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Jan Josef Liefers: "Karriere ist eher ein Abfallprodukt"

Jan Josef Liefers spielt in der ZDF-Serie „Tod von Freunden“ die Hauptrolle. Ein Gespräch über Geld, Ruhm und Lügen.

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Bernd Küster (Jan Josef Liefers) gibt Anweisung beim Kanupoloturnier.
Foto: ZDF und Thorsten Jander
Bernd Küster (Jan Josef Liefers) gibt Anweisung beim Kanupoloturnier. Foto: ZDF und Thorsten Jander © ZDF und Thorsten Jander

Eine Serie, dramatisch und packend wie eine griechische Tragödie: In dem raffiniert inszenierten Siebenteiler „Tod von Freunden“ mit Jan Josef Liefers und Katharina Schüttler verschwindet ein 15-Jähriger bei einem Segeltörn in Dänemark. Alle vermuten, der Junge sei über Bord gefallen und ertrunken. Doch von seiner Leiche keine Spur. Von diesem Zeitpunkt an bröckelt die perfekte Fassade zweier eng befreundeter deutsch-dänischer Familien. Jede Folge wird aus einer anderen Perspektive erzählt und treibt gleichzeitig die Geschichte voran.

Herr Liefers, nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Rollen aus?

Es ist ein bisschen Erfahrung und ein bisschen Intuition. Erstens das Drehbuch. Ich frage mich, würde ich diese Geschichte gerne sehen wollen? Dann kommt die Rolle. Möchte ich gerne derjenige sein? Gerne seine Texte sprechen? Tun, was er tut? Dann schaue ich: Wer macht den Film? Wer produziert, wer führt Regie? Passt das Budget zum Film? Hab ich Zeit? Manchmal treffen sich auch einfach nur die richtigen Leute und sagen, lass uns was zusammen machen. Wenn die was draufhaben, wird etwas Gutes rauskommen.

Es heißt, Schauspieler arbeiten aus einem Lustprinzip heraus, weniger aus Karrieregründen oder des Geldes wegen. Wie ist das bei Ihnen?

Wer sich entscheidet, Schauspieler zu werden, braucht auf jeden Fall bessere Gründe als Geld und Ruhm. Karriere ist eher ein Abfallprodukt als ein Ziel. Ich kenne aber niemanden, der ausschließlich nach dem Lustprinzip arbeitet, es sei denn, er hätte ein Vermögen geerbt. Man sollte diesen Beruf schon mit Freude ausüben, aber man muss auch dafür bezahlt werden. Sonst wäre es ja kein Beruf, sondern ein Hobby.

Viele Menschen sind mit klassischen Familienserien wie „Drombuschs“ oder „Dolles Familienalbum“ aufgewachsen, die Idealbilder von Familien zeigten. Ist „Tod unter Freunden“ eine zeitgemäße Familiensaga?

Die Sehnsucht nach einer heilen Welt ist ja nachvollziehbar. Und wenn es sie schon nicht in der Wirklichkeit gibt, dann suchen sie manche eben in Filmen. Probleme gibt es, aber sie werden immer gelöst, am Ende gibt es ein Happy End. Die Wahrnehmung der Welt hat sich vehement und rapide geändert, die Schmerzgrenzen haben sich verschoben. Die erfolgreiche Neuauflage der Serie als moderne Erzählform, die mit langem Atem wieder menschlicheres Tempo ermöglicht, ist die Folge einer Sehnsucht. „Tod von Freunden“ spielt da mit.

In Ihrem Beruf setzen Sie sich intensiv mit Charakteren auseinander. Wie beschreiben Sie die Motivation Ihrer Figur Bernd Küster?

Bernd ist recht einfach gestrickt. Seine Frau ist kreativ, künstlerisch begabt, sie war Tänzerin und entstammt einer ganz anderen Welt als Bernd. Er ist eher ein Zahlenmensch, von Beruf Ingenieur und Statiker. So betrachtet er auch sein Leben. Er hat Prinzipien, und es gibt wenig Raum für Eskapaden. Aber er ist deshalb auch ein Fremdkörper in dieser Gemeinschaft von Freunden. Er findet keinen anderen Weg in die Trauer um seinen Sohn, als akribische Nachforschungen und die Suche nach einem Schuldigen. Damit zerstört er beinahe sein liebgewonnenes Leben und die Freundschaft der Familien. Aber er bringt auch einen Stein ins Rollen, der vieles mit sich reißt. Mehr und mehr Geheimnisse kommen ans Licht und am Ende der letzten Folge auch die ganze Wahrheit, die Bernd immer so wichtig war.

Dieser Bernd will ein guter Vater sein. Was macht einen guten Vater aus?

Er ist in allen Phasen der Entwicklung seiner Kinder für sie da und hört ihnen zu. Er muss nicht mit Puppen spielen können, aber es schadet auch nicht. Er achtet auf den Weg, ohne zu bevormunden oder zu gängeln, und er ist ein gutes Vorbild. Das klingt wie aus einem Lexikon. Das Gute an Kindern ist, sie bewegen die meisten Eltern dazu, über sich hinauszuwachsen.

Wie verarbeitet Bernd Küster den Schmerz über das Verschwinden seines Sohnes Kjell?

Gar nicht. Nicht solange unzweifelhaft geklärt ist, was genau wann passiert ist und wer die Schuld trägt. Er macht damit sehr viel kaputt, aber ich kann ihn verstehen.

Hat Ihnen die Figur Möglichkeit gegeben, Dinge zu tun, die Sie überhaupt noch nie gemacht haben?

Oh ja! Kajak-Polo zu lernen, mitsamt der Kenterrolle! Endlich einmal Dänemark besser kennenzulernen. Texte auf Dänisch zu sprechen, was mir zum ersten Mal im Leben sehr schwergefallen ist. Ansonsten habe ich mit Fremdsprachen kein Problem.

Was war für Sie die größte Herausforderung bei den Dreharbeiten?

Das Wetter im Herbst und Winter oben im deutsch-dänischen Grenzgebiet. Und natürlich die Rolle selbst, Bernds Schmerz, seine wachsende Wut, seine Hilflosigkeit und Verzweiflung. Ich bin eigentlich kein Schauspieler, der so was mit nach Hause nimmt, aber hier war das mitunter anders.

Die Filmeltern Küster und Clausen haben die perfekte Fassade um sich herum aufgebaut, die nach dem Verschwinden von Kjell zu bröckeln anfängt. Haben Sie schon mal gelogen, um Ihre Karriere voranzutreiben?

Meine Karriere? Nein. Wieso? Ich wüsste nicht, wie man als Musiker oder Schauspieler durch Lügen seine Karriere ankurbeln könnte. Ich hatte genug damit zu tun, ein authentischer und individueller Mensch zu werden, der es gleichzeitig beherrscht, in vielen wechselnden Teams zu arbeiten. Vielleicht gibt es Situationen, in denen der eine oder andere lügen würde, um sein Bild in der Öffentlichkeit nicht zu beschädigen.

Macht es einen Unterschied, ob man einen Film oder eine Serie dreht?

Im Grunde nicht. Nur der Bogen, den man schlagen muss, ist viel länger bei Serien. Man muss also gut vorbereitet sein und viel mehr Details im Kopf haben. Man sollte immer wissen, wo man in der Geschichte gerade steht, die Wege sind komplexer. Und man hat etwas weniger Zeit, es geht mehr durcheinander in der Abfolge der Szenen beim Drehen.

Interview: Olaf Neumann

„Tod von Freunden“ läuft am 7., 14., 21. und 28. Februar, jeweils um 22:15 Uhr im ZDF