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Koch und Kellner gesucht

Die Personalsituation im Gaststättengewerbe im Kreis Meißen wird immer prekärer. Das hat nicht allein mit Geld zu tun.

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© Arvid Müller

Von Peter Redlich und Jürgen Müller

Meißen. Die Schilder sind immer öfter zu finden: Koch gesucht, Kellner gesucht. Die ersten Gaststätten im Kreis Meißen müssen gar schließen, weil ihre Betreiber nicht mehr das passende Personal finden. Im vorigen Jahr war es das in Radebeul bekannte Berggasthaus Zum Pfeiffer. Jetzt sagt die Wirtin vom Landhof Moritzburg, dass fehlendes Personal ein wesentlicher Grund ist, warum sie in den nächsten Wochen schließen wird.

Geschätzt sucht fast jeder zweite Gastronom im Kreis immer wieder dringend Personal. Viele, so wird in der Branche erzählt, stellen kein Schild mit Koch oder Kellner gesucht vor die Tür, weil es keinen guten Eindruck machen könnte. Andere gehen damit offensiver um.

Axel Klein, Geschäftsführer der Dachorganisation Dehoga für Gaststätten und Hotellerie hat den Überblick. Von den knapp 90 000 Beschäftigten im Landkreis Meißen verdient jeder Zwanzigste sein Geld in Restaurants und Hotels. Geburtenschwache Jahrgänge aus 1990er-Jahren schlagen jetzt genau dort rein, wo die Arbeitszeiten eben nicht zwischen 8 und 16 Uhr liegen, wo es Wochenendarbeit und im Sommer auch Überstunden geben muss. Das wollen junge Leute immer seltener.

Von 1 600 Lehrlingen, die vor zehn Jahren noch in der Branche einen Beruf erlernen wollten, sind es heute gerade noch 400, nennt der Dehoga-Geschäftsführer eine erschreckende Zahl. Seit gut einem Jahr reagieren die Restaurantbetreiber mit veränderten Öffnungszeiten und ganzen Schließtagen.

Mandy Schubert betreibt in Radebeul-Altkötzschenbroda fünf Gaststätten und hat 55 Mitarbeiter. „Wir sind dazu übergegangen, an Feiertagen nur noch zu öffnen, wenn garantierte Umsätze, also Bestellungen, vorhanden sind“, sagt die engagierte Gastronomin. Im Bürgergarten ist nicht mehr über Mittag geöffnet, im Dampfschiff im Winter überhaupt nur noch beschränkt. Zwei zugesicherte freie Tage pro Woche, Dienste, die sich die Mitarbeiter zu 50 Prozent selber aussuchen können, pünktlicher Lohn, Zuschläge an Feiertagen sowieso und vor allem Arbeitszeitmodelle, die auf jeden zugeschnitten sind, seien notwendig, um die Leute zu halten. Das gelte mittlerweile auch für sehr gering qualifizierte Mitarbeiter, so Mandy Schubert. Um Mütter im Job behalten zu können, würde sich die Gastronomin auch Unterstützung durch die Stadt wünschen. Etwa mit Kita-Plätzen, in denen die Kinder von Mittags bis etwa 19 oder 20 Uhr betreut werden. „Dann ist die Mutti eben vormittags für die Kinder da“, so die Wirtin.

Um die Probleme gerade in der Gastronomie, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, weiß auch Erik Wagner, Chef der Elbklause in Niederlommatzsch. Deshalb hat er jetzt eine Stelle für eine „Muttischicht“ ausgeschrieben mit einer Arbeitszeit von Dienstag bis Sonntag, jeweils von 9 bis 15 Uhr. Dann können die Mütter ihre Kinder morgens in die Einrichtung bringen und nachmittags wieder abholen. „Die Resonanz war ernüchternd. Es gab nur eine einzige Bewerberin“, sagt er.

Schon seit Jahren sei es schwierig, Personal zu finden, weil vor allem junge Leute nicht abends und am Wochenende arbeiten wollten. Das beträfe nicht nur die Gastronomie. „Gehen Sie doch mal abends in einen Supermarkt, der bis 22 Uhr geöffnet hat. Da sitzen keine jungen Leute an den Kassen, sondern unsere Fachkräfte von gestern.“ Die Situation habe sich durch die gute Konjunktur weiter verschärft. Viele, die einst in der Gastronomie arbeiteten, fänden jetzt einen anderen Job in der Wirtschaft mit „normalen“ Arbeitszeiten.

Die Gastwirte hätten längst reagiert, bemühten sich, die Arbeitszeiten so zu gestalten, dass der Alltag in der Familie funktioniere. So öffne die Gaststätte jetzt montags erst ab 15 Uhr. Dadurch hätten die Angestellten Zeit, in der Woche Termine wahrzunehmen. „Wenn die Personalsituation nicht besser wird, überlegen wir, ab 2019 einen zweiten Tag einzuführen, an dem wir erst um 15 Uhr öffnen“, so Wagner. Er halte sich an die Arbeitszeitgesetze. „Teilschicht und 14-Stunden-Schichten gibt es bei uns nicht“, sagt er.

Einer, der sein Koch-gesucht-Schild gerade wieder wegräumt, ist Steffen Moritz. Für seine Gaststätte an der Moritzburger Straße in Coswig hat er einen neuen Koch gefunden, der am 1. April startet. Der Wirt: „Das Arbeitsamt hat mir keinen geschickt. Dort meldet sich gar niemand erst. Ich hatte Glück, dass sich mancher im Frühjahr verändern will.“