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Enkeltrick per Whatsapp: Betrüger erbeuten sechsstelligen Betrag in Dresden

Whatsapp-Betrüger geben sich gern als Kinder ihrer Opfer aus und bitten um Geld. In Dresden waren sie mit dieser Masche schon 91 Mal erfolgreich in diesem Jahr. Eine Dresdnerin führte die Täter allerdings in die Irre.

Von Moritz Schloms
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So klingen viele Betrüger-Nachrichten. Schon kurz darauf bitten die vermeintlichen Kinder um Geld.
So klingen viele Betrüger-Nachrichten. Schon kurz darauf bitten die vermeintlichen Kinder um Geld. © privat

Dresden. "Mama, ich habe eine neue Telefonnummer. Mobil und SIM ist kaputt. Ich ließ das Mobil fallen und ein Auto fuhr darüber.😭😭 Die alte Nummer kann entfernt werden❤️"

Als eine 72-jährige Dresdnerin diese Whatsapp Nachricht erhält, fährt ihr ein Schock in die Glieder. Sie stellt sich bildlich vor, wie ihr Sohn, ein leidenschaftlicher Triathlet, auf dem Fahrrad sitzt und sein Handy fallen lässt. "Ich dachte direkt: Mein Gott, wie nah war mein Sohn bitte an dem Auto dran", erzählt die Frau gegenüber Sächsische.de. Ihren Namen möchte sie nicht öffentlich preisgeben. Wohl auch, weil sie hinter den Zeilen einen Betrug wittert und die Betrüger später selbst reinlegen wird.

Die Dresdnerin tauscht mit ihrem vermeintlichen Sohn mehrere Nachrichten aus, dann schreibt dieser: "Mama ich muss noch etwas bezahlen, kann ich mit dir darüber reden?" Er habe noch offene Konten und im Moment keine Möglichkeit, Internet-Banking zu machen. Ob sie ihm nicht per Echtzeit-Überweisung 2.140 Euro überweisen könne, er zahle es ihr morgen zurück. Zu diesem Zeitpunkt ist die 72-Jährige schon stutzig geworden.

Fast 100 erfolgreiche Betrugsfälle nur in Dresden

Solche Fälle treten aktuell gehäuft auf, auch in Dresden. Es handelt sich um eine Betrugsmasche, einen digitalen "Enkeltrick". Die Polizei teilt dazu mit, dass von Januar bis zum 25. Oktober 2022 insgesamt 279 Fälle der Betrugsmasche per Messengerdienste in Dresden registriert worden seien. Dabei waren die Täter in 91 Fällen erfolgreich, bei 188 Fällen handelte es sich nur um Betrugsversuche.

Die Betrüger schreiben dabei fast ausschließlich über Whatsapp. Insgesamt trat ein Vermögensschaden von mehr als 262.000 Euro ein. Diese Woche hatten Betrüger zum Beispiel bei einem 73-Jährigen aus Dresden-Johannstadt Erfolg. Er überwies den Betrügern 3.900 Euro.

Die Täter bitten oft um eine Echtzeit-Überweisung an Bankverbindungen im europäischen Ausland. Wenn der Betrug dann im Nachhinein festgestellt wird, ist es den Banken oftmals nicht mehr möglich, das Geld zurückzuholen. Bei einem weiteren Fall überwies ein 78-Jähriger aus Loschwitz 4.000 Euro an seine vermeintliche Tochter. Den Betrug bemerkte er zu spät.

Die Betrüger bitten oft um eine Echtzeit-Überweisung an Bankverbindungen im europäischen Ausland. Wenn der Betrug dann im Nachhinein festgestellt wird, ist es den Banken oftmals nicht mehr möglich, das Geld zurückzuholen.
Die Betrüger bitten oft um eine Echtzeit-Überweisung an Bankverbindungen im europäischen Ausland. Wenn der Betrug dann im Nachhinein festgestellt wird, ist es den Banken oftmals nicht mehr möglich, das Geld zurückzuholen. ©  privat

Die 72-jährige wird eher hellhörig. Ihr vermeintlicher Sohn behauptet, alle Kontakte und Daten verloren zu haben, weil er sie nicht richtig gesichert hätte. Das kann sie sich bei ihrem Sohn nicht vorstellen. Sie ruft ihn über das Festnetztelefon an, er geht ran. Der Betrugsversuch fliegt auf.

Doch anstatt die Nummer der Betrüger zu löschen, geht die Dresdnerin vermeintlich auf deren Betrugsmasche ein. Als sie die Kontodaten erhält, an die sie überweisen soll, schaltet sie die Polizei ein.

Polizei rät, vermeintliche Kinder anzurufen

Die Polizei rät, neue, unbekannte Nummern nicht sofort zu speichern. Zuerst solle man überprüfen, ob es sich bei der neuen Nummer tatsächlich um die des eigenen Kindes handelt. Dazu ruft man am besten die aktuell gespeicherte, "alte" Nummer an, oder man kontaktiert Lebenspartner oder Freunde des Kindes. Eine weitere Möglichkeit ist, einen Video-Anruf mit der neuen Nummer zu starten. Die meisten Betrüger lassen sich darauf meist nicht ein.

Weiterhin rät die Polizei, kein Geld zu überweisen, ohne vorher mit dem entsprechendem, vermeintlichen Angehörigen gesprochen zu haben. Betrüger werden in den meisten Fällen nicht ans Telefon gehen und Ausreden finden, warum ein Gespräch gerade nicht möglich ist. Außerdem soll man immer die Polizei informieren, wenn man den Verdacht hegt, dass es sich um einen Betrugsversuch handelt. Dazu kann man zum Beispiel eine Online-Anzeige erstatten.

Der Betrüger wird unruhig. Später löscht er die Nachricht mit den Kontoinformationen. Die Polizei weiß aber schon Bescheid.
Der Betrüger wird unruhig. Später löscht er die Nachricht mit den Kontoinformationen. Die Polizei weiß aber schon Bescheid. © privat

Als die 72-jährige den Betrüger hinhält, wird dieser ungeduldig. Anschließend löscht er die Nachricht mit den Kontodaten, wohl, um eine Rückverfolgung zu verhindern. Doch das ist nicht erfolgreich. Zu diesem Zeitpunkt weiß die Polizei längst Bescheid. Es kann aber dennoch hilfreich sein, sich Nummern und Kontodaten direkt aufzuschreiben, um später Anzeige erstatten zu können, so die Polizei.