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Kreativer Anbau

Mit einer Erweiterung soll die Görlitzer Stadthalle für Messen und Tagungen attraktiv werden. Doch es gibt noch andere Ideen.

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© Stadt Görlitz

Von Sebastian Beutler

Wenn Alfred Theisen an die Stadthalle denkt, dann denkt er an Tourismus. Und zwar in den dunklen Monaten, im November und im Januar bis März. Also an jene Wochen und Monate, wenn sich nicht die Gästegruppen über die Brüderstraße in die Altstadt wälzen wie im Frühsommer oder Spätherbst. „Gerade in der kalten Jahreszeit könnte die Stadthalle durch Kongresse und Veranstaltungen den Fremdenverkehr als wichtigsten Wirtschaftszweig und Werbefaktor für die Region weiter befeuern“, ist der Görlitzer Verleger und Touristiker überzeugt.

Um die Stadthalle zu einem modernen Tagungs- und Kongresszentrum zu machen, war immer ein Anbau im Gespräch. Das Architekturbüro Wünsche & Langer hatte den Anbau bereits bei der großen Sanierungsvariante 2011/2012 entworfen. Seit Oberbürgermeister Siegfried Deinege das Projekt im Herbst 2012 abbrach, war dann auch häufig immer nur davon die Rede, dass die Stadthalle saniert werden sollte. Und zwar so, wie sie eben dasteht, ohne Anbau. Doch Bürgermeister Michael Wieler erklärte stets, wenn die Sprache auf den Anbau kam, dessen Bau sei noch immer Beschlusslage des Stadtrates. Allerdings ist diese Ansicht durchaus umstritten. Schließlich wurde die Sanierung der Stadthalle auch wegen der hohen Kosten abgebrochen, die durch den Anbau natürlich noch mal steigen. Gleichwohl ist der Anbau auch in diesem Jahr im nichtöffentlich tagenden Stadthallenausschuss diskutiert worden. Nun sollen auch die Görlitzer Bürger über den Stand der Debatte informiert werden. Für kommenden Montag laden der Stadthallenverein und das Rathaus gemeinsam zu einer Informationsveranstaltung ein. Dabei sollen die Ergebnisse der vorliegenden Studien nochmals vorgestellt werden. Sie gingen bislang davon aus, dass an der Neiße-Seite die Stadthalle einen Anbau erhält, um Räume für Ausstellungen bei Messen oder Konferenzen oder für kleinere Seminare und Tagungen zu gewinnen. Dadurch soll die Halle vielfältiger genutzt und besser ausgelastet werden – und dadurch den Tourismus ganzjährig ankurbeln. Für Thomas Leder, Vorsitzender des Stadthallenvereins, gibt es aber auch noch weitere Ideen zu einem Anbau, die bei den weiteren Plänen einbezogen werden sollten. So schlägt beispielsweise der Görlitzer Hochschulprofessor Slawomir Tryc, der auch dem Kuratorium der Stadthallenstiftung angehört, vor, im Stadthallenanbau die Bibliothek oder die Mediathek der Hochschule unterzubringen, mit Sicht auf die Neiße und das Nachbarland. „Das wäre ein Zeichen für das moderne, junge Görlitz. Auf diese Art und Weise würde man der Stadthalle das ,tägliche’ Kontingent junger Leute sicherstellen, die durch ihre Kreativität und ihre, sozusagen, natürliche Kulturverbundenheit, sowohl als potenzielles Publikum als auch als (Mit)Veranstalter das Programm der Stadthalle bereichern“, sagt Tryc. Auch könnte ein Kreativinstitut dort seinen Sitz erhalten, zunächst als städtische, später als europäische Einrichtung. Dadurch könnte die Stadthalle auch eine europäische Dimension gewinnen. Möglicherweise könnten darüber auch Sanierungs- und Unterhaltsgelder von der EU oder vom Bund eingeworben werden.

Denn unverändert bleibt letztlich ja die Frage, wie die Kosten des Betriebs der Stadthalle von der Stadt getragen werden können. Möglicherweise aber sieht dafür auch der Freistaat Möglichkeiten. So schrieb ein Abteilungsleiter aus der Staatskanzlei jetzt: „Dieses architektonische Kleinod haben wir auch in Dresden fest im Blick. Bislang fehlt es aber leider an einer soliden und nachhaltigen Nutzungskonzeption, sodass die öffentliche Hand an einer Prioritätenverschiebung bei den Staatsausgaben zugunsten von Sanierung und Unterhaltung der Stadthalle gehindert ist.“

Alfred Theisen jedenfalls denkt nicht nur an die Stadthalle, sondern tut auch etwas für ihre Inbetriebnahme. So veranstaltete sein Touristikbüro SenfkornReisen zum dritten Mal einen deutsch-polnischen Wohltätigkeitsball auf Schloss Wichelsdorf bei Sprottau. Über 100 Gäste erlebten einen schönen Abend. Erlöse in Höhe von 1 600 Euro wird Theisen zusammen mit Zbigniew Czmuda von Schloss Wichelsdorf jetzt an den Stadthallenverein überweisen. Damit weiter zügig an der Sanierung der Halle gearbeitet werden kann.

Der Informationsabend zum Anbau der Stadthalle findet am Montag, 18 Uhr, in der Synagoge statt.

Der vorläufige Entwurf für das Kreativzentrum ist zu finden unter www.cocre.eu.