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Nottingham: Drei Tote und Verletzte bei rätselhafter Tat

Nottingham, eine Studentenstadt in der Mitte Englands, steht unter Schock. Drei Menschen wurden getötet, drei verletzt. Die Tatorte verteilen sich über die ganze Stadt - und hängen vermutlich zusammen.

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Beamte der Spurensicherung durchsuchen einen weißen Lieferwagen an der Ecke Maples Street und Bentinck Road in Nottingham.
Beamte der Spurensicherung durchsuchen einen weißen Lieferwagen an der Ecke Maples Street und Bentinck Road in Nottingham. © Zac Goodwin/PA Wire/dpa

Nottingham. Grelle Schreie hallen am frühen Morgen durch eine Straße in Nottingham. Es ist der Auftakt zu einem Tag, wie ihn die Menschen in der mittelenglischen Stadt wohl nur aus Krimiserien im Fernsehen kennen. Überall hört man Sirenen. Viele Straßen sind abgesperrt, Straßenbahnen stehen still, Busse werden umgeleitet. Die Polizei spricht von einem "schwerwiegenden Vorfall". Bald darauf ist klar: Drei Menschen wurden getötet und drei verletzt. Ein 31-jähriger Mann sei wegen Mordverdachts festgenommen worden, teilte die Polizei mit.

"Ich habe gehört, wie ein Polizeiauto vorbeirast", erzählte Glen Gretton der Nachrichtenagentur PA. "Es fuhr sehr schnell, danach kam noch eins, dann noch eins. Es kamen immer mehr, da wusste ich, dass etwas Großes in der Stadt geschieht."

Fast wirkt es, als sei ganz Nottingham zum Tatort geworden. In der Ilkeston Road westlich der City wurden um kurz nach 4.00 Uhr (5.00 Uhr MESZ) zwei Tote gefunden. Es sind Studenten, wie die Universität bestätigt. Der für den Abend geplante Abschlussball wurde abgesagt.

Ein Augenzeuge sagte der BBC, er habe Hilfeschreie gehört und daraufhin aus dem Fenster gesehen, wie ein schwarz gekleideter Täter auf einen jungen Mann und eine junge Frau eingestochen habe. Die beiden seien auf dem Heimweg von einer Feier gewesen, sagte ein Kommilitone der Zeitung "Telegraph". "Sie waren fünf Minuten von ihrem Zuhause entfernt und wurden von irgendeinem Kerl erstochen."

Beamte der Spurensicherung gehen in der Ilkeston Road im Zentrum der englischen Stadt Nottingham.
Beamte der Spurensicherung gehen in der Ilkeston Road im Zentrum der englischen Stadt Nottingham. © Zac Goodwin/PA Wire/dpa

Wenig später wurde die Polizei zu einem Vorfall im Zentrum gerufen: Dort hatte offenbar ein weißer Lieferwagen drei Menschen überfahren. Der Fahrer sei von Polizeiautos verfolgt worden und habe mit Absicht gehandelt, sagte Augenzeugin Lynn Haggitt der BBC. "Ich bin ganz zittrig, ich habe so etwas noch nie gesehen." Nach Angaben des Stadtratsvorsitzenden David Mellen handelt es sich um Zufallsopfer - die Menschen hätten am frühen Morgen an einer Bushaltestelle gewartet, sagte Mellen dem Sender. Ein Mann befand sich nach Polizeiangaben in kritischem Zustand. Die anderen beiden wurden demnach leicht verletzt.

Schließlich wurde in der Magdala Road nördlich des Zentrums ein weiterer Toter gefunden. Augenzeugen zufolge ist es ein Mann etwa Anfang 60. Die Taten hängen vermutlich zusammen, wie Chefermittlerin Meynell sagte. Zwischen den Tatorten liegt jeweils rund eine Meile (1,6 Kilometer).

Auch an einem vierten Ort waren Ermittler im Einsatz: Dort haben Beamte den mutmaßlichen Täter festgenommen. Ein wackliges Video soll die Aktion zeigen, die gegen 5.30 Uhr stattgefunden haben soll. "Sie haben ihn aus dem Wagen gezerrt, und er fiel zu Boden. Er hat sich ziemlich gewehrt", sagte die Studentin Demi Ojolow zu PA. Fotos vom Einsatzort zeigten einen Lieferwagen mit offener Tür. Der Kühler hat Beulen, die Windschutzscheibe Risse - ob von Kugeln, ist unklar. Anwohner wollen Schüsse gehört haben. Am Boden lag ein Rucksack.

Wegen eines "schwerwiegenden Vorfalls" hat die Polizei mehrere Straßen in Nottingham gesperrt.
Wegen eines "schwerwiegenden Vorfalls" hat die Polizei mehrere Straßen in Nottingham gesperrt. © Jacob King/PA/AP/dpa

Zu den möglichen Hintergründen machten die Behörden zunächst keine Angaben. Nach Informationen des Senders Sky News ermittelt die Polizei derzeit wegen Mordes und nicht wegen einer Terrortat. Die Behörden riefen Zeugen auf, sich zu melden und Aufnahmen von Überwachungskameras sowie "Dashcams" zur Verfügung zu stellen.

Wenige Hundert Meter von einem der Tatorte entfernt stürmten bewaffnete und teils vermummte Einsatzkräfte am Mittag ein Gebäude. Die Immobilie stehe seit langem leer, sagte Mohammed Qasim, der in einem Friseursalon nebenan arbeitet. Vergangenes Jahr habe es dort eine Razzia gegeben. Seit kurzem werde das Gebäude zum Verkauf angeboten. "Wir haben seitdem niemanden gesehen", sagte Qasim. Bei einer Mahnwache wollten die Menschen in Nottingham der Opfer gedenken und sich gegenseitig Halt geben.

Nottingham rund 175 Kilometer Luftlinie nördlich der Hauptstadt London hat etwa 324.000 Einwohner. Bekannt ist die Stadt vor allem für die Legende um Robin Hood, die Heldenfigur dient vielen Unternehmen bis heute als Werbefigur.

Der britische Premierminister Rishi Sunak dankte den Einsatzkräften für ihre Arbeit. Innenministerin Suella Braverman zeigte sich "schockiert und traurig". "Unsere Stadt ist wegen des Todes von drei Menschen heute Morgen am Boden zerstört", teilten die drei Parlamentsabgeordneten der Oppositionspartei Labour für die mittelenglische Stadt in einer gemeinsamen Erklärung mit. Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach sein Beileid aus. (dpa)