel beim Verfassungsschutz landen, überlegt sich zwei Mal, ob er eine Demo oder eine Kundgebung anmeldet. „Diese Praxis schränkt das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit erheblich ein.“

Lippmann hat mit einer Kleinen Anfrage in Erfahrung gebracht, wie oft in diesem Jahr Versammlungsinfos an die Verfassungsschützer geschickt wurden. Das waren bis Ende August sachsenweit 61 Fälle. Zusätzlich haben Städte und Kreise 271 Mal Infos zu den Anmeldern an den Verfassungsschutz übermittelt. Allein 180 davon kamen vom Dresdner Ordnungsamt. Das sei eine „rechtswidrige Praxis“ stellt Lippmann fest. „Die Stadtverwaltung sollte diese Meldungen sofort einstellen.“

Die Stadt ist sich keiner Schuld bewusst. Es sei Aufgabe des Ordnungsamtes, vor jeder Versammlung eine „Gefahrenprognose“ zu erstellen. Sie diene dazu, „unbeteiligte Dritte und die Versammlungsteilnehmer vor Gefahren zu schützen“. Weil die Verantwortlichen im Rathaus dafür selbst nicht genug wissen, würden die Daten an die Verfassungsschützer geschickt. Die Dienststelle mit Sitz am Wilden Mann hat dann die Aufgabe, diese Daten mit den bereits gesammelten Informationen abzugleichen. Daraus schlussfolgern die Mitarbeiter dann, ob von konkreten Personen oder genau dieser Veranstaltung eine Gefahr ausgeht. Dabei gehe es auch darum, „ob es zum Beispiel zu Straftaten kommen kann“, erklärt das Ordnungsamt.

Das Ergebnis senden die Verfassungsschützer wieder ans Ordnungsamt. Auf Basis dieser Einschätzung würden dann „beispielsweise Rednerverbote für Extremisten erteilt oder Abstände zwischen einzelnen Versammlungen festgelegt.“ Die Stadt gibt zu verstehen, dass sie die Zahl 180 nicht zu hoch findet. Man müsse sie ins Verhältnis zu allen Versammlungsanzeigen in dieser Zeit setzen. Das waren von Anfang Januar bis Ende August in Dresden 672.