Prozess wegen Beleidigung gegen ehemaligen Dresdner Tourismus-Chef

Dresden. Nicht zum ersten Mal hat Johannes Lohmeyer mit Äußerungen in sozialen Medien wie Twitter oder Facebook für Wirbel gesorgt. Kurz nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hat sich der 58-Jährige, damals noch Chef des Dresdner Tourismusverbands, sogar ein Strafverfahren eingefangen. Nun fand der Beleidigungsprozess vor dem Amtsgericht Dresden statt.
Die Anklage der Staatsanwaltschaft Dresden, Abteilung Staatsschutz, wirft dem Manager vor, im März 2022 recht rüde auf den Facebook-Beitrag einer Frau aus dem nordrhein-westfälischen Unna geantwortet zu haben: "Angi! Wie man so zum Putin-Flittchen werden kann, weiß ich nicht. Ich vermute mal aus einer Mischung aus Dummheit und Hässlichkeit", lautete der Kommentar. Offenbar ging es um den Krieg, wozu Lohmeyer einen klaren Standpunkt hatte.
Wer ist "Angi"?
Im September erhielt Lohmeyer für seinen Kommentar eine Geldstrafe von 1.750 Euro per Strafbefehl, die er jedoch nicht akzeptierte. Er legte Einspruch ein. Im Oktober trat Lohmeyer überraschend aus gesundheitlichen Gründen als Vorsitzender des Tourismusverbandes zurück. Auch in den sozialen Medien tritt der meinungsstarke Dresdner inzwischen kürzer.
Da er den Strafbefehl nicht akzeptierte, kam es nun zum Prozess. Am Mittwoch war Lohmeyer jedoch vom Erscheinen entschuldigt. Sein Mandant sei beruflich in Hamburg, wie sein Verteidiger Michael van Eckert mitteilte. Der Anwalt erklärte zur Überraschung der Richterin, es sei nicht klar, ob Lohmeyer überhaupt Verfasser dieser Zeilen gewesen sei. Aber wenn ja, so sei ein Beleidigungstatbestand längst nicht erfüllt.
Der Schreiber habe lediglich auf einen Beitrag von "Angi", der ihm auf Facebook angezeigt wurde, reagiert. Van Eckert sprach von einer "neutralen Äußerung, die nicht auf eine konkrete Person bezogen" gewesen sei. Denn der Verfasser habe nicht wissen können, wer sich hinter dem Profil verbirgt. Der Anwalt verwies auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf aus 1989, als Soziale Medien jedoch noch nicht erfunden waren, und sagte: "Eine Beleidigung setzt eine Individualisierbarkeit voraus."
1.750 Euro für die Dresdner Tafel
Die Richterin hielt dem entgegen, dass sie in Lohmeyers Beitrag keine Meinung erkennen könne, sondern ausschließlich Beleidigungen: "Putin-Flittchen, dumm und hässlich." Die Staatsanwältin ergänzte, dass bei der Antwort-Funktion von Facebook automatisch der Name des Verfassers eingeblendet wird, auf dessen Beitrag man antwortet – selbstverständlich sei die betreffende Person gemeint gewesen.
Am Ende der halbstündigen Verhandlung stellte das Gericht das Verfahren gegen den nicht vorbestraften Angeklagten gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 1.750 Euro an die Dresdner Tafel vorläufig ein, und alle waren mit dem Ergebnis zufrieden.
Alle? Fast alle. Zeugin "Angi" aus Unna war 500 Kilometer als Zeugin angereist und hätte auch gerne etwas über die Facebook-Unterhaltung mit dem Angeklagten Lohmeyer mitgeteilt. Doch ihre Vernehmung war nicht mehr erforderlich.