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So war das Konzert von Element Of Crime in Dresden

Erst wenn alles egal ist, macht das Leben wieder Spaß: Die verzweifelten Optimisten von Element of Crime klangen ziemlich nach Herbst.

Von Tom Vörös
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Element of Crime spielten in Dresden. Aufnahmen des Konzerts hat das Management verboten. Dabei werden wir doch alle nicht jünger ...
Element of Crime spielten in Dresden. Aufnahmen des Konzerts hat das Management verboten. Dabei werden wir doch alle nicht jünger ... ©  Stephanie Pilick / dpa

Viele Nischen gibt es ja nicht mehr, in denen die Welt stillzustehen scheint. Eine davon heißt Element of Crime. Und wenn Sänger Sven Regener sein neues Lied „Morgens um vier“ anstimmt, dann ist es am Sonnabend auf der Uhr zwar kurz nach 21 Uhr, und man steht inmitten einer ausverkauften Jungen Garde. Aber eigentlich ist man in diesem Moment ganz allein mit sich, als wären Facebook & Co. nur ein Spiegel in der Nacht. Das schläfrige Lied lässt in digital hochgetakteten Zeiten erahnen: Da waren mal Momente, die einem wirklich ganz alleine gehört haben, selbst in der Großstadt.

Zwei Stunden vor dieser analogen Morgenröte moderierte ein durchaus aufgeregter Sven Regener aber erst mal seine Vorband an, das weiblich-schweizerische Gitarren-Gesangs-Duo Steiner & Madlaina. Die eine davon, Madlaina Pollina, ist die Tochter des bekannten Barden Pippo Pollina und Schwester von Julian Pollina, der sich als Faber bekannt gesungen hat. Steiner & Madlaina harmonieren stimmlich hervorragend, bieten musikalisch einen ähnlich melancholischen Badezusatz wie die Hauptband.

Tonale Gleichförmigkeit mit neuen Denkanstößen

Die macht noch immer das, was sie am besten kann: Tonale Gleichförmigkeit mit immer neuen, teils überraschenden Denkanstößen zu garnieren. Regener selbst sagte einmal dazu: „Element of Crime haben nur drei bis vier Lieder.“ Ersteres, „Unscharf mit Katze“, gehört zu den agileren, wird im Radio gespielt und verschafft dem nicht mehr ganz so jungen, doch umso lebhafteren Publikum gleich gute Laune.

Sven Regener findet hier Worte für aktuelle Ratlosigkeiten: „Aus unseren Mündern kommen Schall und Rauch. Wir haben keine Lösung. Wir haben Lieder“, singt er mit seiner typisch-kratzigen Stimme. Wenig später schweben die teils bluesigen Lieder erwartungsgemäß wie bunte Herbstblätter an den Ohren vorbei. Hier liegt die leicht weltabgewandte Kernkompetenz von Regener und seiner Premium-Altherren-Combo.

Man ist ja manchmal selbstverliebt und betriebsblind

Mit zappeligem Gestus zelebrieren sie das große Gestern. Und ein bisschen Einsamkeit, die kann man in Liedern wie „Immer noch Liebe in mir“ und „Ohne Liebe geht es auch“ spüren. Sven Regener nennt diese Kategorie „Optimistische Verzweiflung“, und kündigt selbstironisch das nächste Lied „Liebe ist nur ein Wort“ an: „Das macht eine neue Kategorie für uns auf: Lieder, die nach Romanen von Johannes Mario Simmel benannt sind.“Zuweilen kommt der sympathische Bühnen-Kauz, der auch ganz gut Trompete spielt, auf seinen Promi-Status zu sprechen: „Man ist ja manchmal selbstverliebt und betriebsblind und macht auch einfach bloß Quatsch, was letzten Endes aber ja auch nicht unbedingt falsch wäre, egal.“

Seit 1985 kämpft Regener gegen unmittelbare Gefühlsduseleien an und zelebriert stattdessen die Distanz zum eigenen Befinden. In Reinform bietet das die vom Publikum überschwänglich gefeierte Hymne auf die Stadt Delmenhorst und bringt das Motto von Element of Crime treffend auf den Punkt: „Erst wenn alles scheißegal ist, macht das Leben wieder Spaß.“