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Ozzy Osbourne will trotz aller Gebrechen wieder live spielen

Heavy-Metal-Legende Ozzy Osbourne hat mit Kollegen wie Eric Clapton ein neues Album aufgenommen. Ein Gespräch über Krankheiten und Musikproduktion im 21. Jahrhundert.

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Ozzy Osbourne ist 73 und vom Leben gezeichnet. Doch der britische Musiker, der gegenwärtig noch in Los Angeles lebt, hat sich seinen Optimismus und seine Kreativität bewahrt. Das neue Album belegt das nachdrücklich.
Ozzy Osbourne ist 73 und vom Leben gezeichnet. Doch der britische Musiker, der gegenwärtig noch in Los Angeles lebt, hat sich seinen Optimismus und seine Kreativität bewahrt. Das neue Album belegt das nachdrücklich. © PR

Wenn’s um die Queen geht, kennen Briten keine Grenzen. Zum goldenen Thronjubiläum im Jahr 2002 gab es ein gigantisches Rockkonzert im Garten des Buckingham Palace. Neben vielen Popstars stand damals auch Heavy-Metal-Urgestein Ozzy Osbourne auf der Bühne und sang den Black-Sabbath-Klassiker „Paranoid“, mit Phil Collins am Schlagzeug.

Dann rief er in die jubelnde Menge: „God save the Queen!“ Zwanzig Jahre später geht es Osbourne nicht gut, aber eine erneute Operation am Nacken, Parkinson und andere Gebrechen halten ihn keineswegs von der Arbeit ab. Jetzt bringt der 73-Jährige ein neues Album raus: „Patient Number 9“. Wir unterhielten uns per Zoom mit einem Ozzy, dem man die Fragen teils drei Mal entgegenbrüllen muss, dessen Schalk aber immer wieder aufblitzt.

Wie läuft es, Ozzy?

Gut, gut. Ich bin noch immer dabei, mich von meiner letzten Operation zu erholen. Das war doch eine ziemlich massive, aber auch gute Sache. Es dauert, aber es wird so langsam besser. Ich muss Geduld haben.

Es ging echt schnell mit Ihrem neuen Album „Patient Number 9“. Hat es Sie selbst überrascht, wie kreativ Sie gewesen sind?

Ach, das hatte mit dieser bescheuerten Pandemie zu tun. Und mit meinem Nacken. Ich konnte wegen beidem nicht groß weg, und ich hatte auch nichts zu tun. Ich wollte aber was tun, ich hatte keine Lust, nur rumzusitzen. Dass ich dieses Album machen konnte, hat mich davon abgehalten, verrückt zu werden.

Wie gefällt Ihnen „Patient Number 9“ selbst?

Ich bin glücklich damit, wie es sich anhört und wie meine Stimme klingt. Andrew Watt, mein Produzent, hat das total toll gemacht. Ich muss zugeben, mit der ganzen modernen Technologie heutzutage bin ich komplett überfordert. Ich habe davon überhaupt keine Ahnung. Aber das geht jetzt alles so viel schneller, wenn ich zu Hause singe und meinen Teil zuliefere, als wenn alle zusammen im Studio sind.

Sie mögen die neue Art des Aufnehmens? Über Computer und mit dem Hin- und Herschicken von Sounds?

Ja. Oder besser: Ja und nein. Diese Kids haben das drauf, für die ist das nichts Besonderes, so zu arbeiten. Immer, wenn sich eine neue Technologie durchsetzt, verschwindet jedoch wieder ein kleines Stückchen mehr von der ursprünglichen Kunst des gemeinsamen Musikmachens. Das muss man schon so sehen. Heute werden die Platten nicht mehr so gemacht wie bei uns in den Siebzigern.

Was mochten Sie am damals üblichen Verfahren besonders?

Wir haben Schicht für Schicht auf Band aufgenommen. Wir hatten 24 Spuren zur Verfügung. Jeder wusste, was er tun musste, und am Ende saß die ganze Nummer und passte. In der heutigen Zeit drückst du Knöpfe, nimmst auf, und wenn es nichts geworden ist, drückst du den nächsten Knopf. Nur weiß ich selbst nicht mehr, wo die Knöpfe sind. Dafür habe ich Andrew Watt, einen großartigen Typen und phänomenalen Knöpfedrücker. Andrew und ich, wir haben eine großartige Chemie. Er weiß, was ein Song von Ozzy Osbourne braucht.

Wer ist denn eigentlich dieser „Patient Number 9“?

Die Geschichte rund um diesen Patienten ist fiktiv, wir haben uns das ausgedacht. Jedenfalls ist er ein Patient in einem psychiatrischen Krankenhaus. Und die Zahl, die Neun, kam einfach so. Zack, und die Idee war da.

Faszinieren Sie psychiatrische Anstalten als solche?

Na ja, ich bin mal als Patient in einer gewesen. Dass es mich fasziniert hat, kann ich nicht sagen. Die Drähte in meinem Gehirn waren damals heiß gelaufen, die Psyche brauchte Ruhe und Abkühlung. Das war 1982, am Ende der „Diary Of A Madman“-Solotournee. Ich hatte aber auch schon in den frühen Siebzigern einen psychischen Zusammenbruch.

Wie haben Sie sich davon erholt?

Ich habe eine Zeit lang Medikamente genommen, so wurde es nach und nach wieder besser. Die Leute haben immer noch Schwierigkeiten damit, zu sagen, dass sie psychische Probleme haben oder in einer psychiatrischen Anstalt waren. Dabei ist das so verbreitet und kein Grund, sich zu schämen. Besonders seit diesem Pandemie-Ding. Ich kann mir echt vorstellen, wie es die Leute im Kopf kaputt gemacht hat, zwei Jahre in ihren Häusern eingesperrt gewesen zu sein. Der totale Horror.

War es das für Sie auch?