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Darum gibt es Streit um ein Projekt über Rassismus in der DDR

Zwei schwarze Künstlerinnen erzählen auf der Bühne von ihren Aufwachsen mit Rassismus in der DDR - und benutzen dabei auch das N-Wort.

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Ab Mitte der 1980er-Jahre kamen auch Mozambikaner als "Vertragsarbeiter" in die DDR. Für viele gehörten Erfahrungen mit Rassismus zum Alltag.
Ab Mitte der 1980er-Jahre kamen auch Mozambikaner als "Vertragsarbeiter" in die DDR. Für viele gehörten Erfahrungen mit Rassismus zum Alltag. © Domid-Archiv

Von Markus Geiler

Das Programm ist harte Kost. Es zeigt, wie tief rassistische Zuschreibungen auch in der DDR verankert waren und wie sehr sie Teil des Alltags und der Sprache waren. In dem Programm „Dark Side of the GDR“ (deutsch: „Dunkle Seite der DDR“) schildern die beiden Berlinerinnen Bibiana Malay und Grit Díaz de Arce, die beide afrikanische Väter haben, ihr Aufwachsen mit Rassismus in der DDR.

Anhand authentischer Zeugnisse wie Stasiakten, Tagebuch-Aufzeichnungen, Briefen und skurrilen Episoden machen sie den unterschwelligen Rassismus in der DDR erfahrbar. Sie zitieren dabei Reime aus einem Kinderbuch und singen ein altes deutsches Volkslied, das Roma und Sinti herabwürdigt. Das Problem: Sie sprechen dabei das sogenannte N-Wort und das sogenannte Z-Wort aus.

Einzelne Szenen haben Anwesende offenbar verletzt

Nach heftiger Kritik von Schwarzen Aktivistinnen an dem Programm hat das Museum der bildenden Künste (MdbK) in Leipzig deshalb eine geplante Aufführung vorerst abgesagt. Die Performance war Teil des Rahmenprogramms der Ausstellung „Re-Connect. Kunst und Kampf im Bruderland“ über die Einwanderungsgeschichte der DDR. Die Veranstaltung soll verschoben werden, „da die Aufführung einzelner Szenen daraus bei der Ausstellungseröffnung Anwesende offenbar verletzt hat“, teilte das Museum mit.

Einige Zuschauerinnen und Zuschauer hätten deshalb die damalige Veranstaltung verlassen und am Ausstellungprojekt beteiligte Personen ihre Mitarbeit aus diesem Grund abgesagt. Das Museum versichert, es überprüfe keine Texte eingeladener Künstlerinnen und Künstler. Aber wenn es die zitierten Sprachbilder gekannt hätte, hätte es für das Publikum eine Inhaltswarnung aussprechen wollen. Es stehe jetzt mit den Künstlerinnen in Kontakt, um die Veranstaltung zu einem späteren Zeitpunkt im geeigneten Rahmen stattfinden zu lassen.

„Die Begriffe waren damals noch nicht tabu"

Für Schauspielerin Bibiana Malay, die sich selbst als Afrodeutsche bezeichnet, ist das zweistündige Programm ihre Art, die vielen rassistischen Verletzungen aus der Kindheit aufzuarbeiten: „Das werden wir uns nicht verbieten lassen. Wir können unsere Geschichte nur erzählen, wenn wir die Sachen, die uns passiert sind, auch benennen dürfen“, sagte sie: „Die Begriffe waren damals noch nicht tabu und wir waren ihnen permanent ausgesetzt, deshalb müssen wir sie auch benutzen dürfen, um das aufzuarbeiten.“

Im Programm spreche sie zwar das N-Wort aus, sagt Bibiana Malay, sie brandmarke es aber auch als solches, indem sie beispielsweise ein Gedicht dagegen setze, das sie als Elfjährige als Reaktion auf die rassistischen Kinderbuch-Reime verfasst habe. Malay undGrit Díaz de Arce seien für eine spätere Veranstaltung grundsätzlich bereit. „Wir haben aber keine Lust, die nächste Aufführung vor einer Zensur-Community stattfinden zu lassen. Wir erzählen die Geschichte unserer Ausgrenzung und werden jetzt schon wieder ausgegrenzt, in dem wir nicht darüber sprechen dürfen, was uns passiert ist“, so Malay. (epd)