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Prozess gegen ergaunerte Corona-Soforthilfen in Dresden

In Dresden steht ein Brüder-Paar vor Gericht. Sie sollen Soforthilfen in Höhe von rund einer halben Million Euro ergaunert haben. Wie sie dabei vorgingen.

Von Alexander Schneider
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Mario H., der jüngere Bruder des Hauptangeklagten, behauptete vor dem Landgericht Dresden, er könne sich an vieles nicht mehr erinnern. Doch auch bei ihm wurden Beweise für den Corona-Betrug gefunden.
Mario H., der jüngere Bruder des Hauptangeklagten, behauptete vor dem Landgericht Dresden, er könne sich an vieles nicht mehr erinnern. Doch auch bei ihm wurden Beweise für den Corona-Betrug gefunden. © Foto: Matthias Rietschel

Dresden. Der Prozess um ergaunerte Corona-Hilfen in Höhe von mehr als einer halben Million Euro steht nun vor dem Ende. Es ist nach Angaben der Justiz der bislang größte Fall um widerrechtlich erhaltene Corona-Soforthilfen am Landgericht Dresden.

Vor allem Guido H. soll etwa Gewerbeanmeldungen für Mitarbeiter seiner Firmen aus Rumänien und Moldawien und weitere fiktive Personen beantragt haben und in deren Namen Anträge online und auch schriftlich eingereicht haben. Da die Angeklagten gewusst hätten, dass solche Soforthilfen nur Firmen gewährt wurden, hätten sie die "Scheinselbstständigen" und fiktiven Personen, teilweise mit frei erfundenen Namen, gezielt als Einzelunternehmen dargestellt.

Druck auf Angestellte ausgeübt

Die Brüder sitzen bereits seit November 2021 in Untersuchungshaft. Mirko H. muss sich auch wegen des Besitzes von Kinderpornografie verantworten, weil auf seinen Computern und Speichermedien nach der Durchsuchung tausende Fotos und Videos mit sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern gefunden wurden.

Guido H. hat ein weitreichendes Geständnis abgelegt. Knapp 400.000 Euro seien ihm ausgezahlt worden, 30.000 Euro habe er an Angestellte weitergereicht. Bei den Namen, die er in den Anträgen eingesetzt habe, handelte es sich vor allem um Rumänen und Moldawier, die für ihn arbeiteten und in Firmenwohnungen lebten. Er habe auch ihre Post kontrolliert und sie veranlasst, Konten zu eröffnen, deren EC-Karten und Pin-Nummern er einbehalten habe, "um ein Druckmittel zu haben", wie der 56-Jährige zugab.

Er habe die Antragsteller ohne deren Wissen als Einzelunternehmer ausgegeben, um in deren Namen 9.000 bis 15.000 Euro zu erhalten. Seine Sekretärin habe von nichts gewusst und sein Bruder Mirko habe lediglich einen Antrag für sich selbst gestellt.

Kriminelle Energie und Selbstbedienungsmentalität

Das sieht der Staatsanwalt nach der gut zweimonatigen Beweisaufnahme etwas anders. So habe sich nach der Auswertung von Kommunikationsdaten wie Chats aus dem Messenger Whatsapp ergeben, dass Mario H. seinen Bruder doch weit wehr unterstützt habe, als die Männer einräumten. "Hast du den Antrag gestellt?", soll Guido H. seinen Bruder Mario etwa gefragt haben. Mario H. habe ihm Arbeit abgenommen und Anträge ausgefüllt, weil der es nicht geschafft habe. Mario H. sei das SAB-Portal, auf dem die Anträge online eingereicht werden, durchaus vertraut gewesen. Er habe Anträge abfotografiert, was belege, dass er sie vor dem Absenden offen auf seinem Computer hatte.

Guido H. habe seine Taten mit hoher krimineller Energie begangen. Er habe eine Vielzahl von Identitäten genutzt, was für die Betroffenen erhebliche Nachteile mit sich brachte, denn sie seien alle mit Ermittlungsverfahren überzogen worden.

Der Staatsanwalt forderte für den 56-Jährigen eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren wegen Betruges in knapp 30 Fällen. Für den Bruder wurden vier Jahre Haft gefordert wegen Betruges und Besitzes von Kinderpornografie. Beide Angeklagte hätten wenig Unrechtsbewusstsein, eine Selbstbedienungsmentalität an den Tag gelegt und die Pandemie ausgenutzt, was strafschärfend zu werten sei, so der Staatsanwalt.

In weit geringerem Ausmaß habe sich die 60-jährige Sekretärin an dem Schwindel beteiligt. Sie habe kein Geld aus den Taten erhalten und "wahrscheinlich Angst gehabt, Nein zu sagen", so der Staatsanwalt. Er plädierte für sie wegen Beihilfe zum Betrug auf eine Geldstrafe in Höhe von 3.600 Euro.

Am 16. Dezember werden die Verteidiger plädieren, ehe die Kammer ihr Urteil am 22. Dezember verkünden will.