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Landgericht verurteilt Ärztin wegen Steuerhinterziehung

Die Döbelnerin hat dem Finanzamt mehrere zehntausend Euro Zinsen verschwiegen. Das kommt sie nun teuer zu stehen.

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Von Brigitte Pfüller

Chemnitz/Döbeln - Irgendwie hatte die gestrige Berufungsverhandlung am Landgericht Chemnitz etwas Unwirkliches. So war es schwer vorstellbar, dass die Angeklagte, eine schmale, dunkelhaarige Frau in Jeans und T-Shirt, mit einem Koffer voller Bargeld aus der Dresdner Bank zu einer „guten Bekannten“ gegangen ist, um nicht unerhebliche Summen in einer Steueroase auf den British Virgin Island – die Britischen Jungferninseln liegen in der Karibik – anzulegen. Und das nur gegen eine einfache Quittung aus einem Block, wie er in jedem Schreibwarenladen zu kaufen ist.

Berufung gegen erstes Urteil

Auf der Anklagebank saß die Ärztin aus Döbeln aber nicht wegen des Geldtransfers. Sondern sie kam in die Bredouille, weil sie die Zinsen aus dieser Kapitalanlage nicht bei ihren Einkommenssteuererklärungen gegenüber dem Finanzamt angab. So wurde sie in der ersten Hauptverhandlung, die am 19. März dieses Jahres ebenfalls vor dem Landgericht Chemnitz stattfand, wegen Steuerhinterziehung zur Zahlung von 70 Tagessätzen zu 500 Euro und Zahlung der Prozesskosten verurteilt.

Dagegen legten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Angeklagte Berufung ein. Die Medizinerin – begleitet von ihrem Steuerberater, der als Verteidiger vor Gericht fungierte – wollte einen Freispruch. Die Begründung: Die Finanzanlage bei der inzwischen liquidierten Abek Group Ltd. auf den Virgin Islands habe sich inzwischen als Teil eines sogenannten „Schneeballsystems“ entpuppt und das Geld sei zum großen Teil weg. Außerdem seien keine Zinsen geflossen.

Der Staatsanwalt dagegen erachtete die Strafe als zu gering. Denn es sei in den Jahren 2001 bis 2004 durch nicht angegebenen Zinsen in Höhe von etwa 93000 Euro ein Gesamtsteuerschaden in Höhe zwischen 39000 und 40000 Euro entstanden.

Wenig Erinnerung

Gemeinsam mit dem Richter versuchte der Staatsanwalt zu verstehen, warum die 54-Jährige das viele Geld – immerhin könnte es sich bei Zinsen in genannter Höhe um mehrere Hunderttausend Euro Geldanlage gehandelt haben – so blauäugig an ihre Bekannte Frau S. übergab. Unklar war ebenso, warum sich die Ärztin in den Folgejahren nicht darum kümmerte. So wusste die Medizinerin nach eigener Aussage weder genau, welche Summen sie anlegte – also mit dem Koffer durch die Stadt trug – noch, welche Zinsen ihr versprochen worden waren. Die Angeklagte konnte sich lediglich daran erinnern, dass sie ihrer Bekannten glaubte, dass Zinsen im Ausland nicht versteuert werden müssten und sie das Geld als Absicherung für das Alter beziehungsweise für mögliche Krankheit und für ihre drei erwachsenen Kinder habe anlegen wollen.

Nur zum Jahresende habe sie einen Depotauszug mit einer Zahl erhalten, an die sie sich aber auch nicht mehr erinnerte. Mit diesen „Lücken“ hatte das Gericht ziemliche Probleme. Der Richter überlegte sogar, die „Finanzberaterin S“ als Zeugin zu einem neuen Termin vorzuladen. Daraufhin wurde eine Beratung außerhalb des Verhandlungsraumes angesetzt. An dieser nichtöffentlichen Sitzung nahmen neben der Angeklagten und ihrem Verteidiger der Richter, der Staatsanwalt und eine auch anwesende Beamtin des Finanzamtes Leipzig teil.

Schnelle Einigung

Im Anschluss kam es zu einer überraschend schnellen Einigung. Die Angeklagte zog die Berufung zurück und sie gestand den Vorwurf der Steuerhinterziehung. Der Staatsanwalt hielt seine Berufung aufrecht. So wurde die Döbelner Ärztin zu 100 Tagessätzen von je 500 Euro verurteilt und zur Zahlung der Prozesskosten verurteilt. Zu Gunsten der Angeklagten wertete der Richter vor allem, dass die Frau ihre Steuerschulden bereits gezahlt hat.