Von Ines Eifler
Görlitz. Gut anderthalb Jahre lang hat das Kunstwerk „Maske“ von Marianne Wesolowska-Eggimann den Kreisverkehr am neuen Busbahnhof Ecke Bahnhof-/Salomonstraße geprägt. Mit ihrer Atemschutzmaske, den flehenden Händen und den vier Hufen statt zwei Füßen schaute die Figur in die Ferne hinter Stadt, Lärm und Verkehr. Sie schien sich nach der Freiheit jenseits der Herausforderungen und Kämpfe zu sehnen, die das moderne Leben uns Menschen täglich abverlangt.
Am Montag wird die Figur nun abgebaut. „Ich hätte mir gewünscht, dass die Maske länger stehenbleibt“, sagt die Künstlerin Marianne Wesolowska-Eggimann, die das Kunstwerk geschaffen hat, „und bedaure sehr, dass sie abgebaut werden muss“. Auch manche Görlitzer werden sie vermissen. „Sie wird im Stadtbild fehlen“, sagt zum Beispiel Stefan Baldovski, der auf seinem täglichen Arbeitsweg mit dem Rad daran vorbeifährt oder -läuft. Sie sei ein Hingucker nicht nur für Touristen, auch endlich einmal abseits der Altstadt. Andere sind gleichgültig: „Mir ist es egal, ob da etwas auf- oder abgebaut wird“, sagt der Inhaber von Johnnys Pizza, die direkt am Kreisverkehr liegt. Und Liebhaber klassischer Kunst werden vielleicht froh sein, durch die Maske in ihrem Empfinden nicht mehr gestört zu werden.
Als Grund für den Abbau der Figur teilte die Stadtverwaltung Anfang dieser Woche mit, die Baugenehmigung laufe ab, das Material des Kunstwerks sei für eine Dauerpräsentation nicht geeignet. Durch die Korrosion des Materials sehe sie von einer langfristigen Präsentation gegenüber vorherigen Mitteilungen ab. Die Kosten für den Erhalt seien nicht kalkulierbar.
Marianne Wesolowska-Eggimann sieht das Ganze etwas anders. Tatsächlich bestehe die Figur keineswegs aus korrodierendem Material, sondern aus äußerst beständigem Kunstharz. „Daraus werden unter anderem Schiffe und Flugzeuge gebaut“, sagt die Künstlerin. Lediglich die Unterkonstruktion der Maske bestehe aus Metall, das bisher aus zeitlichen und finanziellen Gründen nicht mit Rostschutzmittel behandelt wurde. „Aber das hätte man auch im Nachhinein noch auftragen können.“
Allerdings sei es zu einem Missverständnis über die Konditionen einer Dauerleihgabe gekommen, wovon seit dem offiziellen Ende der Ausstellung Görlitzer Art im April 2017 die Rede gewesen war. Die Maske gehörte zu den zehn Kunstwerken, die im Rahmen dieses Korrespondenzprojekts zur Präsentation Breslaus als Kulturhauptstadt seit dem Frühjahr 2016 ein Jahr lang zu sehen waren. Im März dieses Jahres sagte Bürgermeister Michael Wieler noch, die drei beliebtesten Kunstwerke der Schau sollten als Dauerleihgaben der Künstler in Görlitz bleiben. Für die Herde, die Maske und das & auf dem Wilhelmsplatz hatten sich die Görlitzer in einer entsprechenden Abstimmung entschieden. Ende Juni beschloss der Stadtrat dann einen Ankauf der Rauminstallation „Herde“ von Piotr Wesolowski für 30 000 Euro. „Wir haben uns darüber sehr gefreut und waren dankbar“, sagt Marianne Wesolowska-Eggimann, die mit dem Künstler verheiratet ist. Die Herde war in der Innenstadt einige Male gewandert und hatte den Görlitzern am besten gefallen. Bei Maske und & ging die Stadt weiterhin von einem Verbleib in Görlitz als Dauerleihgabe aus, war aber dazu noch in Gesprächen mit den Künstlern.
Ging es gegenüber der Öffentlichkeit lediglich um Kosten von rund 1 500 bis 2 000 Euro pro Jahr für den laufenden Unterhalt aller drei Kunstwerke, nicht etwa um ein Künstlerhonorar, war Marianne Wesolowska-Eggimann aber gar nicht bereit, ihre Maske kostenlos zur Verfügung zu stellen. „Über eine Dauerleihgabe ohne Entgelt hatte mit uns bis dahin keiner gesprochen“, sagt sie. „Da wir bei den Werken eigene Mittel investiert haben und uns in der Verantwortung sehen, Kunst zu angemessenen Preisen zu verkaufen, können wir es uns nicht leisten, die Maske zu den angebotenen Konditionen in Görlitz stehenzulassen. Ein Auto kann sich ja auch niemand gratis ausleihen.“ Die Verhandlungen über einen Mietpreis führten zu keinem für beide Seiten befriedigenden Ergebnis. So bleiben nur die Herde, das & und die Salzkristalle an der Neiße als Erinnerung an die Kulturhauptstadt Breslau in Görlitz.
Beim Abbau der Maske am Montag wird Marianne Wesolowska-Eggimann anwesend sein. Zurzeit ist noch unklar, was danach mit der Figur geschieht. „Es hat mir sehr viel bedeutet, dass sie an dieser wichtigen Stelle in Görlitz stehen durfte“, sagt die Künstlerin. „Gerne würde ich sie wieder an einem öffentlichen Ort sehen. Wenn ich nichts Geeignetes finde, wird sie bei uns zu Hause aufgebaut. Sie würde wohl in unserem kleinen, polnischen Dorf auch für etwas Gesprächsstoff sorgen.“