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Lebenslang für 30-Jährigen

Das Schwurgericht ist überzeugt, dass der Angeklagte seine Freundin aus Eifersucht ermordet hat.

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© René Meinig

Von Alexander Schneider

Die Tat trage „Züge einer Bestrafung“, sie habe einen „Hinrichtungscharakter“. Es sind starke Worte, mit denen Richter Herbert Pröls, der Vorsitzende des Schwurgerichts, das Urteil seiner Kammer begründet. Wegen Mordes an der 41-jährigen Vietnamesin The T. wurde Shahjahan B., ein 30-jähriger Pakistaner, am Freitagnachmittag am Landgericht Dresden zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Vor Ablauf von wenigstens 15 Jahren wird der Mann nicht aus der Haft entlassen.

Shahjahan B. hat nach Überzeugung des Gerichts seine Freundin, Imbissbetreiberin The T., am 20. April 2017 kurz vor Mitternacht in deren Wohnung in der Alaunstraße getötet. Er habe mehrfach massiv mit einem Messer auf sein Opfer eingestochen. Durch die Wucht der Stiche habe er Rippenbögen durchtrennt und innere Organe verletzt. Die Frau verblutete innerlich. Darüber hinaus hat B. die 41-Jährige auch an Händen und Füßen gefesselt, sie geknebelt und ihr Gesicht – Mund und Nase – mit dem Klebeband umwickelt. Sie habe zu wenig Luft zum Atmen bekommen. Der genaue Tathergang konnte jedoch nicht mehr geklärt werden.

Nach Lage des Spurenbildes – darunter Abwehrverletzungen an den Händen der Frau, Stichkanäle, das Bild von Blutspritzern, die Größe einer Blutlache – ergab sich für Ermittler und Richter, dass die Frau bereits schwer verletzt war, ehe sie mit dem Klebeband umwickelt und mit dem Kabel eines Bügeleisens an ein Sofa gefesselt wurde. B. habe ihr auch postmortale Schnittverletzungen am Hals zugefügt.

Flucht Richtung Italien

Shahjahan B. kam Ende 2015 über Griechenland nach Deutschland, wo er Asyl beantragte. Ende 2016 wurde sein Antrag abgelehnt. Obwohl er nun die Heimreise hätte antreten müssen, beantragte er 2017 bei der Dresdner Ausländerbehörde eine Arbeitsgenehmigung und soll sie auch erhalten haben. Noch am Tattag habe er einer Freundin von The T. gesagt, wo er in der Küche gearbeitet hatte, dass er ihr die Genehmigung vorbeibringen wolle. Das widersprach den Angaben, die B. zum Prozessauftakt Ende April dieses Jahres gemacht hatte. Da hatte er behauptet, er habe längst nach Pakistan zurückkehren wollen, nachdem er kein Asyl erhalten habe. Der Angeklagte hatte gesagt, er könne sich nicht an Details erinnern. Es habe Streit gegeben, er sei betrunken gewesen.

B. war nach der Tat Hals über Kopf geflüchtet. Er war nachts in Dresden unterwegs und fuhr in einem Zug nach Österreich. Nach drei Tagen wurde er bei Klagenfurt in einem Zug nach Italien als Schwarzfahrer festgenommen – da lag bereits ein Haftbefehl aus Dresden vor. Gegenüber einer österreichischen Haftrichterin hatte B. gestanden, seine Freundin aus Eifersucht getötet zu haben.

Richter Pröls sagte, B. sei ein Jahr mit The T. zusammen gewesen und habe bei ihr gewohnt. Die Geschäftsfrau habe ihm geholfen, aber auch Kontakte zu anderen Männern gepflegt, darunter ihrem früheren Partner, der ihre Leiche finden sollte. B. habe ein eher traditionelles Verständnis einer Beziehung gehabt, wonach der Mann arbeitet – und er sei sehr eifersüchtig gewesen. Am Tattag sei das Paar bereits getrennt gewesen, T. habe Freunden erzählt, dass sie vor B. Angst habe. Sie sei schon früher von B. geschlagen worden. Er habe jedoch noch in ihrer Wohnung gelebt.

Über den Tod hinaus „auslöschen“

Warum genau es in der Tatnacht zwischen dem Paar eskalierte, blieb offen. Auch Hinweise, dass B. vor der Tat im Keller eine halbe Flasche Martini getrunken haben will, fanden sich nicht. Erwiesen sei, dass es für ihn keine überraschende Situation gegeben habe. B. habe planvoll gehandelt. Er habe versucht, der Frau den Kopf abzuschneiden. Dafür sprechen die postmortalen, eineinhalb Zentimeter tiefen Schnitte im Hals. B. habe versucht, die Existenz der Frau über ihren Tod hinaus „auszulöschen“, so Pröls, er habe sie „entpersonalisieren“ wollen. Als Mordmerkmale wertete das Gericht Eifersucht als niedrigen Beweggrund und die besondere Grausamkeit der Tat.

Das Schwurgericht folgte dem Antrag von Oberstaatsanwalt Jens Hertel. Verteidiger Achim Schmidtke hatte erklärt, die Beweise reichten nicht als Erklärung für die Mordmerkmale aus. Er plädierte, seinen Mandanten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren zu verurteilen. In seinem letzten Wort hatte B. wiederholt, dass er die Tat bedauere und das Gericht um Vergebung gebeten.