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Dresdner Dirigent Siegfried Kurz gestorben - Semperoper trauert

Der grantelnde "General" von Semper- und Lindenoper ist im Alter von 92 Jahren gestorben. Das Musikleben freilich kann er weiterhin bereichern.

Von Bernd Klempnow
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Der Dirigent Siegfried Kurz ist gestorben.
Der Dirigent Siegfried Kurz ist gestorben. © Sächsische Staatstheater/dpa

April 1975: Im Großen Haus von Dresden kommt „Moses und Aron“ vom Zwölftöner Arnold Schönberg zur DDR- und Ostblock-Erstaufführung. Regiemeister Harry Kupfer inszeniert packend, doch genauso detailliert und suggestiv ist die Leistung im Graben bei diesem Mammutwerk: Siegfried Kurz steht am Pult der Kapelle. Er unterstreicht und festigt wieder mal seine Kompetenz als Dresdner Generalmusikdirektor nachdrücklich.

Die Leistung des Dirigenten erregte national wie international Aufsehen und beförderte die Dresdner Oper in die Liga von München, Hamburg, (West-)Berlin. Großartige Abende in Dresden, Berlin und anderswo folgen. Sein letztes Konzert mit der Kapelle leitete er 2005 in der Semperoper 75-jährig. Jetzt ist der gebürtige Dresdner im Alter von 92 Jahren gestorben.

Kurz prägte über 32 Jahre die Sächsische Staatsoper und Staatskapelle in Oper und Konzert. Später wechselte er an die Deutsche Staatsoper Berlin. Über Jahrzehnte war er ein Garant hervorragender Aufführungen, beherrschte traumwandlerisch das große Repertoire wie „Tristan“ und „Rosenkavalier“, war ebenso in Leipzig, Paris, Buenos Aires, Bonn und in den USA aktiv. Hervorragende Mitschnitte dokumentieren diese Kunst. „Legendär war die Präzision, mit der unter Kurz musiziert wurde.“, sagt sein Schüler, der Dirigent Ekkehard Klemm. „Die Sänger wurden vom Pult aus sicher begleitet und geführt, es war kein dirigierender Souffleur notwendig.“ So war selbst Strauss’ „Elektra“ bei ihm ein kammermusikalisch durchhörbares Stück. Semperopern-Intendant Peter Theiler sprach der Familie sein aufrichtiges Beileid aus und versicherte, dass sein Haus in Dankbarkeit Kurz ein "respektvolles und ehrendes Andenken bewahren wird".

Was bei aller Leistung nicht zu verschweigen ist: Kurz war oft unbequem. „Musiker fürchteten seinen in gediegenem Sächsisch vorgetragenen Zorn ebenso, wie Sänger schon in der Pause damit rechnen mussten, ins Zimmer des GMD gebeten zu werden“, erinnert sich Klemm. Doch, die so Kritisierten würden heute fast ausnahmslos die Gründlichkeit, die Genauigkeit und den Furor, der hinter allem Ärger stand, rühmen. „Sauberes Handwerk prägte sein Dirigieren, detaillierteste Partiturkenntnis sein Arbeiten, lebendiges Musizieren seinen Stil.“

Auch als Komponist war Siegfried Kurz bekannt. Sein frühes Trompetenkonzert war zu DDR-Zeiten Unterrichtsstoff im Schulfach Musik. Er hat Sinfonien, Suiten und Konzerte geschrieben, sogar Musical. Vieles davon lohnt die Wiederentdeckung.

Einer, der sich seit längerem dafür einsetzt, ist Ekkehard Klemm, der sagt: „Wir gedenken eines bedeutenden Dirigenten, großartigen Komponisten und wichtigen Lehrers, der das Dresdner und Berliner Musikleben in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts entscheidend geprägt hat und durch seinen unermüdlichen Einsatz auch für das Neue im In- und Ausland maßstabsetzende Impulse gegeben hat.“