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Lichtblick hilft Künstlern - wie der Tänzerin Jana Schmück

Wegen Corona steht der Kulturbetrieb seit Monaten still, Künstler blicken in eine ungewisse Zukunft. Auch Jana Schmück aus Bautzen. Hier erzählt sie ihre Geschichte.

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Tänzerin Jana Schmück sagt, sie hat durch den Lockdown „im digitalen Bereich viel dazugelernt“.
Tänzerin Jana Schmück sagt, sie hat durch den Lockdown „im digitalen Bereich viel dazugelernt“. © Uwe E. Nimmrichter

Von Silvia Stengel

Trainingshose an, ein Shirt, die langen Haare zusammengebunden, „Wuscheldutt“, sagt die Tänzerin Jana Schmück aus Bautzen dazu. Sie muss jetzt alleine zu Hause trainieren. Oder im Spiegelsaal in einer früheren Textilfabrik in Kirschau bei Bautzen. Dort hat sie sich immer mit anderen getroffen, gemeinsam mit Anne Dietrich das TanzART-Zentrum aufgebaut und Schüler von sieben bis 70 Jahren unterrichtet. Beide sind um die Welt gereist und haben sich mit anderen Tänzern ausgetauscht, Jana Schmück war oft in New York. Eigentlich wollten sie jetzt mehr Zeit für eigene Projekte haben und hatten deswegen eine Pause beim Tanzunterricht eingelegt. Doch dann kam Corona und gerade geht so gut wie gar nichts mehr.

„Irgendwie ist man nur noch mit Umplanen beschäftigt“, sagt Jana Schmück. Ein Projekt heißt „Wendepunkt“. Dabei geht es um Wendepunkte im Leben im Allgemeinen, aber auch um die Wende 1989, erklärt sie. Die Tänzerin will mit Jugendlichen und Senioren zusammenarbeiten. Vor allem bei den jungen Leuten ist ihr das wichtig, sie haben ja die Wende nicht erlebt und einige meinten: „Das hat nichts mit mir zu tun.“ Im Oktober 2020 fingen sie an zu proben. Und die „Mädels“, wie sie Jana Schmück nennt, reagierten auf einmal ganz anders und sagten: „Das hat doch sehr viel mit mir zu tun, mit meiner Familie.“ Geplant war ein Stück, mit dem sie auf Tournee gehen und in Spielstätten der Region auftreten. Doch mittlerweile rechnet Jana Schmück kaum noch damit, in ein Theater zu kommen. Jetzt arbeitet sie an einer Open-Air-Version und an digitalen Formaten für soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram.

Na klar geht viel online. Oder auch draußen. So hat Jana Schmück nachts auf dem Marktplatz in Bischofswerda getanzt, Spuren mit Kreide hinterlassen und Bilder davon ins Netz gestellt. Eine solche Open-Air-Performance wäre auch auf Parkplätzen möglich, sagt sie. „Das ist natürlich eine andere Form als im Theater - nicht so sensibel und feingliedrig.“ Ihr Gebiet ist der zeitgenössische Tanz, gern mal zum Thema „Bauhaus“ wie 2019 mit weiteren Tänzerinnen im Haus Schminke in Löbau, ein Anfang der 1930er-Jahre vom Architekten Hans Scharoun errichtetes Fabrikantenwohnhaus. In diesem Jahr zu Ostern wollte sie eigentlich einen Kurs in Dresden im Festspielhaus Hellerau zum Thema „Tanz und Architektur“ leiten, der wurde bereits in den Juli verschoben.

Tänzer sind schon nicht verwöhnt

Als Tänzerin ist man sowieso nicht finanziell verwöhnt, sagt Jana Schmück. „Der Tanz ist vom Bezahlen her eher auf der unteren Ebene. Da kann man nicht so tief fallen.“ Sie ist aber „nicht schlecht über die Runden gekommen“, auch weil sie mehrere Einnahmequellen hat. Seit zehn Jahren arbeitet sie als Dozentin an der Akademie für kulturelle Bildung in Remscheid und bildet dort Musik- und Bewegungspädagogen aus. Sie hat einen Abschluss als Diplom-Tanzpädagogin und choreografiert auch. Außerdem ist sie Betriebswirtin, das hilft ihr bei den Förderanträgen und dem Projektmanagement. Allerdings: „Aktuell ist alles in der Schwebe.“ Ständig müssen Termine verschoben werden. Wenigstens ziehen Fördermittelgeber wie die Kulturstiftung Sachsen und der Landkreis Bautzen mit: „Die sind super entgegenkommend und sehr flexibel.“

