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Dresdner DJ Purple Disco Machine gewinnt Grammy

Tino Piontek holt Preis für den besten Remix, Beyoncé bricht Grammy-Rekord und die deutsche Sängerin Kim Petras schreibt in Los Angeles Grammy-Geschichte.

Von Tom Vörös
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Der Dresdner DJ "Purple Disco Machine" hat einen Grammy gewonnen.
Der Dresdner DJ "Purple Disco Machine" hat einen Grammy gewonnen. © dpa/Uli Deck

Los Angeles. Der Dresdner DJ Purple Disco Machine hat in der Nacht zum Montag bei der 65. Grammy-Verleihung in Los Angeles abgeräumt.

Tino Piontek siegte in der Kategorie "Best Remix Recording" - und ist damit Sachsens erfolgreichster DJ. Nominiert worden war er mit seinem Remix des Liedes "About Damn Time" der Sängerin Lizzo. Der Grammy gilt als der wichtigste Preis der Musikbranche.

Damit hat der 42-jährige Dresdner sicherlich nicht ernsthaft gerechnet. Denn bereits vor seiner Nominierung musste er erst ein einmal im Internet googlen und sich von der Wahrheit überzeugen. Nun ist Piontek der erste sächsische Künstler, dem diese Ehre zuteil wurde.

Natürlich war der Mann schon länger auf der Erfolgsspur, spätestens seit seinem größten kommerziellen Erfolg mit der Single „Hypnotized“ im August 2020. Aber auch vorher war Tino Piontek einer der gefragtesten Remixer in der globalen Musikszene, schrieb unter anderem für Lady Gaga, Dua Lipa und Sir Elton John. Ein gefragter Künstler der zweiten Reihe also – selbst in den noch so kleinsten Rampenlichtern wollte er nach eigenen Aussagen gar nicht stehen.

Und eine Musikkarriere schien auch lange undenkbar. Als Jugendlicher habe Piontek viel lieber Fußball gespielt, als ein Instrument zu lernen. Erst in den Neunzigern wurde er von den neuen Möglichkeiten des heimischen Musikproduzierens gepackt, fesselte sich freiwillig an den Computer, schraubte seine ersten Disco- und House-Musik-Tracks quasi im Kinderzimmer zusammen. Über erste Mixtapes kam er in die Clubs und irgendwann an die ganz großen Künstler heran. Glück spielte natürlich eine Rolle, denn viele träumen von einer solchen Karriere. „Man muss zur rechten Zeit von den richtigen Leuten am richtigen Ort gehört werden. Ich hatte dieses Glück.“

Dass Piontek lieber im Studio tüftelte und lange seine Person nicht selbst im Rampenlicht sehen wollte, das lag nach eigenen Angaben daran, dass er sich den Spaß am Musikmachen erhalten wollte und auch an der fehlenden Zeit für die Familie. „Dresden ist mein Ruhepol“, sagte er vor zwei Jahren. Lange war das auch so. Denn der große Erfolg als DJ und Bearbeiter bekannter Songs war immer weit weg, die meisten Anfragen kamen aus dem Ausland. Erst nach dem er 2021 sein erstes Konzert beim Dresdner Stadtfest gab, und spätestens seit Sonntag, sinkt die Anonymitäts-Kurve beträchtlich. Man könnte durchaus sagen: Tino Piontek ist spätestens jetzt, ob er nun will oder nicht, ein Promi.

„Ich bin überwältigt“, sagte der Mann mit dem Schnauzer in einem Interview, das die Grammy-Veranstalter veröffentlichten. Auf die Frage, bis wann es wohl dauern werde, bis er den Sieg wirklich begriffen habe, sagte er: „Ich denke, in ein paar Tagen, wenn ich zuhause bin.“ Die Trophäe wolle er in sein Studio stellen.

Die Grammy Awards gelten als der wichtigste Musikpreis der Welt. Die Academy of Recording Arts and Sciences vergibt sie. In diesem Jahr wurden Trophäen in 91 Kategorien überreicht.

Einmal mehr hat jedoch Sängerin Beyoncé bei den Grammy-Awards abgeräumt und mit nun 32 Trophäen einen neuen Rekord aufgestellt. Der 41-jährige Superstar bekam an ihrem triumphalen Sonntagabend bei der Preisverleihung in Los Angeles vier der Grammophone - und steht damit ganz allein auf Platz eins der ewigen Bestenliste. Zuvor hatte der britisch-ungarische Dirigent Georg Solti mit 31 Grammys den Rekord des Musikers mit den meisten Preisen gehalten.

Beyonce nimmt den Preis für das beste Dance/Electronic Music Album für "Renaissance" bei der Verleihung der 65. Grammy Awards entgegen.
Beyonce nimmt den Preis für das beste Dance/Electronic Music Album für "Renaissance" bei der Verleihung der 65. Grammy Awards entgegen. © Invision/AP

"Ich versuche, nicht zu emotional zu sein. Ich versuche, diese Nacht einfach anzunehmen", sagte Beyoncé sichtlich gerührt. Sie dankte Gott, der sie beschützt habe, und auch ihrem Mann, Rapper Jay-Z. Beyoncé gewann bei der 65. Grammy-Verleihung Preise in den Kategorien beste Tanz-Aufnahme, bestes Tanz-Album, beste traditionelle R&B Performance und bester R&B Song.

