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Kontrolle im Flüchtlingsheim

Bei dem Durchgang von Landratsamt und Polizei wurden ein Libyer ohne Papiere und kleine Mengen Drogen entdeckt.

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© Norbert Millauer

Von Peter Redlich

Radebeul. Mittwochmorgen im Asylbewerberheim an der Kötitzer Straße. Seit gut einem Monat ist das Radebeuler Heim wieder bezogen. Anfang Dezember waren es erst 35 Flüchtlinge. Inzwischen sind es 107. Zeit für die erste Kontrolle, die das Ausländeramt des Landkreises gemeinsam mit der Polizei vornimmt. Mit Polizei, damit nicht etwa was aus dem Fenster geworfen wird, was eigentlich nicht ins Heim gehört, oder jemand schnell verschwindet, der hier eigentlich nichts zu suchen hat.

Barbara Schwedler, Leiterin des Ausländeramtes: „Wir machen diese Belegungskontrolle morgens ab 6 Uhr genau deshalb, um zu sehen, dass sich nur die Personen dort aufhalten, die auch hingehören.“

Das Ergebnis nach dem Stubendurchgang: Ein illegal eingereister Flüchtling wurde von der Polizei mitgenommen und am Vormittag registriert. Bei zwei Bewohnern wurden geringe Mengen Drogen zum Eigenbedarf gefunden, so Jörg Kretzschmar, Leiter des Kriminaldienstes in Radebeul. Allerdings, so die Leiterin der Ausländerbehörde im Kreis Meißen, war nur etwa die Hälfte der Bewohner anwesend.

Asylbewerber im Kreis

1390 Personen sind als Asylbewerber aktuell im Kreis Meißen; davon läuft bei 821 noch das Verfahren, 449 halten sich mit einer Duldung auf, weil sie klagen oder nicht abgeschoben werden können, zwei sind noch völlig ohne Papiere und können nicht zugeordnet werden.

107 Bewohner sind im Asylbewerberheim an der Kötitzer Straße untergebracht. Sie sind aus den Heimen in Weinböhla, Klipphausen und Moritzburg hierher gezogen.

Quelle: Landratsamt

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Für 110 Menschen bekommt der Betreiber des Heimes, Wilfried Pohl und seine Firma ITB Dresden GmbH, Geld vom Landratsamt. Das Heim war nach einem nächtlichen Brand in einem Zimmer eines Marokkaners vor knapp zwei Jahren unbewohnbar geworden. In einer Nachtaktion mussten die Flüchtlinge rausgeholt und in andere Heime des Kreises gebracht werden. Inzwischen ist das Gebäude neu und wesentlich moderner wieder aufgebaut worden.

Vorwiegend Zweibettzimmer, es gibt auch kleine Wohnungen für Familien und den behindertengerechten Zugang. Neue Duschen und Küchen sowieso. Nur das neue Drehkreuz ist noch immer nicht da. Eigentlich sollte es schon seit Dezember am Eingang des Radebeuler Asylbewerberheimes stehen. Heimbetreiber Pohl hatte es nach Sicherheitsberatungen mit der Polizei und des Ausländeramtes bestellt. Um kontrollieren zu können, wer hier ein- und ausgeht.

Im alten Heim gab es da so manches Problem. Einige Bewohner, vor allem aus Nordafrika, hielten sich nicht an die Heimordnung und brachten Besucher nach Gutdünken mit. Jetzt gibt es eine Pförtnerloge, in der der Hausmeister oder jemand vom Wachdienst das Rein und Raus beobachten kann. Und, so sagt Jasmin Rodig, es gibt jetzt elektronische Schlüsselkarten für den Eingang und die Zimmer, die eigentlich keiner weitergeben kann, weil er sonst selbst nicht reinkommt.

