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Kulturaustausch am Backofen

Bäcker-Azubis aus Bautzen und dem französischen Laval ergründen gemeinsam die Geheimnisse süßer Sachsen und knackiger Baguettes.

Von Miriam Schönbach
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Typhaine Tronville aus Frankreich (links) und Fabienne Müller aus Bautzen beim Kleckselkuchenbacken.
Typhaine Tronville aus Frankreich (links) und Fabienne Müller aus Bautzen beim Kleckselkuchenbacken. © Miriam Schönbach

Bautzen. Ein kurzes „Kommt mal zusammen“ reicht, und die Schüler in der Lehrbackstube stellen sich im Halbkreis um Rüdiger Bär auf. „Wir machen jetzt eine weitere Oberlausitzer, ja sächsische Spezialität“, sagt er. Gespannt lauschen seine Zuhörer der Rezeptur für die Eierschecke. Langsam zählt er die Zutaten auf. Schließlich müssen die Dolmetscher alles ins Französische übersetzen. Denn neben seinen Azubis lauschen Lehrlinge aus dem Nachbarland seinen Ausführungen.

Seit zehn Jahren verbindet die Hotelfachschule im französischen Laval mit dem Beruflichen Schulzentrum für Ernährung und Hauswirtschaft in Bautzen eine Schulpartnerschaft. „Dabei schauen die Schüler über den Tellerrand, können Vorurteile abbauen und lernen typische, regionale Backwaren kennen“, sagt Rüdiger Bär. Organisiert wird der Austausch vom Verein „Europa direkt“, unterstützt durch das Deutsch-Französische Jugendwerk. Übereinandergeschichtet landet der zusammengerührte Kuchen im Backofen. Dann gehen alle gemischten Teams an den Arbeitsplatz.

Zum Reden den richtigen Blick

In ihren Rezeptkladden stehen neben der Eierschecke Rezepte für Snacks und allerhand süße Backwaren. Geredet wird ein bisschen deutsch, ein bisschen französisch, ein bisschen mit Händen, Füßen und dem richtigen Blick. Ein gemischtes Doppel sind Typhaine Tronville und Fabienne Müller. Die beiden Mädchen machen Kleckselkuchen, auch so ein typischer, süßer Sachse mit Mohn, Quark und Früchten als Belag. Die 16-jährige Typhaine kostet die schwarze Mohnmasse. „Es schmeckt nach Erde“, sagt sie auf Französisch. Der süße Quark ist dagegen „c´est bon“.

Die französischen Lehrer Samuel Verron und Guillaume Jouenne freuen sich über die Wissbegierde. Ihre Schüler lernen alle praktischen Handgriffe an der Schule. „In Deutschland haben Auszubildende Berufsschule und einen Praktikumsbetrieb. Für ihre Arbeit werden sie bezahlt. In Frankreich gibt es kein Geld für die Ausbildung, die komplett an der Berufsschule stattfindet“, sagt Guillaume Jouenne. Ihn und seinen Kollegen begeistern Stollen, Pfeffer- und Baumkuchen sowie die Backwaren aus Roggenmehl. Sie sind schließlich kaum in Frankreichs Bäckereien zu finden.

Fünf der Auszubildenden aus Laval machen übrigens sogar ein vierwöchiges Praktikum in Bautzener Bäckereien. Die Junior-Bäcker aus Deutschland werden beim Besuch im März in die Geheimnisse von Baguette, Croissant und Tarte Tatin eingeweiht. Auf die Reise freut sich Fabienne Müller. Die 17-Jährige lernt in der Feinbäckerei Burkhardt in Weifa. „Ich wollte schon immer ins Handwerk – und in der Backstube ist es nie langweilig“, sagt sie und verteilt mit Typhaine Streusel auf dem Kuchen.

Dann geht ihr schmackhaftes Gemeinschaftsprojekt in den Ofen – und die Aufmerksamkeit gehört Martin Bäns. An diesem Nachmittag dekoriert der Bäckermeister Törtchen und gibt den Gästen einen Einblick ins Konditorhandwerk. Währenddessen bekommen die Kuchen Farbe im Ofen. „Das Schöne am Austausch ist, dass Freundschaften bleiben. Manche unserer Schüler haben sich schon ein Praktikum in Frankreich gesucht“, sagt Rüdiger Bär und flitzt zum Ofen. Die Kuchen müssen raus, schließlich sollen sie ja noch gemeinsam verkostet werden.

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