Von Markus van Appeldorn
Löbau. Allround-Talent Wigald Boning wurde einst populär mit seinem Gesangsduo „Die Doofen“. Möglicherweise deswegen fällt es ihm bis heute nicht schwer, über eigene Bildungs-Defizite zu scherzen. „Ich hatte bis vor Kurzem noch nie vom Haus Schminke gehört“, sagt er und urteilt heute: „Man ist schon doof, wenn man das nicht kennt. Eine krasse Bildungslücke.“ Eine allerdings, die sich ohne Weiteres schließen lasse. „Indem man herkommt und es sich anschaut“, sagt Wigald Boning. Er hat sich Löbaus Nudeldampfer in den letzten Wochen nicht nur oft und ausgiebig angeschaut, sondern sogar noch Gäste eingeladen. Zusammen mit Kim Fisher moderiert er im Haus Schminke das „Privatkonzert“, die neue Musik- und Talk-Sendung von MDR und Deutsche Welle. In jeder Sendung empfangen die beiden zwei bis drei nationale und internationale Künstler, musizieren und reden mit ihnen.


Kim Fisher erklärt beim Treffen mit der SZ das charmante Prinzip der Sendung: „Das Privatkonzert ist so, als würde man zu sich nach Hause einladen. Die Unterhaltungen entstehen spontan, sind nicht abgesprochen.“ Und Wigald Boning schwärmt vom Privileg, auf diese Weise mit großen Stars ins Gespräch zu kommen. Er gesteht: „Ich bin ja so schüchtern. Ich würde privat ja niemals Nick Kershaw ansprechen und ihn persönliche Dinge fragen.“
Der Sänger und Komponist Nick Kershaw wurde mit Titeln wie „Wouldn’t it be good“ oder „The Riddle“ einer der größten Pop-Stars der 80er Jahre. Am Dienstagabend hatten Kim Fisher und Wigald Boning den Briten zu Gast. Dazu brachte die Kölner Band „Brings“ rheinischen Frohsinn in die Oberlausitz. Die Band im Schotten-Look eröffnete den Abend mit „Superjeilezick“, ihrem Superhit für Kölner Karneval und Hüttengaudi. Das Lied ist in Kölner Mundart gedichtet. Macht gute Laune, ist aber schwer verständlich. Wahrscheinlich fällt deswegen außerhalb der Domstadt auch niemandem auf, dass der Text sich ganz offensichtlich auch ums Kiffen dreht. Frontmann Peter Brings schwärmte auch gleich ganz offenherzig von der Sendung: „Playback ist wie Sex im Taucheranzug. Hier können wir noch richtig Livemusik machen. In welcher Fernsehsendung gibt‘s das sonst noch?“
Auftakt zu einem Abend voll handgemachter Musik, angereichert mit bisher unerzählten Anekdoten von Kim Fishers Teenager-Dasein bis zum Rentnerleben von Ex-Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU). Als Nick Kershaw in den 80ern seine größten Hits hatte, war Kim Fisher im besten Bravo-Alter. „Ich habe jede Woche mein Taschengeld zum Kiosk getragen für Deinen Bravo-Starschnitt. Der bestand aus neun Teilen“, erzählte Kim Fisher und fragte Kershaw: „Hattest Du so etwas auch?“ Seine Antwort: „Ich habe mich nie selbst gesammelt.“ Und auch Wigald Boning wusste von einer Groupie-Erfahrung aus seinem Freundeskreis zu berichten: „Meine Freundin Gabi war so verliebt in Dich, die hat Dir damals beim Konzert in Bochum ihren weißen Pullover auf die Bühne geworfen und gehofft, dass Du ihn in deinem nächsten Video trägst.“ Jene Gabi sei damals im strömenden Regen frierend im T-Shirt nach Hause gegangen.
Ein Prost zum Schluss
Kim Fisher wollte sich von „Brings“ die Faszination des rheinischen Karnevals nahebringen lassen. „Das Schlimmste sind die Frauen in unserem Alter“, erklärte ihr Peter Brings alkoholselige Enthemmung und sein Bruder Stephan lieferte ein anschauliches Beispiel. Er trägt auf der Bühne stets einen maßgeschneiderten Schottenrock. „Die jungen Mädels fragen ganz schüchtern, ob der Schotte was drunter trägt. Die reiferen Frauen fragen nicht lange. Die schauen einfach nach.“ Vielleicht sind es solche Dinge, weswegen Ex-Arbeitsminister Norbert Blüm die Musiker-Karriere seines Sohnes Christian bei den Brings einst skeptisch betrachtete. „Der Papa hat gesagt, ich soll lieber was Vernünftiges im Leben lernen“, erzählt Schlagzeuger Christian Blüm. „Aber der Norbert hat sich geändert“, sagt sein Bandkollege Stephan Brings, „wenn wir uns in Bonn treffen, macht der immer noch die erste Flasche auf. Und er macht sie nicht nur auf.“ Dann bemerkt er, dass die Menschen im Publikum alle mit Bier versorgt wurden. „Was ist mit uns?“, fragt er. Da kommt schon ein Tablett mit einer Löbauer Brau-Spezialität. Der Abend endet mit einem Prost!
Die zwölf Sendungen der Reihe „Privatkonzert“ im Haus Schminke sind nun aufgezeichnet. Ob es weitere Staffeln geben wird, haben MDR und Deutsche Welle noch nicht entschieden. Für Wigald Boning jedenfalls soll es nicht der letzte Besuch in Löbau gewesen sein. Er hat nämlich mit Freude erfahren, dass man das Haus Schminke auch als Tourist mieten kann. „Ich komme auf jeden Fall wieder und miete mich hier ein“, sagt er, „in den Räumen muss man auf jeden Fall mal eine Party gefeiert haben.“
Das erste „Privatkonzert“ mit US-Star Anastacia strahlt der MDR am 25. November, ab 23.05 Uhr, aus.