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So bewerten Kritiker den neuen Roman von Uwe Tellkamp

Das neue Buch des Dresdner Schriftstellers Uwe Tellkamp wird bundesweit in den Feuilletons besprochen. Hier einige Auszüge aus Kritiken.

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Uwe Tellkamp kritisiert die Medien, die Medien kritisieren Uwe Tellkamp.
Uwe Tellkamp kritisiert die Medien, die Medien kritisieren Uwe Tellkamp. © freier Fotograf

An diesem Montag erscheint der neue Roman von Uwe Tellkamp: "Der Schlaf in den Uhren". Sächsische.de-Literaturkritikerin Karin Großmann hat die 900 Seiten vorab gelesen. Ihre ausführliche Kritik können Sie hier nachlesen.

Auch bundesweit sorgt Tellkamps neues Buch in den Feuilletons für Aufsehen. Das Urteil fällt überwiegend negativ aus. Hier einige Auszüge aus den Kritiken anderer Zeitungen:

Die Zeit:

"Wer das Buch nach 50 Seiten weiterliest, ist tapfer, wer es nach 200 noch in der Hand hält, ist verrückt. Wer 900 Seiten davon liest, ist vermutlich ein Rezensent", schreibt Adam Soboczynski. "Viel Aufwand, wenig Ertrag, man ist verführt, von Mangelwirtschaft zu sprechen. Tellkamp ist ein großer Meister der Vergangenheit, von der Gegenwart hat er uns nichts zu berichten."

Frankfurter Allgemeine Zeitung:

"Es ist als gedrechselte, bisweilen auch geschraubte Prosa in den Satzkaskadentraditionen Prousts und Doderers und Thomas Manns stilistisch aus der Zeit gefallen und doch ein Vademecum für den gängigen Einheitsbrei junger deutschsprachiger Prosa", so Andreas Platthaus. "Wobei die Rede vom Vademecum angesichts des Umfangs von 'Der Schlaf in den Uhren' bizarr ist. Was Tellkamp einmal mit Blick auf Jenny Erpenbecks kurzen Roman 'Heimsuchung' bewundert hat – 'so in sich geschlossen einen festen kantigen Fels herauszuschlagen' –, das ist ihm wieder nicht geglückt."

Der Spiegel:

"Kurz überkommt einen die Hoffnung, dass Tellkamp vielleicht zum Avantgardisten geworden ist. Leider ist das aber nicht der Fall", so Xaver von Cranach. "Stattdessen erhärtet sich mit jeder gelesenen Seite der Verdacht, dass hier ein Autor vor sich selbst kapituliert hat. Weil er so unbe­dingt seine weltanschaulichen Thesen und Meinungen und Sentenzen einbauen wollte, dass er grobschlächtig Dinge zusammengeworfen hat, die nichts miteinander zu tun haben."

Süddeutsche Zeitung:

"Letztlich gibt es keine Motivation, kein Ziel und keinen Drive, der einen zwingen würde, das Buch durchzulesen. Wenn man den Roman nicht einfach als literarisch missglückt weglegen, sondern ernst nehmen möchte, beginnt er etwas Selbstgerechtes auszustrahlen", meint Marie Schmidt. "Er scheint seinem Leser zu sagen: Wenn du nicht sowieso weißt, wie und warum das alles zusammenhängt, wer wer ist und was hier zitiert wird, hast du es nur nicht verstanden, bist du selbst zu borniert. Eine bekannte Attitüde reaktionärer Ästhetiken, die eine Totale der Weltwahrnehmung ansteuern, wie die von Ezra Pound zum Beispiel."

Die Welt:

"'Der Schlaf in den Uhren' entwirft eine monströse politische Allegorie, in der soziale Realität eine Konstruktion unsichtbarer Machtstrukturen ist und in der Medien allein dazu dienen, die Tatsachen in erzählerischen Fiktionen zu verschleiern. Das mag selbst einigermaßen verblendet erscheinen," kommentiert Richard Kämmerlings, "ist aber als Romanplot trotz offensichtlichen Rechtsdralls und seiner Nähe zum 'Lügenpresse'-Stereotyp nicht per se anstößig oder gar skandalös."

Berliner Zeitung:

"Werk und Autor gehören zusammen, das weiß man, das zeigt er. In dem Roman ist Anne, die man aus dem 'Turm' noch als Krankenschwester kennt, Bundeskanzlerin. Angesichts der Angriffe gegen die Flüchtlinge wird die sonst Zögerliche konkret, wendet sich gegen 'diese Rassisten, diese Pöbler'. Tellkamp schildert eine dann losgetretene 'Medien-Operation ‚Gold‘', die eine Willkommenskultur propagiert", erklärt Cornelia Geißler. "Er illustriert also seinen Vorwurf, die Medien schrieben alle das Gleiche. Das Thesenhafte steht dem Erzählen im Wege. Letztlich beschädigt der Autor damit seinen Roman."

Uwe Tellkamp: Der Schlaf in den Uhren. Suhrkamp Verlag, 905 Seiten, 32 Euro.

TV-Tipp: 3Sat zeigt am Mittwoch, den 18. Mai 2022 um 20.15 Uhr den Film: "Der Fall Tellkamp. Streit um die Meinungsfreiheit."