Von Franziska Springer
Bischofswerda. Das Herzdrücken muss schon groß sein, wenn die freiwillige Bereitschaft besteht, den Feierabend hintanzustellen um bis in die Nacht hinein in offizieller Runde über die Arbeit zu sprechen – genauer: über deren Zukunft.
Und das Herzdrücken ist groß! Daraus machten die Gäste, die der Einladung der CDU-Landtagsabgeordneten Patricia Wissel zum Schulpolitischen Forum auf dem Butterberg gefolgt waren, keinen Hehl. Zahlreiche Pädagogen und Elternvertreter aber auch Schulträger der Region hatten sich an der großen Tafel im Saal des Berggasthofs versammelt, um vor allem mit einem ins Gespräch zu kommen: Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU). Der allerdings ließ auf sich warten, was Lothar Bienst, dessen Parteikollege und bildungspolitischer Sprecher nutzte, um noch einmal detailliert zu erklären, was ohnehin alle wussten: Es mangelt den Schulen an Fachkräften – den sächsischen ganz allgemein, denen im Osten des Freistaats im Besonderen. Gründe dafür nannte er allerhand: eine angeblich falsche Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamts etwa, die Umstellung der Lehrerausbildung oder die mangelnde Attraktivität Sachsens für Studienabsolventen und Referendare.
Eine Lösung des Problems erhofft sich die sächsische CDU von einem umfangreichen Maßnahmenbündel. Das trägt den sperrigen Titel „Nachhaltige Sicherung der Bildungsqualität im Freistaat Sachsen“, wurde jüngst im Landtag vorgestellt und auf dem Butterberg heiß diskutiert.
Besonders die geplante Verbeamtung junger Lehrkräfte stieß auf heftige Kritik, insbesondere bei altgedienten Pädagogen. Schließlich sehen die Pläne des Kultusministers vor, dass junge Lehrer bereits nach sieben Jahren im Beamtenstatus wesentlich mehr verdienen als angestellte Lehrer mit jahrelanger Berufserfahrung. „Ich bin vergessen worden!“, findet deshalb Ronald Gaber, der am Goethe-Gymnasium Mathematik, Geografie und Informatik unterrichtet. Der Lehrer wohnt in Dresden und arbeitet seit 1992 in der Bischofswerdaer Bildungseinrichtung. Neben dem Beruf hat er ein Informatikstudium absolviert, denn: „Informatiklehrer wurden damals gebraucht.“ Danach ging es für ihn infolge der geburtenschwachen Jahrgänge in den neunziger Jahren in die Zwangsteilzeit. All das, sagt er, habe er bereitwillig mitgemacht und fordert jetzt von Piwarz ein zweites Bildungspaket, dass die Leistungen besonders engagierter Lehrer honoriert. Schließlich hätten insbesondere jene Kollegen, die über 42 Jahre alt sind und zur Verbeamtung nicht mehr infrage kämen, die Folgen des Lehrernotstandes in den letzten Jahren getragen und damit maßgeblichen Anteil daran, dass Sachsen trotz des Fachkräftemangels in den Lehrerzimmern deutschlandweit noch immer über das beste Bildungssystem verfüge.
Bessere rechtliche Handhabe
Pädagogen mit Erfahrung würden aber nach Ansicht vieler Anwesender nun benachteiligt. Das fürchtet auch Bodo Lehnig, der Schulleiter des Bischofswerdaer Gymnasiums. Nur zwanzig Prozent seiner angestellten Lehrer kann er durch eine entsprechende Bewertung in die nächste Entgeltstufe eingruppieren. Diese würden dann genauso vergütet wie die Funktionsstellen – beispielsweise Schulleiter und Oberstufenberater. Auch das sorge für Zündstoff im Lehrerzimmer, schließlich hätten die Fachstellen ein erheblich höheres Arbeitsaufkommen bei – dann – gleicher Bezahlung. Dass auch für Piwarz die Verbeamtung kein Heilsversprechen ist, daraus machte er keinen Hehl: „Sie ist ein Instrument des Kaiserreichs, das die Probleme des 21. Jahrhunderts nicht lösen kann“, gestand er. Gleichwohl böte ihm dieser Ansatz als Dienstherren die Möglichkeit einer besseren rechtlichen Handhabe gegenüber den verbeamteten Lehrern. So könne er etwa deren Berufsort beeinflussen, was die attraktivere Bezahlung rechtfertigt.
Neben der Diskussion um faire Vergütung rückten weitere geplante Vorhaben des Pakets wie die Lehrplananpassung oder die stärkere Verknüpfung von Schule und Wirtschaft zunehmend in den Hintergrund. Kerstin Kaline, die Leiterin der Grundschule in Wilthen setzte ihren Themenschwerpunkt im Bereich der Inklusion behinderter Schüler und stellte klar: „Für uns steht im Mittelpunkt das Kind.“
Sie ist die Jüngste in ihrem Kollegium – und die Einzige unter fünfzig, erzählt sie. Für die Erfahrung ihrer älteren Kollegen ist sie täglich dankbar und freut sich sehr, dass auch die Grundschullehrer – seit jeher wesentlich schlechter bezahlt als ihre Kollegen an Mittelschulen und Gymnasien – endlich von Piwarz‘ Handlungspaket profitieren. Gerecht findet sie das und dringend nötig, wenngleich sie weiß: „Viele Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft wären froh über ein Lehrergehalt.“