Bautzen. Auf den ersten Blick wirkt die Neuerscheinung aus dem Oberlausitzer Verlag mit ihren prächtigen Illustrationen wie ein Kinderbuch. Das ist sie aber mitnichten. Die Geschichten um den Oberlausitzer Zaubermeister Krabat, die in den letzten Jahrzehnten Schriftsteller wie Filmemacher gleichermaßen inspirierten, sind sprachlich sehr anspruchsvoll und teilweise philosophisch überhöht mit Anklängen an Goethes Faust-Stoff.
Der Autor Kurt Gerlach hatte sich seit seinen Kindertagen mit der Krabat-Legende beschäftigt, vieles darüber gelesen, darunter auch von seinem Großvater Johann Traugott Mutschink, der Lehrer in Demitz-Thumitz war. 1925 brachte Kurt Gerlach schließlich seine Version unter dem Titel „Kleines Gruselbuch Krabat oder Die Zauberschule“ heraus.
Doch diese Interpretation des Krabat-Stoffes geriet fast völlig in Vergessenheit. Mit dazu beigetragen haben mag die Tatsache, dass der Schriftsteller – wie es sein Enkel Thomas Gerlach im Vorwort vorsichtig umschreibt - „unter den vielen Bewegungen, die sich nach dem Ersten Weltkrieg um Erneuerung bemühten, wohl die falsche gewählt hatte“.
Thomas Gerlach fand es schade, dass die erste literarische Bearbeitung der Krabat-Legende gänzlich dem Vergessen preisgegeben sein sollte. In ihm „gärte der Wunsch, das Kleine Gruselbuch einmal wieder neu gedruckt zu sehen“.
Von großer Nachfrage überfordert
In diese Überlegungen hinein platzte eine Anfrage des Bayern Lars Dangel, der genau dies vorhatte. Er ist leidenschaftlicher Liebhaber phantastischer Literatur und hat schon mehrere Bücher mit Gruselgeschichten herausgebracht. Bei seinen Recherchen stieß er auch auf Kurt Gerlachs Krabat-Geschichte.
2017 erschien das Werk in einer limitierten Liebhaber-Ausgabe bei der edition cl, einem Verlag, der sich auf solche Sonderausgaben spezialisiert hat. In seinem Nachwort ging der Herausgeber auch auf die vielfältigen Interpretationen des Sagenstoffes ein und stellte dabei fest, dass die Gerlachsche Variante zwar dessen früheste freie Bearbeitung darstellt, aber in einer wissenschaftlichen Untersuchung aus dem Jahr 1982 keine Erwähnung findet.
Die Nachfrage nach der limitierten Neuauflage war so groß, dass der Herausgeber sie gar nicht befriedigen konnte. Deshalb wandten er und sein Verleger sich an den Oberlausitzer Verlag, wo die Idee begeistert aufgenommen wurde. Kürzlich ist nun hier das Buch „Krabat oder Die Zauberschule“ erschienen. In 17 Kapiteln wird der phantastische Lebensweg des Zaubermeisters von seiner frühesten Kindheit bis zum Tod nachgezeichnet.
Von der Frau des Verlegers illustriert
Vieles darunter wird dem Krabat-Freund bekannt vorkommen, zum Beispiel seine Verwandlungen in verschiedene Tiergestalten, um dem Schwarzen Müller ein Schnippchen zu schlagen. Eine wahre Augenweide sind die ganzseitigen Illustrationen von Annett Wolf, der Frau des Verlegers Dr. Andreas Gerth.
Kurt Gerlach, der von 1889 bis 1976 lebte, nahm das literarische Erbe seine Großvaters Johann Traugott Mutschink auf, der in Demitz-Thumitz neben seiner Lehrertätigkeit auch Heimatforschung betrieb und den politischen Roman „Die Pilzdörfler“ auf Sorbisch herausbrachte. Er ist Ehrenbürger des Granitdorfes. Nächstes Jahr wäre sein 200. Geburtstag.
In die literarischen Fußstapfen ihrer Vorfahren traten auch Kurt Gerlachs Kinder Hubert Gerlach und Tine Schulze-Gerlach („Die Hügel vor der Stadt“ über die archäologischen Ausgrabungen am Schafberg in Niederkaina). Am bekanntesten innerhalb der Gerlach-Dynastie dürfte Tine Schulze-Gerlachs Sohn Hartmut sein, der sich als Schlagersänger Muck einen Namen gemacht hat.
„Krabat oder Die Zauberschule“ von Kurt Gerlach ist erschienen im Oberlausitzer Verlag. ISBN 978-3-946795-27-8, Preis: 16,95 Euro.
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