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Mehr als 120 Straftaten von kriminellen Jugendlichen in Dresden

Immer wieder kommt es in Dresden zu Gewalt und Überfällen unter jungen Menschen. Die Polizei hat eine eigene Sonderkommission gegründet. Ihre Leiterin über Täter und Opfer.

Von Julia Vollmer
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Auch im Dresdner Alaunpark ist es schon zu Fällen mit jugendlichen Straftätern gekommen.
Auch im Dresdner Alaunpark ist es schon zu Fällen mit jugendlichen Straftätern gekommen. © Rene Meinig (Symbolbild)

Dresden. Montagabend gegen 20 Uhr in Pieschen auf der Sternstraße: Nach bisherigen Ermittlungen der Polizei zufolge bedrohen ein 14- und ein 15-Jähriger einen jungen Mann mit einem Schlagring vor einem Wohnhaus an der Sternstraße. Gleichzeitig fordern sie Geld. Als der 18-Jährige dies verneint, flieht das Duo. Die Beamten können die beiden Tatverdächtigen am Abend ganz in der Nähe stellen. Gegen sie wird nun wegen räuberischer Erpressung ermittelt.

Taten wie diese, begangen von Jugendlichen kamen und kommen immer wieder in Dresden vor. Die Polizei hatte Ende des Jahres eigens eine Sonderkommission mit dem Namen Iuventus eingerichtet. Geleitet wird sie von Kriminalhauptkommissarin Nadine Schaffrath. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

Wie viele Straftaten gab es bislang?

Im ganzen Jahr 2022 und bis Stand 5. Januar gab es 124 Straftaten, die Nadine Schaffrath und ihre Kollegen dem Spektrum der Soko Iuventus zurechnen. Im Vergleich zu den Jahren 2018 bis 2020 haben sich die Fallzahlen verdoppelt, zu 2021 verdreifacht. Polizeipräsident Lutz Rodig sagt: "Dresden ist, gerade im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten, eine sehr sichere Stadt. Trotz dieser positiven Gesamteinschätzung gibt es immer wieder Phänomene, die herausragen und durch ihre besondere Charakteristik Menschen verunsichern können. Aktuell sind es jugendliche Gruppierungen, die seit Oktober verstärkt durch Raubstraftaten und Gewalt in Dresden in Erscheinung treten."

Nadine Schaffrath leitet die Sonderkommission bei der Polizei.
Nadine Schaffrath leitet die Sonderkommission bei der Polizei. © SZ/Julia Vollmer

Die Taten passierten im gesamten Stadtgebiet. "Schwerpunkte sehen wir dabei in der Äußeren Neustadt und der Altstadt", sagt Schaffrath. Konkrete Details zu Orten will sie nicht nennen. Von den Taten in der Neustadt wurden bislang drei dem Alaunpark zugeordnet.

"Wir haben schon 74 Tatverdächtige ermittelt, einige davon haben mehrere Taten begangen, andere nur eine", so die Beamtin. Wie genau das Strafmaß aussieht, liegt dann bei der Staatsanwaltschaft. Es gilt das Jugendstrafrecht für die jugendlichen Täter. "Wir arbeiten eng mit Behörden wie Jugendamt und Jugendgerichtshilfe zusammen." Die Täter sollen nicht "einfach" nur bestraft werden. Ziel sei eine Art Zusammenarbeit, um ihnen bei eventuellen Problemen helfen zu können. Auch Sozialarbeitende wie die von der Diakonie sind in der Neustadt unterwegs auf den Straßen, um mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten.

Die Beamten der Soko, zu der 14 Mitarbeiter gehören, ermitteln, werten Daten aus und sind auch zu Einsätzen in der Stadt unterwegs.

Was ist über Täter und Opfer bekannt?

"Die Täter sind Kinder und Jugendliche zwischen 13 und 23 Jahren", so die Kriminalhauptkommissarin. Darunter seien deutsche und nicht-deutsche Täter. "Sowohl Opfer als auch Täter sind fast ausschließlich männlich."

Die Taten würden fast immer gleich ablaufen: Die Täter, die in Gruppen unterwegs sind, sprechen andere Jugendliche, auch meist in Gruppen an und verwickeln sie in ein Gespräch. Es ist meist später Nachmittag oder Abend und schon dunkel. "Plötzlich fordern die Täter dann Bargeld, Kopfhörer oder andere Gegenstände von den Opfern, zum Teil unter Androhung von Gewalt", sagt Schaffrath. Zum Teil seien auch Waffen im Spiel, wie die sogenannten Softair-Waffen.

Fragt man sie nach der Motivation der Jugendliche, andere zu beklauen, nennt sie einmal die Beute selbst, aber auch eine Art Machtdemonstration gegenüber Gleichaltrigen. "Manche wollen auch ihr Ansehen in der Gruppe steigern", so die Beamtin.

Wie können sich Jugendliche schützen?

Da oft Markenkleidung und Schuhe mit Logos geklaut werden, rät die Soko-Leiterin davon ab, diese sichtbar oder überhaupt zu tragen. "Jugendliche sollten, wenn möglich, auch keine großen Mengen an Bargeld oder Wertgegenstände wie teuren Schmuck bei sich tragen", sagt sie. Wenn es zu einer Tat kommt, rät sie von aktiver Gegenwehr ab. Gerade, wenn Waffen im Spiel sind.

"Es ist wichtig, sofort die Polizei zu rufen, damit wir gleich handeln können und die Täter noch finden können." Eltern rät Schaffrath, mit den Kindern zu sprechen und die Probleme zu benennen, aber keine Panik und Angst zu verbreiten.

Sie rät auch dazu, größere Gruppe beim Vorbeilaufen zu meiden und stattdessen helle, erleuchtete Straßen entlangzulaufen. Der dunkle Alaunpark gehört nicht dazu. Hier ist die Stadt am Zug. Der Stadtbezirksbeirat Neustadt hat bereits die Beleuchtung dort beschlossen.