Dresden
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Komplott im Dealer-Milieu

Auf der Beschaffungsfahrt wurde ein Drogendealer von mehreren Männern ausgeraubt. War es der Plan einer Freundin des Mannes?

Von Alexander Schneider
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Am Dresdner Landgericht wurde am Donnerstag ein Fall verhandelt, den man als Lehrstück über Verrat im Drogenmilieu bezeichnen kann.
Am Dresdner Landgericht wurde am Donnerstag ein Fall verhandelt, den man als Lehrstück über Verrat im Drogenmilieu bezeichnen kann. © dpa-Zentralbild

Seit Januar 2016 fahndete die Polizei nach Sadat F., einem 45-jährigen Kosovo-Albaner. Im Januar dieses Jahres dann wurde er im Kosovo verhaftet, im März an die sächsische Justiz ausgeliefert. Seit dieser Woche steht der Mann wegen besonders schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht Dresden.

Die Tat liegt schon lange zurück und ist ein Lehrstück über Verrat im Drogenmilieu. Die Geschichte beginnt mit Michael S., der im Januar 2010 Anfang 20 war. Der junge Mann aus der Umgebung von Dresden handelte mit Crystal. Die Droge besorgte er sich bei seinem Lieferanten in Annaberg-Buchholz. So jedenfalls steht es jetzt in der Anklageschrift gegen Sadat F.

Am 18. Januar 2010 war Michael S. wieder auf dem Weg in die Erzgebirgs-Kleinstadt. Sandra Y., eine Bekannte, sollte ihn dorthin in ihrem Ford Mondeo fahren. Die Frau ist etwas älter, S. hatte ihr vertraut. Sie hatte ihn schon früher gefahren. Michael S. hatte nun 3.440 Euro einstecken, mit denen er 100 Gramm der Partydroge erwerben wollte, um den Stoff weiterzuverkaufen. Das alles hatte Sandra Y. offenbar gewusst und einen hinterhältigen Plan geschmiedet.

Auf dem Weg nach Annaberg-Buchholz steuerte Sandra Y. zunächst in Radebeul ans Elbufer, angeblich um dort ihren Hund Gassi zu führen. Doch es war eine Falle. In einem zweiten Fahrzeug waren ihre Komplizen gefolgt – Gazment H., Ajdin K. und der Angeklagte. Kaum war Sandra Y. unterwegs, umringten die drei Männer den Ford. „Bist du der Annaberger?“, fragte einer – und schon ging es los. 

Von der Fahrer- und der Beifahrertür aus drangen die Männer ins Auto, griffen Michael S. an, stachen auf ihn ein, raubten sein Geld und die Handtasche seiner Freundin. Als Sandra Y. zurückkam, habe sie sich überrascht gegeben und den schwer verletzten Mann in eine Klinik gebracht.

Angeklagter spricht von vier Tätern

Schon 2011 wurde Sandra Y. für diesen Überfall und weitere Taten am Landgericht Dresden zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Angeklagte jedoch geriet erst Jahre später ins Visier der Drogenermittler.

Sadat F. erklärte vor Gericht, sie seien an jenem Tag zu viert unterwegs gewesen. Er habe einige Meter entfernt von dem Mondeo gestanden und den Überfall beobachtet, später in einer Dresdner Kneipe etwa 400 Euro bekommen. Angeblich, so sagte F., hätten die Kumpels Geld von einem säumigen Autokäufer eingetrieben. Er selbst sei nur wenige Tage in Dresden gewesen, habe damals in einer Asylunterkunft in Leipzig gelebt. Der Staatsanwalt war überrascht. Von vier Tätern sei bislang nie die Rede gewesen.

Der Zeuge Michael S. berichtete, er habe sich in der Pause am Elbufer einen Joint angesteckt, als plötzlich die Männer vor ihm standen. Waffen, mit denen auf ihn eingestochen wurde – er erlitt einen Stich in den Oberkörper und vier in die Beine – habe er nicht gesehen. Es sei dunkel gewesen. Er habe die Räuber verfolgen wollen, doch dann starke Schmerzen gehabt.

In den folgenden Verhandlungstagen sollen weitere Zeugen vernommen werden, darunter die Freundin vom Rücksitz, die Fahrerin und mögliche Initiatorin des Überfalls Sandra Y.