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Magische Weihnachten

von Daniela Brey aus Görlitz

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© Adobe Stock

Weihnachten ist bei uns ein wenig wie „Dinner for one“ und fängt auch schon mal im August an. Erkennbar dadurch, dass mein Sohn dann plötzlich Weihnachtslieder pfeift ... Mama, ist der Nikolaus eine Katze? Gibt es einen Weihnachtsmann? Nein?! Mama, es gibt keinen Weihnachtsmann. Der Schlitten ist doch viel zu klein. Das passen überhaupt nicht die Geschenke für alle Kinder dieser Welt drauf ...

Derartiges traf mich letztes Jahr von meinen Kindern. Als ich dann noch etwas von „Malt doch mal einen schönen Wunschzettel“ säuselte, war das Ergebnis, dass mein Sohn mir eine Liste mit Zahlencodes eines namentlich nicht genannten Bauklötzchenherstellers zusteckte. Nummer wählen und ab die Post. Der Weihnachtsmann weiß, wie das läuft – oder wer auch immer.

So geht das doch nicht! Ich brauche etwas Magisches! Etwas Heimliches! Wenigstens einmal im Jahr! Eines Morgens war er dann auch eingezogen – unser Wichtel.

Eine kleine Holztür kurz oberhalb des Fußbodens deutete den Weg in eine magische Weihnachtswelt, die uns den Rest des Jahres verborgen blieb. Nur eine Leiter verband unsere Welt mit der des Wichtels. Der Zauber war geboren und wollte auch nicht mehr gehen. Offenbar wollte auch unser Wichtel länger bleiben, denn vor der Tür waren ein knallroter Briefkasten, eine grüne, schneebedeckte Weihnachtstanne, ein Sack Mehl, ein Hexenbesen sowie Kleiderhaken in Form von Holzscheiben. In dem Briefkasten steckte zusammengerollt ein kleiner Brief. Fein säuberlich, in „Zauberschrift“ verfasst und mit angekohltem Rand stand dort geschrieben:

Meine liebe Familie,

ich freue mich sehr bei euch zu sein. Ich hoffe, wir haben eine schöne Weihnachtszeit zusammen.

Euer Wichtel Kunibert

Die Worte der Kinder überschlugen sich. Freude und Euphorie verdrängten Raum und Zeit. Meine Kinder konnten sich kaum halten, und von da an hatten sie ein „Projekt“. Schließlich wurde der Wichtel des Öfteren abends mit einem Keks belohnt, der auf ein Tellerchen vor die Wichteltür gelegt wurde. Morgens lagen dort nur noch Krümel und die Kinder freuten sich, dass es ihm schmeckte. Also war die logische Konsequenz: mehr Kekse!

Pünktlich zu jedem Adventssonntag gab es einen ausführlichen Brief vom Wichtel. Zwischendurch gab es Briefe, wenn Kunibert „Redebedarf“ hatte. Er war nämlich gut mit anderen Wichteln vernetzt. Er hielt uns auf dem Laufenden, was sich in Himmelpfort tat, und wir blickten neidvoll in den Himmel, als er vom ersten Schnee berichtete.

Am zweiten Advent kam jedoch eine Nachricht, die die Augen der Kinder auf „unendlich“ stellte. Unser Wichtel schrieb, dass oben in Himmelpfort alle eingeschneit seien und Rudi, das Rentier, sich zudem noch die Hufe verletzt habe – Weihnachten war in Gefahr! Wäre alles rechtzeitig zu schaffen? Wir fieberten mit und warteten auf neue, bessere Nachrichten. Ich konnte meinen Sohn dafür begeistern, die Briefe des Wichtels seiner kleinen Schwester vorzulesen. Und sie kam ganz aufgeregt zu mir, um mir erleichtert zu berichten, dass es Rudi schon besser gehe, aber alle Wichtel jetzt ganz viel zu tun hätten. Es war noch so viel zu erledigen bis Weihnachten!

Die Kinder hatten unseren Wichtel so liebgewonnen, dass sie sogar ihre Schokostreuselkringel, die bei uns am Weihnachtsbaum hängen, teilten. Weihnachten wohnt wirklich ein Zauber inne: Unser Wichtel wurde an Heiligabend nicht vergessen.

Leider ist Weihnachten immer zu kurz, und das jedes Jahr wieder.

Auch ein Wichtel hat einmal Urlaub. So kommt es dann, dass auch unser Wichtel Abschied nimmt. Ein letzter Brief, ein letzter lieber Gedanke, ein letztes Dankeschön für ein wundervolles Warten auf Weihnachten – und am nächsten Morgen ist der Zauber vorbei.

Wenn ich diese Tür einfach öffne? Falle ich dann auch in ein Wichtelwunderland?