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Korea statt Käbschütztal

Der Gemeinderat hält an seinen rechtswidrigen Beschlüssen fest und kritisiert den Landrat und die Rechtsaufsicht hart.

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© SZ-Archiv/Claudia Hübschmann

Von Jürgen Müller

Käbschütztal. Die Gemeinderäte von Käbschütztal fühlen sich missverstanden und fehlinterpretiert. Das Rechts- und Kommunalamt des Landkreises hatte zwei Beschlüsse als rechtswidrig eingestuft und die Gemeinde aufgefordert, diese zurückzunehmen (die SZ berichtete). In diesen Beschlüssen ging es darum, dass Bürgermeister Uwe Klingor (CDU) an weiteren Fusionsgesprächen nicht mehr teilnehmen darf, sondern diese ausschließlich der Gemeinderat führen soll. Weiterhin wurde festgelegt, dass der Gemeinderat einen Beschluss fassen werde, der die unverzügliche Einsetzung eines Zwangsverwalters zum Ziel habe, falls die Gemeindeverwaltung nicht die Eckpunkte und das Konzept für den Haushalt 2018 zur Februar-Sitzung vorlege und bis April kein endgültiges Haushaushaltstrukturkonzept vorliege.

Unart wird nicht mehr geduldet

Beide Beschlüsse seien schon deshalb rechtswidrig, weil sie in nicht öffentlicher Sitzung gefasst wurden, vor allem aber aus inhaltlichen Gründen, so die Rechtsaufsicht. Der Gemeinderat habe seine Kompetenzen überschritten. Der Bürgermeister sei der gewählte Vertreter der Gemeinde und müsse diese in allen Angelegenheiten nach außen hin vertreten, könne deshalb nicht von Verhandlungen ausgeschlossen werden. Auch das Einsetzen eines Zwangsverwalters sei nicht Kompetenz des Gemeinderates. Dieser sucht jetzt nach Rechtfertigung. „Wir wollten das erst einmal in nichtöffentlicher Sitzung unter uns klären, um den Bürgermeister nicht zu beschädigen. Er hat doch bisher alles verschoben, was die Zukunft der Gemeinde betrifft“, so Andreas Jentzsch (Die Linke). Die Beschlüsse zur Außendarstellung des Bürgermeisters seien vom Landratsamt „falsch interpretiert“ worden.

Bürgermeister Uwe Klingor (CDU) hatte zwar selbst mit abgestimmt, inzwischen aber eingesehen, dass die Beschlüsse gar nicht hätten eingebracht werden dürfen. „Ich habe daraus gelernt, werde künftig sofort in Widerspruch gehen, wenn Beschlüsse, die nicht auf der Tagesordnung stehen ohne Vorankündigung und ohne Wissen der Verwaltung eingebracht und abgestimmt werden. Diese Unart werde ich ab sofort nicht mehr dulden“, sagte er.

Die Gemeinderäte haben sich inzwischen mit einem Brief an Landrat Arndt Steinbach (CDU) gewandt mit der Bitte, sie bei Fusionsbemühnungen zu unterstützen. In der Antwort habe der Landrat dies abgelehnt. Eine Wiederaufnahme von Fusionsgesprächen sei nicht zielführend, habe Steinbach geschrieben. Es bestehe keine Aussicht auf Erfolg, weil Meißen und Nossen keine Möglichkeit sehen, die gesamte Gemeinde aufzunehmen, Planitz-Deila in jedem Falle übrigbleibe. Weitere Bemühungen liefen ins Leere, so der Landrat. Im Übrigen sei allein der Bürgermeister für Fusionsgespräche zuständig, eventuell unter Beteiligung von Gemeinderäten. Steinbach habe angeboten, dass die Gemeinde Gespräche zur Eigenständigkeit mit dem Dezernenten für Verwaltung führen könne.

Weniger Aufmüpfigkeit

Gemeinderat Hans-Joachim von Zahn (Bürger für Käbschütztal) ist empört. „Es ist das zweite Mal, dass der Landrat Gespräche verweigert. Es ist unerhört, dass er sich lieber in Korea tummelt, statt sich um die Bürger des Landkreises zu kümmern“, sagte er. Dabei sei er es gewesen, der die Gemeinde einst förmlich zu Fusionen gedrängt habe nach dem Motto „Sagt uns, wann ihr aufgebt, dann fangen wir an, euch zu helfen.“ Offenbar hätten alle im Freistaat die Hosen voll, dass die AfD zu stark werde, so von Zahn. Er sei „relativ fassungslos“, dass die Zuständigkeit auf den Dezernenten abgeschoben werde. „Noch miserabler, noch missachtender kann ein Landrat nicht mit seinen Bürgern umgehen“, sagte von Zahn. Die Probleme würden bis nach der Landtagswahl verschoben in der Hoffnung, dass es dann weniger Aufmüpfigkeit im Gemeinderat gebe. Das wiederum brachte Klingor auf die Palme: „Schluss jetzt mit dem Theater“. Der Freistaat gebe das Geld, der Landrat könne sich gar nicht einmischen, sagte er.

Jens Langer (CDU), Klingors Stellvertreter, sieht das anders: „Seit Jahren werden wir vom Landratsamt veralbert. Die Einnahmen zu erhöhen, bringe gar nichts, das zusätzliche Geld fließt sogleich wieder an den Landkreis in Form der Kreisumlage. Wir können unsere Aufgaben so gar nicht erfüllen. Jetzt schaffen wir einfach mal Tatsachen, sonst dauert es nicht mehr lange, bis der gesamte Gemeinderat hinschmeißt“, sagte er.

Der Gemeinderat will nun zweispurig fahren, einerseits auf eine weitere Eigenständigkeit hinarbeiten, sich andererseits um weitere Fusionsgespräche bemühen, sagte Udo Scholz (Wählervereinigung Käbschütztal). Die beiden Beschlüsse will man nun noch einmal auf die Tagesordnung setzen, diesmal in öffentlicher Sitzung. Inhaltlich soll sich aber nichts ändern. „Wir machen dem Bürgermeister nichts streitig, haben uns keine Kompetenzen zugeordnet, die uns nicht zustehen, wie uns die Rechtsaufsicht vorwirft“, so von Zahn.

Wie gestört das Verhältnis zwischen Bürgermeister, Gemeinderat und Verwaltung ist, zeigt nicht nur, dass 13 von 16 Gemeinderäten den Bürgermeister schriftlich zum Rücktritt aufforderten, sondern auch ein Offener Brief (siehe darunterstehenden Beitrag) . Immerhin Jens Langer hat die Brisanz der Lage erkannt: „Entweder wir raufen uns jetzt endlich mal zusammen, oder wir schließen den Laden.“