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Chemnitz wird offiziell Kulturhauptstadt

Nach der Titelvergabe gab es Kritik der Vetternwirtschaft, vor allem Bayern verweigerte die Zustimmung. Doch nun ist der Weg frei.

Von Bernd Klempnow
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2025 soll voraussichtlich Chemnitz Kulturhauptstadt Europas werden.
2025 soll voraussichtlich Chemnitz Kulturhauptstadt Europas werden. © kairospress

Als wäre nichts gewesen! Am Montag ernannte die Kultus- und Kulturministerkonferenz die Stadt Chemnitz formell als Kulturhauptstadt Europas für 2025. Sie folgt damit dem fachlichen Votum der Expertenjury vom Oktober. Unter dem Motto „C the Unseen – European Makers of Democracy – C, die Unbemerkte/Ungesehene – Europäische Macherin der Demokratie“ habe die westsächsische Stadt nach Ansicht der Minister „ein überzeugendes Konzept vorgelegt“. Sie „dankten der Jury ausdrücklich für ihre fundierte Arbeit“. Mitte Dezember hatte eben jene Ministerrunde das verweigert, nachdem in bayerischen Medien von fragwürdigen Arbeitsweisen der Jury berichtet worden war. Bayern verlangte eine Klärung der Vorwürfe, die offenbar zum großen Teil von der Chemnitz unterlegenen Stadt Nürnberg ausgegangen waren. Der süddeutsche Freistaat hatte mit Stimmenthaltung gedroht.

Der einstimmigen Entscheidung am Montag war ein Gespräch mit der Jury-Vorsitzenden Sylvia Amann vorausgegangen. In diesem sollte geklärt werden, inwieweit tatsächlich Juroren und Berater in Personalunion tätig gewesen seien. Offenbar konnte Amann die Vorwürfe ausräumen, wonach ein kleiner Kreis von Kulturmanagern und Beratern seit Jahren die Fäden bei der Wahl der Kulturhauptstädte ziehe. Dazu muss man wissen, wie sich die Jury zusammensetzt: Vier europäische und zwei nationale Körperschaften wählen die zwölf Juroren aus – mehr Pluralität geht kaum.

Entsprechend wogenglättend gab sich nun die Kultusministerkonferenz. Sie betonte „nachdrücklich, dass Transparenz und Chancengleichheit unverzichtbare Elemente für einen fairen Wettbewerb darstellen“. Dazu würde auch der auf der Webseite der Kulturstiftung der Länder veröffentlichte Bericht der Jury beitragen. Der derzeitige Vorsitzende der Konferenz, Berlins Kultur-Senator Klaus Lederer, werde sich bei der Europäischen Kommission für die Stärkung eines transparenten Auswahlprozesses einsetzen, um das erfolgreiche EU-Projekt „Kulturhauptstadt Europas“ zukunftsfest zu machen.

Lederer dazu: „Das mehrjährige und mehrstufige Verfahren zur Auswahl der deutschen Kulturhauptstadt Europas 2025 ist nun mit dem Votum für Chemnitz zu einem guten und erfolgreichen Abschluss gekommen. Chemnitz wird damit zu einem kulturellen Aushängeschild Deutschlands mit nationaler, europäischer und internationaler Strahlkraft.“

Die Millionen können fließen

Aufrichtige Erleichterung und Freude gab es in Sachsen. „Die Stadt hat eine tolle Bewerbung hingelegt. Und heute wurde die Jury-Empfehlung durch die Entscheidung der Kultusministerkonferenz formal bestätigt. Das ist großartig“, so Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU). „Es freut mich vor allem für die Hunderten von Unterstützern in Stadt und Land, bei Vereinen und Initiativen, die nun für ihre Arbeit belohnt werden.“ Der Freistaat werde wie angekündigt Chemnitz finanziell erheblich und auch personell unterstützen. Und Oberbürgermeister Sven Schulze versprach: „Wir werden 2025 ein guter Gastgeber für Europa sein und mit Europa darüber sprechen, wie wir die gemeinsamen, wichtigen Themen angehen wollen.“

Zum weiteren Verfahren: Nach den Wettbewerbsregeln ist zu dieser Entscheidung der Kultusministerkonferenz nun ein Benehmen mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien herzustellen. Die anschließende Information der den Ehrentitel verleihenden EU-Organe erfolgt durch das Auswärtige Amt. Die zweite Europäische Kulturhauptstadt 2025 stellt Slowenien.

Die sächsische Stadt hatte sich Ende Oktober gegen die auf der Shortlist noch vertretenen Städte Hannover, Hildesheim, Magdeburg und eben Nürnberg durchgesetzt. Die entsprechende Empfehlung für Chemnitz verkündete die europäische Auswahljury. Zuvor waren die Mitbewerber Dresden, Gera und Zittau ausgeschieden.

Jüngste Europäische Kulturhauptstadt aus Deutschland war Essen mit dem Ruhrgebiet (2010). Ausgezeichnet wurden davor auch schon Weimar (1999) und West-Berlin (1988).