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Spektakulärer Fund in Pompeji

Bei Ausgrabungen entdecken Archäologen das Grab eines Mannes. Nachforschungen liefern Bestätigung für eine bislang nie bewiesene Annahme.

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Die mumifizierten Überreste von Marcus Venerius Secundio, einem früheren Sklaven, der nach seiner Freilassung zu Reichtum und damit zu gesellschaftlichem Rang gelangt war.
Die mumifizierten Überreste von Marcus Venerius Secundio, einem früheren Sklaven, der nach seiner Freilassung zu Reichtum und damit zu gesellschaftlichem Rang gelangt war. © Archäologiepark Pompeji

Pompeji. In einer kleinen Grabkammer liegen auf 1,6 mal 2,4 Metern die Überreste von Marcus Venerius Secundio. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Gelände der untergegangenen Stadt Pompeji, am Golf von Neapel in Süditalien. Forscher des dortigen Archäologieparks stießen in den vergangenen Wochen auf die antike Ruhestätte und waren erstaunt. "Niemand hat sich so einen außergewöhnlichen Fund erwartet", erklärte Park-Direktor Gabriel Zuchtriegel im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Es sei die Belohnung für eine langwierige Arbeit.

Knochenanalysen ergaben, dass Marcus Venerius Secundio älter als 60 Jahre wurde, wie der Archäologiepark mitteilte. Das Skelett ist demnach eines der am besten erhaltenen, die je in Pompeji gefunden wurden, weil der Raum hermetisch abgeriegelt war und beste Bedingungen für ein Überdauern der Überreste schuf. Am Kopf des Leichnams sind noch kurze graue Haare zu sehen und Reste des Ohrs. Außerdem machten Stoffreste an seinem Körper die Forscher neugierig. Sie wollen klären, ob die Mumifizierung des Körpers beabsichtigt und dies damit Teil eines Ritus war.

Auf das Grab mit dem Skelett stießen die Forscher während Ausgrabungen am Friedhof Porta Sarno im Osten der antiken Römer-Stadt.
Auf das Grab mit dem Skelett stießen die Forscher während Ausgrabungen am Friedhof Porta Sarno im Osten der antiken Römer-Stadt. © Archäologiepark Pompeji

Aus der Inschrift über der Stätte erfuhren die Experten mehr über das Leben des Mannes - eine weitere Besonderheit. Marcus Venerius Secundio war den Erkenntnissen zufolge ein Servus publicus, also ein Sklave der Stadt Pompeji. Mit etwa 30 Jahren dürften ihn seine Besitzer in die Freiheit entlassen haben. Zumindest war das damals üblich, auch wenn die Verfügungsgewalt beim Besitzer lag.

"Er kommt dann zu einem gewissen Reichtum, aber nicht übermäßig, doch immerhin so, dass er sich dieses Grab leisten kann", erklärt Zuchtriegel weiter. Das Grab liege außerdem in prominenter Position, am Ausgang des Stadttors Porta Sarno, so dass man es wirklich sehen konnte, wenn man die Stadt verließ. Aus der Inschrift geht auch hervor, dass der Ex-Sklave eine Art Tempelwächter des Venustempels war und am Kaiserkult teilnahm. Er konnte so laut Zuchtriegel soziales Prestige zeigen.

Die Grabanlage in der versunkenen Stadt Pompeji, in der die mumifizierten Überreste von Marcus Venerius Secundio gefunden wurden.
Die Grabanlage in der versunkenen Stadt Pompeji, in der die mumifizierten Überreste von Marcus Venerius Secundio gefunden wurden. © Archäologiepark Pompeji

Die Inschrift lieferte außerdem einen Beweis für eine lang geglaubte, aber nie bewiesene Annahme: In Pompeji gab es Aufführungen auch auf Griechisch statt nur Latein. "Er schreibt: Er allein hat vier Tage Spiele in Griechisch und Latein veranstaltet", berichtet Zuchtriegel. Es sei das erste Mal, dass man ein sicheres Zeugnis für diese Tatsache gefunden habe. Die römische Oberschicht lernte Griechisch damals als eine Art Bildungssprache in der Schule. Außerdem galt sie im östlichen Mittelmeerraum als Verkehrssprache - als das, wofür heutzutage etwa Englisch steht.

Der Ex-Sklave, so interpretiert es Zuchtriegel, wollte damit nicht nur seinen sozialen Status zeigen, sondern auch ein kulturelles Statement abgeben, sprich vermitteln: Ich habe auch Zugang zu dieser hohen Kultur. In Pompeji habe es zwar Menschen gegeben, die Griechisch sprachen, doch meistens seien das Sklaven oder Prostituierte gewesen.

© Archäologiepark Pompeji

Auch der Bestattungsritus sei in diesem Fall auffällig, erklärt Zuchtriegel. "Es ist ein Grab aus der letzten Phase Pompejis, also aus den 60er bis frühen 70er Jahren. Das ist eine Zeit, in der in Pompeji Erwachsene ausschließlich brandbestattet werden, und das ist das erste Grab aus dieser Zeit, was eine Leichenbestattung aufweist." Die Forscher stießen während Ausgrabungsarbeiten am Friedhof von Porta Sarno im Osten der antiken Römer-Stadt darauf.

Pompeji ging durch Ausbrüche des Vulkans Vesuv im Jahr 79 nach Christus unter. Asche, Schlamm und Lava begruben die Stadt unter sich. Im 18. Jahrhundert wurde sie wiederentdeckt. Seitdem stoßen Archäologen dort immer wieder auf spektakuläre und sehr gut erhaltene Funde aus der Römer-Zeit. Pompeji ist auch eine der beliebtesten Touristenattraktionen in Italien. (dpa)