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Leerstand und Hoffnung

Schon zehn Ladeninhaber haben die Innere Zittauer Straße in Löbau verlassen. Schuld ist die fehlende Laufkundschaft.

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© Rafael Sampedro

Von Markus van Appeldorn

Löbau. Die Innere Zittauer Straße führt direkt zur Guten Stube Löbaus – dem Marktplatz. Eigentlich eine Top-Lage für ein Ladenlokal. Doch auf der einst so belebten Geschäftsstraße schreitet der Leerstand voran. Geschäftsinhaber flüchten, Ersatz bleibt aus. Eine Bestandsaufnahme.

Von 27 Ladenlokalen beidseits der Inneren Zittauer Straße sind mittlerweile zehn verwaist. Gleich in vier Häusern hintereinander, von Hausnummer 14 bis 20 wird’s im Schaufenster immer staubiger. Wo bis vor Kurzem „Schuhmacher Geyer“ werkelte, buhlt nun ein Aushang mit dem Versprechen „sehr günstig“ um einen Nachmieter. „Rollo Weber“ in der Nummer 30 hat die Rollos augenscheinlich schon vor sehr langer Zeit heruntergelassen. Und in dem ehemaligen Reisebüro auf der anderen Straßenseite werden schon seit drei Jahren keine Karibikträume mehr verkauft.

Manche Inhaber räumten das Feld ganz, einige wechselten nur den Standort. Als bisher Letzte verließen die „Löbauer Friseure“ Anfang Mai die Innere Zittauer Straße. Sie haben sich jetzt am Nicolaiplatz niedergelassen. Dort verspricht sich auch Ines Hanke für ihren Laden „Ines Schuhmoden“ bessere Geschäfte. Sie zog im März um und sorgte so in der Inneren Zittauer Straße für weiteren Leerstand. Die Chance auf ein wesentlich größeres Ladenlokal, vor allem aber auch die immer stärker ausbleibende Laufkundschaft, hätten sie zur Aufgabe an der alten Adresse bewogen, sagt sie der Sächsischen Zeitung.

Das Ladensterben in der Inneren Zittauer Straße geht auch dieses Jahr noch weiter. Die Gründe dafür sind vielfältig. Als Nächstes streicht Karl-Heinz Hänisch die Segel. Seit 1906 betreibt seine Familie hier das „Bettenhaus“ und versorgt die Löbauer mit Daunenfüllungen für Kissen und Federbetten. Am 10. Dezember ist Schluss. „Wenn‘s besser laufen würde, hätte ich weitergemacht“, sagt der 65-Jährige. Nun aber hat er das Haus samt Ladenlokal verkauft und geht in Rente. Fast jedenfalls. Ein bisschen will er sich auch künftig noch die Rente mit Daunen aufbessern – aber nicht in der Inneren Zittauer Straße.

Andreas Dürlich betreibt gegenüber seit 25 Jahren die Schnellreinigung „Adrett“. Gut war gestern. „Hätte ich noch Schulden, ich hätte längst schließen müssen.“ Auch ihm fehlt zunehmend die Laufkundschaft. „Die Leute gehen bis vorne an die Straßenecke und denken: Hier kommt ja nix weiter.“ In jüngster Zeit machen ihm auch noch die vielen Bauarbeiten in Löbau zu schaffen. Dass die Straße optisch mehr hermacht, wünscht sich auch Silvana Stephan (44) vom Haushaltswaren-Laden Jungers. Dafür seien aber vor allem die Händler selbst verantwortlich. „Man muss natürlich auch Ware vor den Laden stellen oder gut sichtbare Schilder anbringen. Dann sehen die Menschen schon von Weitem, dass es ein Angebot gibt.“ Neben den Straßenbauarbeiten würden auch problematische Wohnungsmieter manchen Geschäfts-Inhabern das Leben schwer machen. „Der Schuhmacher drüben hat dichtgemacht, weil ihm die Mieter der oberen Wohnung unablässig Zigarettenkippen aus dem Fenster vor den Laden geworfen haben.“ Ihr Fazit: „Wenn wir geeignete Räume gefunden hätten, wären wir auch schon weg.“

Doch es gibt auch Hoffnung in der Inneren Zittauer Straße. Ariane Selzer hat sich erst im Oktober mit ihrer „Kinderstube“ selbstständig gemacht – ein Second-Hand-Laden für Kinderkleidung. „Natürlich ist auf der Bahnhofstraße und am Nicolaiplatz mehr los, aber der Laden hat mir gefallen und es ist günstig. Weil ich weiter oben an der Straße bin, habe ich auch nicht das Problem mit fehlender Laufkundschaft“, so die junge Frau. Außerdem hat sie sich eine kleine Marktlücke geschaffen. Gebrauchte Kinderklamotten gibt‘s sonst nirgends in Löbau, so etwas spricht sich rum.

Auch Fernsehtechniker-Meister Lutz Alfred Engemann (52) will die Stellung halten und eine Perspektive entwickeln. „Die Innere Zittauer Straße ist leider zunehmend zur Ausfahrtstraße geworden. Und mit meinem kleinen Laden kann ich gegen Marktriesen sowieso nichts ausrichten. Statt aufzugeben, hat er seinen Laden einfach baulich und thematisch geteilt. In der einen hälfte betreibt seine Frau jetzt den Buchladen „Lieschen“. Im kleineren Laden hat er sich auf Service-Dienstleistungen spezialisiert. Und das soll auch die Zukunft für die Innere Zittauer Straße sein: „Die Straße hat eine Chance, wenn wir uns spezialisieren. Ich träume von einer Dienstleistungs-Straße.“