Merken

Kreative Trauerarbeit

Natur und Umwelt, gesunde Ernährung oder die Beschäftigung mit dem Tod – in Neschwitz gibt es neue Angebote. Für jedes Alter.

Teilen
Folgen
© Uwe Soeder

Neschwitz. „Kreativität ist ein großes schönes Wort und bedeutet sehr viel mehr als das, was wir landläufig unter Basteln verstehen“, sagt Katharina Elle. Die promovierte Literaturwissenschaftlerin bietet ab Mai Kurse, Seminare und Vorträge in ihrer Neschwitzer Praxis für Trauerbegleitung und Kreativpädagogik an.

„Viele denken bei dem Wort Kreativität an den vielleicht ungeliebten Werkunterricht in der Schule oder die Malversuche im Fach Kunst. Kreativ sein bedeutet jedoch viel mehr“, sagt Katharina Elle. Dabei muss man sich mit sich selbst, seiner Umwelt und der Gesellschaft auseinandersetzen. Das geht mit Gärtnern, Kochen, Musizieren, Schreiben genauso wie mit Zeichnen, Töpfern, Häkeln oder Holz bearbeitet. Die jeweilige Technik ist nur das Mittel, findet sie. Einem Thema hat sich Katharina Elle dabei besonders verschrieben – der Trauerarbeit. Nicht, weil sie ein besonders trauriger Mensch ist, im Gegenteil, sie lacht gern und viel, sondern weil sie sich im Angesicht von Tod und Trauer immer wieder eine Frage stellte: „Obwohl Tod und Sterben jeden von uns betrifft und ein natürlicher Prozess ist, ist damit meist ein großer Schmerz verbunden. Bei denen, die Abschied nehmen müssen und jenen, die zurückbleiben.“ Doch es muss im Menschen selbst Mechanismen geben, die es erleichtern, diesen Schmerz auszuhalten und zu verarbeiten. Was macht uns Menschen stark? Woraus schöpfen wir Kraft? Was hilft uns, mit Verlusten umzugehen? Diese Fragen stellte sie sich und suchte nach Antworten.

Früh die Mutter verloren

Die Psychologen sprechen von Resilienz – Bewältigungsstrategien, die helfen, das Leben auch nach Schicksalsschlägen zu meistern. Eine davon kann das kreative Gestalten sein. Mit seinen unendlich vielen Spielarten bietet es die Möglichkeit, sich auszudrücken, wenn Worte fehlen, wenn Unaussprechliches geschehen ist, wenn wir nach Möglichkeiten für das Erinnern suchen. Sandra beispielsweise. Sie verlor ihre Mutter, als sie zwölf Jahre alt war. Längst ist sie erwachsen, steht kurz vor ihrer Hochzeit. Die emotionale Vorbereitungszeit auf das große Fest lässt die Trauer wieder lebendig werden. Sie sucht Hilfe bei Katharina Elle. Gemeinsam entwickeln sie ein Ritual, um der Trauer Raum zu geben. Sandra schreibt einen langen Brief an ihre Mutter. Die vielen Seiten werden zu Schiffchen geformt, mit Blüten geschmückt und dem Wasser übergeben. Was folgt, ist ein fast magischer Moment. Die Sonne scheint, das Wasser kräuselt sich, funkelt und zieht die Schiffchen ins Tiefe. Sandra fühlt sich befreiter und kann dem neuen Lebensabschnitt mit Optimismus entgegensehen. Aktuell arbeitet die ausgebildete Sterbe- und Trauerbegleiterin an einem Gedichtband. Die Gedichte stammen aus dem Nachlass einer jung verstorbenen Frau. Kinder und Lebensgefährte wünschen sie sich in Buchform, um sie an die Menschen weiterzugeben, die sich mit der Verstorbenen verbunden fühlten und um eine ganz besondere Erinnerung zu schaffen. Am ersten Todestag wird es eine Lesung geben und damit einen geschützten Raum, diesen so sensiblen, oft schmerzvollen Tag zu erleben.

„Der Seele Raum geben“ – ob sie nun trauert, erschöpft ist, nach neuen Herausforderungen sucht oder für bestimmte Inhalte sensibilisiert werden soll – das ist das Anliegen von Katharina Elle. (SZ/kf)

Weitere Infos zu den Kursen auf der Internetseite:

www.ellaelle.de