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Landkreis schließt Asylheim in Pirna

Es kommen erheblich weniger Flüchtlinge. Damit hat keiner gerechnet und das hat finanzielle Konsequenzen.

Von Gunnar Klehm
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Das mit viel Aufwand zu einer Asylbewerberunterkunft umgebaute Gebäude im Gewerbegebiet an der Elbe in Pirna wird als solche nicht mehr genutzt. Die letzten Bewohner ziehen bis Jahresende aus.
Das mit viel Aufwand zu einer Asylbewerberunterkunft umgebaute Gebäude im Gewerbegebiet an der Elbe in Pirna wird als solche nicht mehr genutzt. Die letzten Bewohner ziehen bis Jahresende aus. © Daniel Schäfer

Für die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber an der Fabrikstraße in Pirna heißt es jetzt Koffer packen. Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge will die Einrichtung im Gewerbegebiet der Elbe demnächst schließen. Dem haben die Kreisräte auf ihrer Sitzung am Montagabend mehrheitlich zugestimmt. Die Bewohner sollen auf die Gemeinschaftsunterkünfte in Schmiedeberg und in Klingenberg sowie auf Wohnungen verteilt werden.

Seit Monaten geht die Zahl der im Landkreis ankommenden Flüchtlinge zurück. Die Situation habe sich jetzt so stabilisiert, dass die Plätze dauerhaft reduziert werden können, erklärte Landrat Michael Geisler (CDU). Zu Hochzeiten des Flüchtlingsstroms Anfang 2016 waren 2 681 Betten im Landkreis von Asylbewerbern belegt. Aktuell sind es nun nur noch halb so viele, Tendenz fallend. In den drei im Landkreis befindlichen Gemeinschaftsunterkünften waren Anfang November insgesamt 179 Plätze frei. Das entspricht in etwa der maximalen Kapazität von 171 Plätzen in der Pirnaer Gemeinschaftsunterkunft.

Dennoch hätte auch jede andere Einrichtung geschlossen oder die größte Einrichtung in Klingenberg verkleinert werden können. Das Landratsamt rechnete jedoch vor, dass das größte Einsparpotenzial in der Schließung des Pirnaer Hauses liegt. „Eigentlich sind die Bedingungen für eine Integration in Pirna günstiger, als beispielsweise in Klingenberg“, sagte Kreisrat Lutz Richter (Die Linke). Er und seine Fraktion stimmten dennoch der Schließung in Pirna zu, weil das am wirtschaftlichsten sei.

Der Betrieb der Halle, die auf zwei Etagen ausgebaut ist, kostet den Landkreis etwa 857 000 Euro im Jahr. Hinzu kommen Ausgaben für den Wachschutz von rund 600 000 Euro im Jahr. Fällt das weg, spart der Landkreis fast 1,5 Millionen Euro jährlich. Doch ganz so einfach ist das nicht, denn der Landkreis hat die umgebaute Unterkunft bis 28. Februar 2022 angemietet. Die Immobilie gehört der Stadtentwicklungsgesellschaft Pirna (SEP). Selbst wenn der Betrieb ab 1. Januar nächsten Jahres eingestellt wird, fällt weiterhin die Kaltmiete an. Das sind etwa 20 000 Euro im Monat. Deshalb rechnet der Landkreis mit einer Ablösesumme von rund 860 000 Euro.

Das ist aber immer noch das geringere Übel. Würde man die kleinere Einrichtung in Schmiedeberg schließen, würden laut Landratsamt sofort zwei Millionen Euro als Ablösezahlung an die Betreiberfirma ITB Dresden fällig.

Die große Gemeinschaftsunterkunft in Klingenberg gehört der GVS, der kreiseigenen Grundstücks-Verwaltungsgesellschaft Sächsische Schweiz. Die hat gerade erst in das Gebäude investiert. Weil eine mögliche Nachnutzung nicht absehbar ist, bürgt ein Leerstand ein großes Risiko. Das liegt laut Landrat bei zwei Millionen Euro über den Einsparungen bei Einstellung des Heimbetriebs. Die vierte Variante, eine Reduzierung der maximal 286 Plätze in Klingenberg, hätte kaum einen Einspareffekt.

Die Fraktion der AfD wollte eine Abstimmung verhindern. Zuvor sollte die aktuelle wirtschaftliche Situation der GVS geprüft werden, weil sie „sehr schnell in eine wirtschaftliche Schieflage geraten kann“, wie es in dem Antrag heißt. Die Vertagung wurde jedoch von der übergroßen Mehrheit des Kreistags abgelehnt. „Die beschriebene Situation könnte drohen, wenn wir nicht schnell entscheiden“, erklärte der Landrat, dem schließlich gefolgt wurde.

Mit der SEP ist man bereits seit einiger Zeit im Gespräch. Von den 71 Bewohnern, die am 1. November in der Gemeinschaftsunterkunft in Pirna lebten, sind schon fast alle ausgezogen. Bis Ende des Jahres sollen auch die letzten das Haus verlassen haben.

Einen Nachmieter gibt es zwar noch nicht, doch SEP-Geschäftsführer Christian Flörke ist überzeugt, dass er bald einen neuen Nutzer für die Immobilie findet. „Es gibt bereits Anfragen und Interessenten“, sagt er auf SZ-Nachfrage. Um welche Branche es sich handelt, will er aber noch nicht verraten, solange nichts fix ist. Flörke hofft aber, dass das im ersten Quartal 2019 der Fall sein wird. Dann würde sich auch eine Ablöse des Landkreises reduzieren. „Das wäre für alle eine Win-win-Situation, die wir natürlich anstreben“, so Flörke.