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Überfälle auf Jugendliche in Dresden: "Geraubt werden Wertgegenstände wie Turnschuhe"

In Dresden gibt es immer wieder Raubüberfälle auf junge Menschen durch junge Menschen. Wie Polizei und Streetworker die Lage in der Neustadt sehen.

Von Julia Vollmer
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Über die Situation am sogenannten Assi-Eck in der Dresdner wurde zuletzt immer wieder debattiert.
Über die Situation am sogenannten Assi-Eck in der Dresdner wurde zuletzt immer wieder debattiert. © Christian Juppe

Dresden. Es geschah am vergangenen Mittwoch gegen 18.45 Uhr im Alaunpark: Ein 14-jähriger Junge wurde von mehreren Unbekannten beraubt. Der Junge wurde von den Tätern angesprochen und aufgefordert, seine Ohrhörer herauszugeben, so die Polizei. Dies tat er. Kurz darauf schlug einer der Täter auf den 14-Jährigen ein und verletzte ihn leicht. Der Wert des Raubgutes beträgt etwa 150 Euro. Nun ermittelt die Sonderkommission Iuventus der Polizeidirektion Dresden wegen räuberischer Erpressung.

Das ist kein Einzelfall. In diesem Jahr gab es Stand Mitte März stadtweit 40 Fälle von Überfällen von Jugendlichen auf Jugendliche, so Polizeisprecher Marko Laske. Schwerpunkte seien zuletzt die Innere Altstadt und Blasewitz gewesen. Ende des vergangenen Jahres waren die Schwerpunkte auch die Altstadt und die Neustadt.

Um über die Situation insgesamt in der Neustadt, nicht nur im Alaunpark, sondern auch am sogenannten Assi-Eck und auf der Alaunstraße zu sprechen, hatte die SPD-Dresden-Neustadt am Montagabend zum Stadtteilgespräch eingeladen.

Wie viele Überfälle gab es zuletzt?

Zu Gast war unter anderem Professor Marcel Schöne, Direktor des Sächsischen Instituts für Polizei- und Sicherheitsforschung (SIPS) und Professor für Kriminologie. Er forschte mit seinen Studierenden zu diesen Überfällen. "Die Zahlen sind gestiegen, von 55 Fällen in 2018 auf 118 Taten in 2022. Dabei waren die Geschädigten im Alter von 6 bis 61 Jahren", sagte er am Montag. Über 50 Prozent der Taten seien dabei von acht Tatverdächtigen verübt worden. Es gebe deutsche und nicht-deutsche Täter.

Sowohl Täter als auch Opfer seien überwiegend männlich und im Teenager-Alter. "Geraubt werden meist Wertgegenstände wie Markenturnschuhe oder Kopfhörer", so Schöne. Er beobachte bei den Überfällen aber auch eine Degradierung der Opfer. Zum Teil würden ihnen die Schuhe ausgezogen, auch wenn diese gar keine Markenschuhe sind, damit sie in Socken nach Hause laufen müssten.

Wie bewertet die Polizei die Lage in der Neustadt?

Sven Fischer, Revierleiter des Polizeireviers Nord und damit auch für die Neustadt zuständig, zieht vor allem für das Assi-Eck ein positives Fazit aus dem letzten Sommer. "Wir waren dort deeskalierend und kommunikativ unterwegs und so konnte die Bahn wieder fast durchgängig fahren und die Lage hat sich insgesamt beruhigt." Auch durch das Kommunikativteam der Nachtschlichter. Das Eck sei kein Schwerpunkt mehr gewesen, die Einsätze hätten sich mehr auf die Alaunstraße und den Albertplatz verlagert.

Die SPD-Dresden-Neustadt lud am Montagabend zu einer Diskussionsrunde.
Die SPD-Dresden-Neustadt lud am Montagabend zu einer Diskussionsrunde. © Ralf Daniel

Es ist keineswegs so, dass in der Neustadt die meisten Straftaten passieren, sondern rund zehn Prozent der stadtweiten Fälle.

Wie geht es den jungen Menschen mit der drohenden Gefahr, überfallen zu werden?

Streetworker Fabian Günther von der mobilen Jugendarbeit Neustadt der Diakonie ist mit seinen Kollegen im Viertel unterwegs und kümmert sich um Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 26 Jahren. "Wir beobachten schon eine Verschlechterung des Sicherheitsgefühls von jungen Menschen", sagt er. Einige würden den Alaunpark meiden, gerade wenn es dunkel ist. Doch es fehle insgesamt an Treffpunkten für junge Menschen im Viertel. Junge Menschen weichten vom Alaunpark in Richtung Assi-Eck und Alaunstraße aus, dort komme es dann aber mitunter zu Konflikten mit den Anwohnenden, die sich über Lärm beschweren.

"Wichtig ist es für uns, dass wir die Jugendlichen erreichen können mit unserer Arbeit und sie nicht aus dem öffentlichen Raum verdrängt werden", so der Streetworker.

Julia Hartl, Co-Vorsitzende der SPD in der Dresdner Neustadt betont: "Vorab möchte die SPD klarstellen: Dresden ist eine sichere Stadt, die Neustadt ist ein sicherer Stadtteil. Jedoch hat die Anzahl der Übergriffe gegen die sexuelle Selbstbestimmung zugenommen", sagt sie. Angezeigt wurden 2022 zwei Vergewaltigungen im Alaunpark, die Dunkelziffer dürfte höher liegen, nicht alle Opfer zeigen die Taten an. Hartl sagt, ihr sei es wichtig, dass sich besonders betroffene Gruppen wie Frauen und Jugendliche in der Neustadt wohlfühlen.

Wie sollen sich die Neustadt-Bewohner wohler fühlen?

Die SPD in der Neustadt brachte einige konkrete Vorschläge ein. Neben der geplanten Beleuchtung des Weges zwischen Alaunplatz und Tannenstraße sollen auch an den Wegen am Pavillon im nördlichen Teil des Alaunparks sowie vom Alaunpark Richtung Paulstraße Straßenlaternen aufgestellt werden. Hier sträubt sich aber die Umweltbürgermeisterin.

"Für einen positiven und entspannten Kontakt mit der Bevölkerung" sollten Polizeistreifen auch häufiger zu Fuß unterwegs sein und die Zahl der Bürgerpolizisten erhöht werden, so die SPD weiter.

Außerdem fordern die Sozialdemokraten Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) auf, eine Liste zu erarbeiten, an welchen Orten soziale Treffpunkte im öffentlichen Raum der Äußeren Neustadt entstehen können. "Unser Ziel ist es, barrierefreie, nicht-kommerzielle und sichere öffentliche Aufenthaltsflächen im Nahbereich der Neustadt zu schaffen", so SPD-Stadtbezirksbeirat Christian Demuth.