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Kleine Experimente im großen Stil

Über erneuerbare Energien reden viele. Die Firma Lexsolar baut seit über zehn Jahren Spezial-Koffer für Schüler. Mit internationalem Erfolg.

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© René Meinig

Von Jana Mundus

Ronny Timmreck holt den Wind aus dem Koffer. Wenn es im Klassenzimmer windstill ist, helfen er und die Kollegen von Lexsolar ein bisschen nach. Damit es etwas zu sehen und zu lernen gibt. Ein Ventilator treibt ein Miniwindrad an. Mit der dabei produzierten Energie können Schüler im Physikunterricht sogar Musik hören. Das kleine Radio, das durch die Windenergie betrieben wird, befindet sich ebenfalls im großen orangefarbenen Koffer. Er ist einer von knapp 30 Experimentierkästen, die das Dresdner Unternehmen herstellt. Für Kitas, Oberschulen, Gymnasien, Berufs- oder Fachhochschulen. Vor über zehn Jahren gründeten Timmreck und der zweite Geschäftsführer Michael Dietrich ihre Firma. In Sachen Unternehmertum liegt die Experimentierphase nun hinter ihnen.

Am Anfang war erst einmal viel Lob. Schon als Schüler beschäftigt sich Ronny Timmreck mit dem Thema erneuerbare Energien. In einer Arbeitsgemeinschaft an seiner Schule bastelt der Pirnaer am ersten Experimentierkasten zum Thema Fotovoltaik. Den reicht er beim Wettbewerb „Jugend forscht“ ein. Vom damaligen sächsischen Kultusminister Matthias Rößler (CDU) gibt es dafür einen Preis. „Schon bei der Präsentation fragten mich viele Lehrer, wo sie solch einen Kasten denn kaufen könnten“, erinnert er sich. Doch bis zur Firmengründung sollten noch ein paar Jahre vergehen. Die Existenzgründer-Experten von „Dresden exists“ helfen dabei. Bei einem von ihnen organisierten Event lernt er auch Michael Dietrich kennen. Der hatte zuvor bei einem Verlag für Telefonbücher gearbeitet. Timmrecks Idee, spannende Experimentierkästen für Schüler zu fertigen, überzeugt ihn. „Wie Ronny habe ich damals noch studiert“, erzählt er. Trotzdem gründen sie 2004 Lexsolar. Die 25 000 Euro Startkapital bringen sie mit der Hilfe von Familie und Freunden zusammen.

„Mit unserem Holzköfferchen haben wir dann erst einmal Schulen abgeklappert.“ Der Markt für Lehrmittel ist umkämpft. Es gibt zwar nur wenige Unternehmen, doch die haben den Großteil der Kunden unter sich aufgeteilt. Die Dresdner können aber mit der Einzigartigkeit ihrer Produkte punkten. Ob Windenergie, Brennstoffzellen oder die Möglichkeiten von Biokraftstoffen – für Themen der erneuerbaren Energien konzipieren sie ihre Koffer. Doch schon bald merken sie, dass Schulen in Deutschland nicht ausreichen, wenn die Firma erfolgreich bleiben will.

Kontakte ins Ausland sollen deshalb geknüpft werden. Mit einem Experimentierkoffer macht sich Michael Dietrich vor einigen Jahren auf den Weg nach Russland. Ein Sekretär im Bildungsministerium will sich mit ihm unterhalten. Das Gespräch verläuft gut. „Aber dann sagte er, dass unsere aus Holz gefertigten Koffer nicht seinen Vorstellungen entsprechen würden.“ Holz sei out, Kunststoff in. Lexsolar reagiert und stellt die Produktion um. Heute werden knapp 30 verschiedene Experimentierkoffer gefertigt. Die Inhalte dafür entstehen in der Werkstatt im Firmensitz in der Strehlener Straße: kleine Module mit Solarzellen, Platten mit Getriebemotoren, Windanlagen im Kleinformat, Lampen, Turbinen. In jedem Koffer liegt eine Anleitung, die die verschiedenen Versuche erklärt. Auf Wunsch beraten die Experten von Lexsolar auch Pädagogen, die mit den Kästen arbeiten wollen. „Es geht darum, den Schülern ganz anschaulich zu erklären, was da alles abläuft“, sagt Dietrich. Die preiswerteren Boxen kosten um die 100 Euro, der Experimentierkasten für die Berufsausbildung fast 4 000 Euro.

1 500 Boxen und Koffer verkaufen sie pro Jahr. Der Umsatz liegt bei gut einer Million Euro. Energieunternehmen wie RWE oder die Stadtwerke in Erfurt greifen auf die Koffer Made in Dresden zurück und verleihen sie an Schulen. Um auf ihr Thema aufmerksam zu machen und um Azubis zu finden. Mit den modernen Koffern konnte Lexsolar letztlich auch den russischen Markt überzeugen. Fast 50 Prozent setzten sie dort vor zwei Jahren um. Bevor Russland in die Krise stolperte. „Selbst wenn es komisch klingt: Auch die Lehrmittelbranche ist sehr stark von der weltpolitischen Lage abhängig“, erklärt Michael Dietrich.

Also schaut und hört er immer genau hin, wenn die Nachrichten laufen. Auf allen Kontinenten ist er unterwegs, um neue Kunden zu finden. Heute hat Lexsolar Partner in Vietnam, Indonesien, Indien, Saudi-Arabien oder den USA. Meist Händler für naturwissenschaftliche Lehrgeräte. Das Interesse an den Kästen aus Deutschland ist groß. „Wir exportieren natürlich auch immer den Gedanken der Energiewende mit“, betont Dietrich. Und wie der in der Bundesrepublik gelingt, würde im Ausland schließlich viele bewegen.