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Wolfgang Hilbig, der Unerschrockene

Der preisgekrönte Schriftsteller nannte die Wiedervereinigung „Unzucht mit Abhängigen“. Ein neuer Band mit Reden und Schriften erinnert an ihn.

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Vor 80 Jahren wurde der Dichter Wolfgang Hilbig im thüringischen Meuselwitz geboren.
Vor 80 Jahren wurde der Dichter Wolfgang Hilbig im thüringischen Meuselwitz geboren. © AKG

Von Rainer Kasselt

Noch heute erinnert man sich in Kamenz an die Dankrede des Lessing-Preisträgers Wolfgang Hilbig im Januar 1997. Einige Besucher saßen wie versteinert, andere applaudierten begeistert. In der ersten Reihe rührten die offiziellen Gäste keine Hand, darunter Sachsens damaliger Ministerpräsident Kurt Biedenkopf. Was war passiert? Ihm dränge sich beim Nachdenken über die deutsche Vereinigung das Wort Kolonialismus auf die Zunge, sagte Hilbig. „Vielleicht wäre es gescheiter, den Akt der Wiedervereinigung als eine Art Unzucht mit Abhängigen zu bezeichnen“, fügte er hinzu. Der Satz machte deutschlandweit die Runde, der Skandal beschäftigte wochenlang die Medien.

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