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Depeche Mode: Martin Gore spricht über Tod von Andrew Fletcher

Wie macht man weiter, wenn ein wichtiger Mensch gestorben ist? Nach dem Tod von Depeche Mode-Mitbegründer Andrew Fletcher findet Songwriter und Gitarrist Martin Gore Trost in der Arbeit und bei seiner Familie.

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Martin Gore von Depeche Mode: Familie und Arbeit gaben ihm Trost
Martin Gore von Depeche Mode: Familie und Arbeit gaben ihm Trost © dpa/Britta Pedersen

Berlin. Im Mai verlor die britische Synthie-Pop-Band Depeche Mode ihr drittes Mitglied: Mitbegründer Andrew Fletcher starb überraschend an einem Riss in der Hauptschlagader. Nun steht fest: Dave Gahan und Martin Gore machen ohne ihn weiter, für nächstes Jahr sind ein neues Album und eine Welttournee geplant. Im Interview sprach der 61-jährige Gore über Tod, Trauer und Trost.

Ihr 15. Studio-Album trägt den Titel "Memento Mori" ("Sei dir deiner Sterblichkeit bewusst"). Sie hatten die Idee. Wie kam es dazu?

Viele der Songs auf dem Album behandeln den Tod auf unterschiedliche Weise. Den Begriff Memento Mori hatte ich bis vor etwa anderthalb Jahren noch nie gehört. Ein Freund sprach mit mir darüber. Ich dachte, dass ist so ein cooles Konzept. (Gore bezieht sich auf das Ritual aus dem antiken Rom, bei dem jemand hinter dem siegreichen Feldherren herlief und diesen mit den Worten "Memento Mori" mahnte).

Irgendwie hat es mit den Songs Sinn gemacht. Auch, wenn man es nicht auf eine morbide Weise betrachtet. Ich sehe es gern positiver: Dass man das Beste aus seiner Zeit auf der Erde macht, das Beste aus jedem Tag.

Wieso behandeln so viele Songs das Thema Tod?

Ich denke, dass hat teilweise mit dem Alter zu tun. Ich werde jetzt ein bisschen älter (lacht). Ich glaube, dass beim Prozess des Schreibens mysteriöse Dinge passieren. Ich weiß nicht, ob wir da irgendwie mit etwas verbunden waren. Alle Songs wurden geschrieben, bevor Andy starb, und dieser Albumtitel war schon vor Andys Tod geplant.

Wie hat sich der Titel nach seinem Tod angefühlt?

Wir mussten abwägen, ob es eine gute Idee ist, mit diesem Titel weiterzumachen. Aber ich denke, es passt so gut und ich denke, in gewisser Weise hat es für mich die Tatsache gefestigt, dass wir diesen Titel haben sollten. Denn wie ich gesagt habe, für mich bedeutet es, dass man das Beste aus seinem Leben macht und das Leben kurz ist. Und Andys Tod hat das geradezu unterstrichen.

Was hat sich seit dem Tod von Andrew für ihre Arbeit und ihrem Verhältnis zu Dave Gahan verändert?

Für uns ist jetzt alles neu, weil es das erste Mal ist, dass wir etwas ohne Andy gemacht haben. Und es ist anders, es ist hart und alles ist neu. Ich denke, es hat uns viel näher zusammengebracht. Es sind nur noch zwei von uns übrig. In der Vergangenheit war es zwar nicht so, dass wir uns nicht verstanden hätten. Aber ich denke, wir haben immer einen sicheren Abstand zueinander gehalten, während wir uns jetzt einfach umarmen. Im Studio sind wir zu zweit, also reden wir viel (lacht). Wir reden über alles. Auch jetzt auf dem Flug von Santa Barbara nach Berlin."

Martin Gore (l.) und Dave Gahan
Martin Gore (l.) und Dave Gahan © dpa/Britta Pedersen

Gab es einen Punkt nach Andrews Tod, an dem sie darüber nachgedacht haben, Depeche Mode aufzulösen?

Wir mögen die Idee, dass Andy gewollt hätte, dass wir weitermachen. Jeder betrachtete Andy immer als eine Art Klebstoff der Band, also den Geselligen, der uns alle irgendwie zusammenhielt. Ich glaube, er würde die Vorstellung hassen, dass es die Band nicht mehr gäbe, weil er nicht mehr da ist. Und ich glaube auch, dass besonders nach der langen Zeit des Rumsitzens zu Hause während der Pandemie, dass wir einfach wieder etwas machen wollten.

Ein neues Album, eine Tour, die ganze Arbeit dafür. Schreckt sie das nach allem auch ab?

Antwort: Ich denke, dass die Pandemie mich definitiv verändert hat, wie viele andere Menschen auch. Man war so daran gewöhnt, zu Hause zu sein und nirgendwo hinzugehen. Es ist ein bisschen wie ein Kampf, wieder in die Welt hinauszugehen, und sich wieder Menschen zu stellen. Und ich freue mich wirklich sehr, dass ich im Sommer Covid hatte. Wenn ich es nicht gehabt hätte, hätte ich jetzt wahrscheinlich Panik.

Wie hat es sich angefühlt, im Studio zu sein?

Ich denke, es hat geholfen, wieder zu arbeiten. Es fühlte sich gut an, tatsächlich wieder etwas zu machen.

Sie haben viel durchgemacht in der letzten Zeit, dazu kam die Pandemie. Worin finden sie außer der Arbeit Trost?

Nun, ich denke, es ist wie bei vielen anderen Menschen auch. Wenn man auf einige der Segnungen der Pandemie schaut etwa. Es war erstaunlich, die ganze Zeit zu Hause mit meiner Familie, meiner Frau und meinen zwei kleinen Kindern zu verbringen. Sie haben mir geholfen, da durchzukommen.

Was machen Ihre kleinen Kinder zur Zeit am liebsten mit Ihnen?

Sie stehen wirklich auf Musik. Sie sind fünf und sechs. Und die Sechsjährige liebt es, Lieder zu erfinden. Sie will, dass ich Akkorde spiele, und sie erfindet Lieder und singt. (dpa)