Ein Wermutstropfen mag allerdings gewesen sein, dass die Künstlerin in keiner der Hauptkategorien gewinnen konnte. Den Preis fürs beste Album bekam unterdessen der Brite Harry Styles für die Platte "Harry's House".

Harry Styles performt «As It Was»
Harry Styles performt «As It Was» © Invision/AP

"Queen Bey" gehört mit Dutzenden Millionen verkaufter Platten und sieben Studioalben, die in den USA alle auf Platz eins der Charts landeten, zu den erfolgreichsten Musikerinnen und Musikern der Welt - und zu den reichsten. In den Charts stellte sie bereits mehrere Rekorde auf. Sie hatte im Sommer nach sechs Jahren Pause ihr siebtes Studioalbum "Renaissance" veröffentlicht. Wieder einmal schaffte es Beyoncé auf der tanzbaren Platte, den Zeitgeist einzufangen - vor allem mit ihrer Hitsingle "Break My Soul".

Die Grammy-Musikpreise wurden in der Nacht zum Montag feierlich in LA verliehen. Moderiert wurde die Gala erneut von Comedian Trevor Noah - First Lady Jill Biden in goldenem Kleid verkündete die Siegerin in der Kategorie Song des Jahres und ehrte zudem einen Protestsong aus dem Iran gegen die Unterdrückung von Frauen. Harry Styles spielte seinen Hit "As it was" in einem silbernen Glitzer-Outfit und sah damit ein wenig aus wie ein Lametta-Baum. Insgesamt wurden dieses Jahr laut Veranstalter Grammys in 91 Kategorien vergeben werden.

Kim Petras (l) und Sam Smith, Gewinner des Preises für die beste Pop-Duo/Gruppen-Performance für "Unholy".
Kim Petras (l) und Sam Smith, Gewinner des Preises für die beste Pop-Duo/Gruppen-Performance für "Unholy". © Invision/AP

Die deutsche Kim Petras schrieb Geschichte als erste Trans-Gewinnerin in der Kategorie Pop-Duo. Die in Köln geborene Sängerin und der britische Sänger Sam Smith wurden für ihren Clubhit "Unholy" mit einem Grammy ausgezeichnet. Damit ist die 30-jährige Deutsche der erste Transmensch in der Geschichte der Grammys, der in der Kategorie bestes Pop-Duo ausgezeichnet wurde.

"Ich will nur all den unglaublichen Transgender-Legenden vor mir danken, die diese Türen für mich geöffnet haben, damit ich heute Abend hier sein kann", sagte Petras. "Ich bin an einer Autobahn mitten im Nirgendwo in Deutschland aufgewachsen. Und meine Mutter hat mir geglaubt, dass ich ein Mädchen bin. Ohne sie wäre ich nicht hier."

Kurze Zeit später performten Petras und Smith "Unholy" auf der Grammy-Bühne - Petras im Käfig, Sam Smith und die Tänzer als Teufel verkleidet. "Unholy" schaffte es im Herbst 2022 auf Platz Eins in den USA und Großbritannien. Das Lied handelt von einem Familienvater, der sich in einem Stripclub vergnügt.

SWR Big Band gewinnt auch einen Grammy

Im Schatten der Superstars ist auch die SWR Big Band bei den Grammy-Awards ausgezeichnet worden. In der Kategorie "Bestes Arrangement (Instrumental oder A Cappella)" gewannen die Musiker aus Baden-Württemberg am Sonntagabend den begehrten Titel in Los Angeles für einen Titel aus ihrem Album "Bird Lives".

Das Album ist eine Gemeinschaftsproduktion der SWR Big Band mit Magnus Lindgren und John Beasley. Von ihm stammt das nun ausgezeichnete Arrangement im Titel "Scrapple from the Apple". Das Original des US-Musikers Charlie Parker hatte Beasley neu arrangiert. Nominiert war die CD "Bird Lives" in insgesamt drei Kategorien. Nach SWR-Angaben ist es die erste Grammy-Auszeichnung für die SWR Big Band nach vier Nominierungen.

Ein weiterer Gewinner der amerikanischen Preisnacht war Rapper Kendrick Lamar, der 2022 mit "Mr. Morale & the Big Steppers" nach bahnbrechenden früheren Alben erneut ein viel gerühmtes Rap-Werk rausbrachte und drei Grammys holte - unter anderem für das beste Rap-Album. Songwriterin Bonnie Raitt bekam den Grammy für den Song des Jahres mit "Just Like That". Musikerin Lizzo wurde für ihren Song "About Damn Time" mit der Aufnahme des Jahres geehrt.

Ihren Höhepunkt erreichte die Stimmung im Saal bei einem Song-Medley anlässlich des "50. Jubiläums von Hip Hop". Etliche Künstler, darunter Busta Rhymes, Ice-T, Missy Elliott, Nelly und LL Cool J, führten auf der Bühne musikalisch durch die Geschichte des Genres. 1973 gilt gemeinhin als das Geburtsjahr der heute global populären Musikrichtung. (mit dpa)