Es geht aber nicht alles online. Der Tanz lebt auch von den Bewegungen im Raum. Im März war eigentlich noch ein Probenwochenende für den „Wendepunkt“ geplant. „Das wird ja auch wieder nicht“, bedauert Jana Schmück, auch das läuft online. Sie sitzt ständig am Computer und muss alle Verschiebungen im Blick behalten: Wo verändern sich die Kostenpläne? Entstehen jetzt andere Ausgaben? Und sie muss jetzt schon für das nächste Jahr planen und Förderanträge stellen. Jana Schmück hat im Januar nichts verdient, im Februar nichts. Im März gibt sie wieder Kurse in Remscheid, allerdings verkürzt und nur online. Im April ist noch alles ungewiss. Jetzt wird es langsam kritisch, sagt sie. Die aktuellen Corona-Zahlen machen ihr wenig Hoffnung und nach den Vorschriften gibt es kaum Möglichkeiten für den Tanz: „Wir dürfen nicht zu fünft irgendwo zusammenkommen.“

Trotz allem glaubt die Tänzerin: „Ich werde das hinbekommen.“ Nur New York, das macht sie ein bisschen traurig, dass sie dort nicht hinkann. „Das ist das größte Drama überhaupt“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Am Anfang dachte sie noch, okay, dann arbeitet sie eben etwas mehr von zu Hause aus, das ist ja auch mal schön. Aber aktuell ist es doch anstrengend, sagt sie, die ganze Planung, das ständige Verschieben von Projekten. „Und das Verreisen, das fehlt einfach.“ Privat und beruflich hat sie gerade das Gefühl, es geht frühestens im nächsten Jahr weiter. Dennoch ist sie optimistisch. „Ich kann dem Ganzen auch wirklich gute Dinge abgewinnen.“ Die lange Online-Zeit hat ihr neue Sichten eröffnet: Sie war bei Tagungen zum Tanz, zur Kultur im ländlichen Raum oder zur Barrierefreiheit in der Kunst dabei und bei einer Fortbildung in Hamburg. „Ich konnte komplett neue Arbeitsfelder entdecken.“ Und sie kann weltweit am Profitraining teilnehmen, bei ihren Lieblingstrainern in New York und Israel, was für sie „schon ziemlich genial“ ist. „Und ich habe im digitalen Bereich viel dazugelernt.“

Sehnsucht nach dem Publikum

So trainiert sie vorerst noch allein, auch wenn ihr der Austausch fehlt: „Das Miteinander-im-Studio-Sein, diese körperliche Präsenz von Leuten, das vermisse ich schon“, sagt sie, „diese bewegten Körper in einem Raum.“ Selbst mit der Schutzmaske zu tanzen hat ihr nichts ausgemacht, im vergangenen Jahr noch mit zwölf Leuten in Remscheid: „Das war so ein schöner Moment.“ Im Dezember hatte sie noch einen Auftritt in einem historischen Schwesternhaus der Herrnhuter Brüdergemeine in Kleinwelka bei Bautzen. Sie tanzte in einem Schaufenster, mit Leuten davor: „Balsam für die Seele.“

Jana Schmück arbeitet oft an ungewöhnlichen Orten und tritt auch in Galerien auf. „Ich will jetzt endlich mal wieder mit anderen tanzen und Publikum haben“, sagt sie. „Irgendwas wird mir einfallen und irgendwas wird da kommen.“ Sie lächelt. Und macht zu Hause weiter, mit Yoga.

Die Stiftung Lichtblick hilft auch Künstlern, die jetzt durch die Corona-Pandemie unter existenzieller Not leiden, mit finanziellen Zuwendungen. Nähere Informationen für Betroffene, ebenso wie für potenzielle Spender, gibt es unter:www.lichtblick-sachsen.de