Arbeit als Kellner, gefragte Praktika

Die Soziologin von der Produktionsschule Moritzburg ist die Betreuerin der Heimbewohner. Zweimal pro Woche hat sie Sprechtag von 10 bis 15.30 Uhr. Themen sind dann die Deutsch-Sprachkurse, wie man am besten nach Dresden kommt oder auch Beschäftigungsmöglichkeiten. Nach drei Monaten dürfen Asylbewerber mit entsprechenden Genehmigungen vom Amt arbeiten, eine Ausbildung oder ein Praktikum absolvieren. Jasmin Rodig: „Einige sind in Restaurants beschäftigt. Einer macht eine Ausbildung als Gebäudereiniger.“ Praktika in Handwerksbetrieben werden immer wieder genutzt. Tischlereien seien hier besonders gefragt. Ein Asylbewerber geht zur Berufsschule.

Das Problem der Mehrzahl der neuen Radebeul-Bewohner ist, dass zwei Drittel von ihnen als Asylbewerber bereits abgelehnt wurden und lediglich mit Duldung noch hierbleiben dürfen. Die Mehrzahl davon aus Indien (12), Marokko (16), Tunesien (5). Allerdings auch acht Personen aus Vietnam. Die meisten Neuankünfte und noch laufenden Verfahren gibt es für Afghanen (13), Libyer (7), Pakistani (6) und Türken (5).

19 Nationalitäten, darunter auch einer in völlig ungeklärten Verhältnissen – ohne Papiere gekommen –, leben derzeit im Radebeuler Heim. Etwa 320 Euro haben sie monatlich zur Verfügung. Davon müssen sie Lebensmittel kaufen und ihre Fahrten bestreiten. Die Kosten zum Deutschkurs nach Dresden und zurück gibt es erstattet, wenn sie wirklich dort registriert wurden, sagt die Betreuerin.

Offenbar funktioniert das Zusammenleben seit Anfang Dezember wesentlich besser in dem Radebeuler Haus als vor dem Brand. Damals gehörte das Heim zwar – wegen seiner veralteten Einrichtung – zu den am meisten kritisierten, aber auch einige wenige der Bewohner trugen durch Randale und kriminelle Taten zum schlechten Ruf bei. Selbst zu einer Messerstecherei wurde die Polizei gerufen.

Mittlerweile gibt es auf den Gängen auch Videokameras. „Meines Wissens wurden die Aufnahmen noch nicht für ein Geschehnis gebraucht“, sagt Barbara Schwedler. Die Leiterin des Ausländeramtes ist im Kreis für insgesamt 1 390 Asylbewerber, davon 821 Bewerber und 449 mit Duldung, zuständig. Sie und Jasmin Rodig sind sich einig, dass die neuen besseren Wohnverhältnisse wesentlich zum ordentlichen Miteinander im Heim beitragen.

Aus Weinböhla, Moritzburg und Klipphausen sind die 103 Männer, drei Frauen und ein Kind nach Radebeul umgezogen. Die Frauen leben in den Familienzimmern. Es gibt, gegen ein kleines Entgelt, WLan im Heim. „Und viele kannten ja die Gepflogenheiten aus den vorherigen Unterkünften“, sagt die Leiterin der Ausländerbehörde. In den Küchen und Sanitäreinrichtungen sieht alles ordentlich aus. Wir machen auch zwischendurch Zimmerkontrollen, bestätigt Jasmin Rodig.

Der Verein Buntes Radebeul will wieder zum guten Zusammenleben beitragen. Es gab bisher zwei sogenannte Plauderstunden als Abendtreff im Clubraum des Heimes. Auch ein Lauftreff wurde von den Radebeulern organisiert. Acht Flüchtlinge haben sich beteiligt. Anfang März soll es ein Fußballturnier geben. Und die Fahrradwerkstatt wollen die Vereinsmitglieder in einer der Garagen im Hof des Heimes auch wieder einrichten.

Zwischen sieben und neun Monaten dauert derzeit ein Verfahren, bis entschieden ist, ob einer bleiben darf oder gehen muss. Wie die aktuellen Zahlen zeigen, wehren sich offenbar viele gegen eine Abschiebung, oder sie werden ohne Papiere nicht zurückgenommen. „Das kann Jahre dauern“, sagt Barbara Schwedler.