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Kommt jetzt der Preishammer?

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet über die Grundsteuer. Für Hausbesitzer und Mieter könnte es teuer werden.

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© Claudia Hübschmann

Von Stephan Hönigschmid

Landkreis Meißen. Es klingt wie ein Traum: Der Staat erhebt zwar Steuern, verwendet dafür aber eine Berechnungsgrundlage von vor 80 Jahren. Das Ergebnis: eine geringe Steuerlast für die Bürger..

Obwohl das Szenario unrealistisch wirkt, ist es bei der Grundsteuer seit Jahrzehnten gängige Praxis. So werden bei der Berechnung in Ostdeutschland Grundstückswerte von 1935 und im Westen von 1964 herangezogen. Weil die Werte nie aktualisiert worden sind, prüft das Bundesverfassungsgericht momentan, ob die Regelung verfassungswidrig ist. Gleichzeitig denkt auch die Politik über Änderungen nach. Am Ende könnte es für Hauseigentümer und Mieter im Landkreis Meißen deutlich teurer werden.

Welche Modelle werden diskutiert?

Favorisiert wird momentan von 14 von 16 Bundesländern das sogenannte Kostenwertmodell. „Beim Kostenwertmodell wird der Wert des Grundstücks und des darauf stehenden Gebäudes berücksichtigt“, sagt der Zweite Vorstandsvorsitzende des Eigentümerverbandes Haus & Grund Meißen, Jörg Klehm (54). Art und Baujahr der Immobilie spielten dabei die Hauptrolle, so Klehm. Kein Thema ist hingegen der momentane Marktpreis. Stattdessen kommt es auf die Kosten an, die zu dem Zeitpunkt anfallen, wenn das Gebäude gebaut wird. Da in Deutschland 35 Millionen Grundstücke betroffen sind, gilt das Kostenwertmodell bezüglich der Datenerhebung als sehr aufwendig. Sowohl Haus &Grund als auch der Mieterverein bevorzugen daher ein Modell, das sich nicht am Wert der Immobilie, sondern an dem des Bodens orientiert.

Wie wirkt sich die Reform auf die Preise aus?

„Bei 95 Prozent aller Grundstücke in Deutschland wird es Kostensteigerungen geben. Im Schnitt wird die Steuer um das 30-fache steigen“, sagt Alexander Wiech von Haus & Grund Deutschland und fügt an: „Laut unseren Berechnungen müsste zum Beispiel ein Eigentümer eines Einfamilienhauses in Leipzig mit einer Grundstücksfläche von 1857 Quadratmeter, der bisher 102,35 Euro gezahlt hat, laut Kostenwertmodell in Zukunft bei unverändertem Hebesatz 13 219,88 Euro entrichten.“ Eine solche Berechnung ist am Ende aber wohl eher Theorie, weil die Stadt in der Praxis den Hebesatz anpassen dürfte.

Obwohl Meißen nicht Leipzig ist, erwartet der Verband ebenfalls beträchtliche Steigerungen. „Im Spaargebirge und am Plossen, wo die Bodenrichtwerte hoch sind, wird die Reform besonders zu spüren sein, vor allem bei Neubauten“, sagt Jörg Klehm.

Problematisch findet das die Vorsitzende des Mietervereins Meißen, Irene Seifert (62), mit Blick auf den benötigten Wohnungsbau. „Die Bautätigkeit würde durch das vom Bundesrat ins Auge gefasste Modell gehemmt werden, weil der Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern gravierend teurer werden würde.“ Gebeutelt wären dabei diejenigen, die Großstädten wie Dresden wegen immer höherer Immobilienpreise den Rücken gekehrt und sich im Landkreis Meißen neue Häuser gebaut hätten.

Schutz vor Spekulanten

Zielführender erscheint daher die Bodensteuer. „Die hätte den Vorteil, dass es weniger attraktiv wäre, Grundstücke oder Baulücken über Jahre unbebaut zu lassen“, sagt Irene Seifert. Auch Spekulanten hätten so laut Mieterbund keinen Anreiz, Grundstücke verfallen zu lassen und zu warten, bis sie im Wert steigen.

Stellenwert der Grundsteuer für die Kommunen

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lagen die Einnahmen aus der Grundsteuer A (Land- und forstwirtschaftliches Vermögen) 2016 in Deutschland bei 400 Millionen Euro. Die Grundsteuer B (bebaute oder bebaubare Grundstücke) spülte 13,3 Milliarden Euro in die Kassen der Kommunen. In der Stadt Meißen trägt die Grundsteuer derzeit fünf Prozent zum Stadthaushalt bei. Sie bringt jährlich etwa 2,5 Millionen Euro ein.