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Der Osten als Sündenbock?

Die Mehrheit der östlichen AfD-Wähler sind vor allem abgewiesene Liebhaber und sitzengelassene Bräute des Westens - glaubt der Schriftsteller Ingo Schulze.

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Zur Hochzeit ein überglückliches Paar, nach 30 Jahren Ehe nur noch Frust und Enttäuschung - manche denken, zwischen Ost- und Westdeutschland liefe es ähnlich.
Zur Hochzeit ein überglückliches Paar, nach 30 Jahren Ehe nur noch Frust und Enttäuschung - manche denken, zwischen Ost- und Westdeutschland liefe es ähnlich. © Archive Photos

Gibt es einen Zusammenhang zwischen der enormen Zustimmung zur CDU und Biedenkopf (1994 waren es über 58 Prozent) und der Unzufriedenheit heute? Oder, anders gefragt: Was hat sich zwischen 1994 und 2019 verändert? Welche Erfahrungen sind es, die in der Zwischenzeit zu solcher Verbitterung geführt haben? Die Autorin Ferda Ataman, geboren in Stuttgart, stellte vor einem Jahr sinngemäß fest: Ich weiß, dass ich einen Migrationshintergrund habe, Du weißt, dass du einen Ost-Hintergrund hast, nur die im Westen wissen nicht, dass sie Westler sind. Das heißt keineswegs, dass wir auf unsere Herkunft reduziert werden, auf Migranten-, Ostler- oder Westlerfamilie, als Individuen können wir fast alles sein, aber wir sind eben auch Menschen mit einer Herkunft und einem Geburtsjahr. Im Einzelfall besagt das selbstverständlich gar nichts, woher jemand kommt. So wie es im Einzelfall eben auch nicht davon abhängt, welchem Geschlecht Führungskräfte oder Herausgeber angehören oder welche Hautfarbe oder Nationalität sie haben.

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