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Wie Königsbrücker Kamelien Menschen verbinden

Kamelien sind seit 25 Jahren das Hauptprojekt des Königsbrücker Heimatvereins. Vorsitzender Peter Sonntag landete mit raren Düften einen Treffer.

Von Lea Heilmann
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Peter Sonntag in seinem zweiten Zuhause: Dem Kamelienhaus in Königsbrück.
Peter Sonntag in seinem zweiten Zuhause: Dem Kamelienhaus in Königsbrück. © Matthias Rietschel

Heimatvereine werden oft mit älteren Herrschaften verbunden, die im stillen Kämmerlein die Geschichte der Stadt aufarbeiten. Anders geht es da im Königsbrücker Verein zu.

Vor 26 Jahren wurde der Heimatverein anlässlich des 750. Stadtgeburtstags von Königsbrück gegründet. Von Anfang an dabei war Peter Sonntag, wenn auch zuerst etwas unfreiwillig. „Mich hat man damals gefragt, ob ich kommissarisch in dem Verein tätig sein will, und dann habe ich mich breitschlagen lassen“, erzählt er. Von Unfreiwilligkeit ist nach den über 25 Jahren nichts mehr zu merken. Wenn der gebürtige Königsbrücker von dem Verein und den Projekten erzählt, ist er kaum zu stoppen. Seit Jahren ist er dessen Vorsitzender.

Ein Projekt, das auch außerhalb von Königsbrück für Bekanntheit sorgte, sind die Kamelien. Im Frühjahr 1999 hat Sonntag die Pflanzen das erste Mal blühen sehen. „Da wusste ich, was zu machen ist. Türen auf und Leute rein“, erinnert er sich. Ein Jahr später wurden sie der Öffentlichkeit präsentiert, mit vollem Erfolg – über 5.000 Menschen kamen an einen Tag in den kleinen Ort.

Kamelien finden sich in der Literatur und Kunst wieder

Anfang des 19. Jahrhunderts haben die ältesten Kamelien ihren Weg nach Königsbrück gefunden. Dazu kamen weitere Pflanzen wie die besonderen Spalierkamelien. Wenn Sonntag über die Pflanzen redet, kommt er ins Schwärmen. „Es gibt keine andere Blume, die dermaßen mit der kulturhistorischen Entwicklung Europas verwurzelt ist“, sagt er. Das spiegle sich auch in der Literatur und Kunst wider, wie die Kameliendame von Alexander Dumas oder La Traviata von Verdi. Das zweite Besondere an Kamelien ist die Blütenvielfalt. „Sie blühen wie Rosen, Nelken, Hibiskus und noch mehr“, erklärt er. Die Blumen locken jedes Jahr zahlreiche Besucher an, 600 bis 700 Pflanzen werden von Januar bis April verkauft.

Sonntag ist Diplom-Chemiker und Kaufmann. Er hat in seinem Leben viele Unternehmen geleitet, war in hohen Verantwortungen. „Wenn Sie unternehmerisch denken wollen, müssen Sie auch kreativ sein und immer etwas Neues entdecken“. Das helfe ihm auch in seiner ehrenamtlichen Tätigkeit im Heimatverein. Sonntag entwickelt immer neue Ideen, wie man die Projekte weiter ausbauen könnte.

So kam zu den bereits vorhandenen Pflanzen eine seltene Sorte dazu: Die Duftkamelie. „Wenn man hier reinkommt, riecht man das sofort, das ist so ein angenehmer Geruch“, sagt der Vereinsvorsitzende. Dann hat Sonntag überlegt – der Geruch, die Kameliendamen - Parfum wäre doch etwas. Als Sonntag das erzählt, kommt wieder der Geschäftsmann durch: „Man muss wissen, welches Ziel man hat. Ich will etwas erreichen, und dann muss ich überlegen, wie ich das hinkriege“. So hat er es auch mit dem Parfum gemacht. Nach langer Recherche hat er einen Parfümeur in Dresden gefunden, der sich der Blüten angenommen hat. Fünf verschiedene Duftnoten hat er extrahiert, die beliebtesten zwei werden seit 2020 verkauft. Damit ist es das weltweit erste natürliche Kamelien-Parfum.

Die Jüngeren werden mit eingebunden

Das war aber nicht Sonntags einzige Idee rund um die Kamelien. Bei den Märchenrundgängen zeigt er Vorschulkindern das Schloss Königsbrück, redet mit ihnen über Könige und Prinzessinnen und zeigt den Kindern die Pflanzen. An einen Spaziergang kann sich Sonntag noch genau erinnern. An dem Tag danach stand eine Frau mit ihrem Sohn am verschlossenen Tor, denn das Kind wollte seiner Mutter zeigen, was es erlebt hat. „Da merkt man auch, was für einen Eindruck das bei den Kindern hinterlässt“, sagt er und lächelt.

Ein anderes Herzensprojekt ist für Sonntag die Blindenführungen. Schüler und Schülerinnen aus Königsbrück begleiten blinde Menschen durch das Gewächshaus, die durch Hören, Riechen und Fühlen die Kamelien erleben können. Das Projekt verbindet die Heimat mit einem sozialen Aspekt, das sei ihm wichtig, betont Sonntag, und selten für so einen Verein. „Wie das mit den Kamelien entstand, die Euphorie, die hier herrschte, das ist eine tolle Geschichte." Wenn er die Freude der Kinder bei den Märchenspaziergängen oder Führungen mitbekommt, da bekomme er schon mal Tränen in die Augen.

Wenn sich Sonntag an die 26 Jahre zurückerinnert, denkt er an viele tolle Projekte. Den Bau des Schlossturms, die Bewahrung des Modellbauvereins vor dem Aus oder die Restaurierung des Epitaphs. „Natürlich freue ich mich auch, dass wir nie Probleme mit dem Finanzamt haben“, sagt er und lacht. Er betont aber auch, wie wichtig es ist, dass die Menschen aus dem Verein mit zur Stange halten und ihre Ideen einbringen. „Ohne die geht das gar nicht“.