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Kleingärtner muss Parzelle räumen

Der Territorialverband kündigt einem Pächter in Pirna. Streitpunkt ist nicht nur ein Partyzelt.

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© Daniel Schäfer

Von Mareike Huisinga

Pirna. Silvio Gaertig ist wütend. „Die wollen mich rausekeln. Ich war hier jahrelang der Prügelknabe für alles“, sagt der Pirnaer und schaut auf seinen Bungalow. Vor 23 Jahren pachtete er einen Kleingarten in der Sparte Dr.-Friedrichs-Höhe an der gleichnamigen Sackgasse oberhalb der Hohen Straße in Pirna. 2006 mietete er das Nachbargrundstück dazu. Jetzt hat ihm der Territorialverband „Sächsische Schweiz“ der Gartenfreunde gekündigt. Er muss beide Gärten beräumen und abgeben.

Für Gaertig ein Unding: „Ich habe jeden Cent und sehr viel Liebe in die Parzellen gesteckt. Und das soll nun alles futsch sein?“ , fragt er erbost. Was ist passiert? Grund für die Kündigung ist laut Gaertig ein Partyzelt, das er im Sommer als Sicht- und Sonnenschutz vor seinen Bungalow auf der Terrasse aufbaut. Im Winter steht lediglich das Gerüst. In den wärmeren Monaten spannte er eine weiße Plane auf. Das Gerüst ist fest verankert in dem Betonboden und hat die Maße von drei mal sechs Meter, die Höhe beträgt ungefähr drei Meter.

Ganz offensichtlich gefällt nicht jedem dieser weiße Fleck. Jedenfalls nicht allen Anwohnern der Hohen Straße. „Sie haben sich beim Territorialverband beklagt, weil der Pavillon sie stört“, berichtet Silvio Gaertig. Infolgedessen wurde er mehrmals in den vergangenen Jahren vom Territorialverband abgemahnt mit der Aufforderung, das Zelt abzubauen. Dem kam er auch nach. Aber nicht immer, wie er zugibt. „Ich brauche schließlich den Schutz gegen die Sonne“, betont Gaertig.

Im Sommer 2016 sprach der Verband schließlich die Kündigung des Pachtverhältnisses aus. Dagegen legte Silvio Gaertig über ein Rechtsanwaltsbüro Widerspruch ein. Die Sache kam vor das Amtsgericht Pirna. Am 14. Dezember 2017 wurde das Urteil verkündet. Die Richterin entschied, dass die Kündigung rechtens sei. Begründung: Das Aufstellen des Zeltes über mehrere Wochen und Monate ist nicht mit dem Bundeskleingartengesetz vereinbar und die Kündigung aufgrund der Weigerung des Abbaus trotz mehrmaliger Abmahnungen gerechtfertigt. Ein schwerer Schlag für Gaertig, der aber um seine Gärten weiter kämpft. In den vergangenen Wochen bat er beim Territorialverband um ein Gespräch, um doch noch bleiben zu können. „Aber man hat sich nicht darauf eingelassen“, sagt Silvio Gaertig enttäuscht.

Der Territorialverband der Gartenfreunde verteidigt das Vorgehen. Man habe handeln müssen, sagt die Vorsitzende Susanne Russig. „Immer wieder beschwerten sich Nachbarn, dass Herr Gaertig häufig und bis zu später Nachtstunde Partys in seinen Gärten abhält. Es werden Feuerwerkskörper gezündet, und auch der Lärmpegel von den zahlreichen Besuchern ist für die umliegenden Anwohner unzumutbar“, erzählt Susanne Russig. Sie sagt, dass es mehrfach Aussprachen mit dem Vereinsvorstand, dem Territorialverband, dem Landratsamt, dem Landesverband Sachsen der Kleingärtner gegeben hätte. Jedoch ohne nachhaltigen Erfolg.

Besonders das große Partyzelt wurde zu einer Belästigung für die Nachbarn, führt Russig aus. „Die Nachbarn wandten sich an uns. Herr Gaertig wurde schriftlich und mündlich durch unseren Verband darauf hingewiesen, dass er das Partyzelt nur vorübergehend zum Zwecke einer Feierlichkeit aufstellen darf. Nachdem er anfänglich versprach, das Zelt abzubauen, blieb es 2016 über Monate stehen“, erläutert die Vorsitzende. Deshalb sah sich der Vorstand genötigt, die Kündigung auszusprechen.

Aus Russigs Sicht ist das Urteil des Amtsgerichtes Pirna unmissverständlich. „Herr Gaertig hat bis heute nicht begriffen, dass ein Fehlverhalten seinerseits vorliegt, die Unterpachtverträge rechtmäßig gekündigt wurden und er die Gärten abgeben muss“, sagt die Vorsitzende. Sie bestätigt, dass Silvio Gaertig nach der Urteilsverkündigung schon mehrfach beim Verband vorgesprochen habe. Obwohl Gaertig zugesichert hätte, das Zelt abzubauen, könne sich der Verband darauf nicht einlassen. Verbandschefin Susanne Russig ist davon überzeugt, dass dem Pächter erst jetzt bewusst werde, dass er seine Gärten verliert. „Diese Erkenntnis kommt leider zu spät. Er hat mehr als eine Chance vertan“, sagt sie. Silvio Gaertig ist verzweifelt und überlegt sich unterdessen, ob er gegen das Urteil in Berufung geht.