Von Christian Dittmar
„Ich bin Alkoholiker und dagegen will ich jetzt ankämpfen.“ Die Beteuerungen des Angeklagten verhallen einige Sekunden in Saal 36 des Chemnitzer Landgerichts, bevor der Vorsitzende Richter Michael Mularczyk wieder das Wort ergreift. „Wenn Sie wirklich dagegen ankämpfen wollen“, wendet sich Mularcyk an den Angeklagten, „dann ist es mit ein paar Monaten nicht getan.“
Bald wird der 31-Jährige wohl viel Zeit bekommen, um sich um seine Alkoholkrankheit zu kümmern. Denn dem Mann aus Striegistal droht wegen versuchten Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe. Am Abend des 9. Januars 2014 soll er eine 13-Jährige in der Villa Bauch, einem leerstehenden Haus in der Roßweiner Uferstraße, lebensgefährlich gewürgt und missbraucht haben (DA berichtete). Einen Tag nach der Tat stellte er sich zwar selbst der Polizei, die Beamten wären ihm aber aufgrund der Hinweise eines Nachbarn des Opfers wohl selbst auf die Schliche gekommen.
An den bisherigen zwei Prozesstagen sagten schon mehrere Zeugen zu Lasten des Angeklagten aus, vor einer Woche ließ der gebürtige Radebeuler dann über seinen Verteidiger eine Erklärung verlesen, in der er das Würgen zugab. Dabei sei er jedoch völlig betrunken gewesen und ihm seien „die Sicherungen durchgebrannt“, da das Opfer ihn zuvor verfolgt haben soll. Einen Missbrauch bestritt er jedoch vehement, obwohl am Tatort unter anderem eine Kondomverpackung gefunden wurde.
Beim gestrigen dritten Prozesstag wurde nun klar, dass der mutmaßliche versuchte Mord am 9. Januar nicht die erste Gewalttat des Angeklagten unter Alkoholeinfluss war. Bereits am 27. Oktober 2009 wurde der damals 26-Jährige vom Amtsgericht Meißen wegen gefährlicher Körperverletzung zu einem Jahr und fünf Monaten Gefängnis verurteilt. Der gelernte Trockenbauer, seinerzeit schon vorbestraft und auf Bewährung, hatte den neuen Partner seiner Ex-Freundin aus dem Haus gelockt und krankenhausreif geprügelt.
Bereits zu dieser Zeit soll der Alkohol der Grund für die Probleme des Angeklagten gewesen sein. Eine Therapie in der Entzugsklinik Heidehof in Weinböhla brach er jedoch vorzeitig ab und verstieß damit abermals gegen seine Bewährungsauflagen. „Ich bin raus und gleich wieder reingerutscht“, versucht der derzeit arbeitslose Mann eine Erklärung für seine langjährige Alkoholsucht.
Bei seiner mittlerweile elften strafrechtlich relevanten Tat wird ihm diese Entschuldigung wohl nicht mehr viel nützen. Vor Beginn des gestrigen Prozesstages konnten sich die beiden Staatsanwälte und der Verteidiger nicht auf einen Deal einigen, weil die Vorstellungen darüber laut Richter Mularczyk „sehr weit auseinander gingen“. Das verheißt für den Angeklagten nichts Gutes. Das Urteil, das wahrscheinlich am 15. Juli gesprochen wird, dürfte auf eine lange Haftstrafe hinauslaufen.