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Die neuen Maschen der Betrüger

Die klassischen Betrügereien per Anruf gehen zurück. Jetzt kommt der vermeintliche Hilferuf per WhatsApp. Und die Täter sind noch einfallsreicher.

Von Heike Sabel
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Achtung Falle! Diese Nachricht ist bestimmt von keinem notleidenden Kind, sondern ein waschechter Betrug per WhatsApp.
Achtung Falle! Diese Nachricht ist bestimmt von keinem notleidenden Kind, sondern ein waschechter Betrug per WhatsApp. © Symbolfoto: dpa/Zacharie Scheurer

Einfach nur so betrügen war gestern. Die Gauner lassen sich immer mehr einfallen, um vor allem Ältere um ihr Erspartes zu bringen. Doch inzwischen werden auch Jüngere Opfer, wenn es zum Beispiel um Ferienangebote geht, die es gar nicht gibt. Zwischendurch greifen die Betrüger auch auf die Klassiker wie Schockanrufe und Gewinnversprechen zurück. Wer am häufigsten auf sie hereinfällt, was die neuen Methoden sind und wie man sich schützen kann.

Was sind die häufigsten Betrugsmaschen?

Die Betrüger greifen nach wie vor auf die klassischen Tricks zurück. Das sind die Schockanrufe, gefolgt von Gewinnversprechen und dem Enkeltrick, auch die falschen Polizisten tauchen immer mal wieder auf. Von Januar bis Mai dieses Jahres wurden der Polizei aus dem Landkreis 30 solche Straftaten gemeldet. Das ist ein Rückgang gegenüber den Monaten von August bis Dezember 2021, da waren es 52.

Massiv angestiegen ist die Zahl der Messengerdienst-Tricks. Davon wurden im Landkreis in den ersten fünf Monaten dieses Jahres bereits 65 Fälle gemeldet. Da nach wie vor viele nicht gemeldet werden, ist die Dunkelziffer viel höher.

Drei aktuelle Beispiele

  • Falsches Ferienhaus: Ein 29-jähriger Pirnaer hatte auf einer Online-Plattform eine Urlaubsunterkunft gesucht. Über einen Messengerdienst bekam er ein Angebot für ein Ferienhaus in Ungarn. Um ihre Ausführungen glaubhaft zu machen, übermittelten die Täter Bilder und Daten, die aus dem Angebot eines tatsächlichen Anbieters von Ferienunterkünften stammten. Dem Pirnaer gefiel das Ferienhaus offenbar, denn er überwies die Anzahlung von 1.300 Euro. Als er danach den angeblichen Vermieter kontaktieren wollte, war der nicht mehr erreichbar. Geld weg, Urlaub futsch.
  • Falsche Tochter: Die Informationen von falschen Familienmitgliedern kommen nicht mehr per Anruf, sondern über Messengerdienste, wie zum Beispiel WhatsApp. Eine Heidenauerin bekam eine solche Nachricht von einer vermeintlichen Tochter, die 1.700 Euro überwiesen haben wollte. Von der 70-jährigen Heidenauerin bekamen die Betrüger es nicht, sie hatte den Trick durchschaut.
  • Falscher Klempner: Eine 81-jährige Dohnaerin suchte nach einem Klempner, weil ihr Toilettenbecken kaputt war. Das entsprechende Telefonat muss der Gauner mitgehört und ihn auf eine Idee gebracht haben. Er gab sich kurzerhand als Klempner bei der Frau aus und versprach, sich um Ersatz zu kümmern und zu helfen. Dafür verlangte er 300 Euro, um ein neues Becken zu kaufen. Die Frau gab ihm das Geld, sie hat weder den Mann wiedergesehen noch ein neues Toilettenbecken bekommen.

Wie verändern die Gauner ihre Methoden?

Dabei werden diese Methoden immer perfider und nutzen neue Möglichkeiten. Stichwort WhatsApp. Genutzt wird das bewährte Muster aus dem Enkeltrick, also die Familie. Die Opfer erhalten über WhatsApp eine Nachricht eines vermeintlichen Verwandten. Sein Handy sei kaputt, deshalb melde er sich unter einer neuen Nummer. Gleichzeitig bittet er um Geld für eine Rechnung, das ihm überwiesen werden soll. Während es zwischen August und Dezember vergangenen Jahres nur einen solchen Fall im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge gab, waren es von Januar bis Mai 2022 bereits 65.

Wen trifft es besonders oft?

Die meisten Betroffenen sind zwischen 60 und 75 Jahre alt. Das waren bei den Betrugsmaschen zwischen August 2021 und Mai dieses Jahres im Landkreis 65 Frauen und Männer. 53 waren über 75 Jahre und 30 unter 60.

Oft sind die Opfer Menschen, deren Name vermuten lässt, dass sie älter sind, sagt die Polizei. Wobei die Betrüger damit auch schnell Pleite erleben können. Genauso wie wenn sie jemanden erwischen, der keine Tochter oder keine Enkel hat.

Regionale Schwerpunkte im Landkreis gibt es laut der Polizei-Statistik nicht. Die Straftaten verteilen sich auf das gesamte Gebiet, heißt es. Der angerichtete Schaden beträgt allein in den vergangenen Monaten im Landkreis rund 120.000 Euro.

Warum fallen immer wieder Leute darauf rein?

Die Gauner nutzen die persönliche Betroffenheit aus. Das funktioniert, weil jeder geschockt ist, wenn einem seiner Liebsten etwas Schlimmes widerfahren ist. Auch die Hilfsbedürftigkeit, siehe Klempner, wird ausgenutzt. Zudem schaffen es die Gauner meist dann, wenn ihre Opfer allein sind. Und es soll auch immer noch Leute geben, die von den Tricks nichts gehört haben. Das sind oft Alleinstehende, ohne große Verbindungen zu anderen. Hier könnten aufmerksame Nachbarn helfen, indem sie sie informieren.

Was bewahrt vor Schaden?

Gesundes Misstrauen ist die beste Regel. Wenn einem etwas komisch vorkommt, egal wie emotional der Moment ist, erstmal andere fragen. Also zum Beispiel die wirklichen Verwandten. Das hat die Täter schon in vielen Fällen entlarvt. Und immer öfter kann die Polizei auch melden, dass die potenziellen Opfer das einzig Richtige machen - nämlich nicht auf irgendwelche Angebote oder Hilferufe eingehen und stattdessen die Polizei anrufen. Die Suche nach den Tätern ist zwar schwierig, aber viele Teile ergeben ein Puzzle und wenn ein Verdächtiger ermittelt wird, können ihm oft mehrere Fälle zugeordnet werden. Auch in Notlagen, wie bei der Dohnaerin, die einen Klempner suchte, ist Vorsicht geboten, wenn plötzlich Fremde ihre Hilfe anbieten.