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Leipzig kämpft gegen Raupen-Plage

Ein großes Waldgelände in der Nähe von Leipzig, fast kahlgefressen - das ist das Werk des Schwammspinners. Der Nachtfalter wird zur echten Plage. 

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Die Raupe des Schwammspinners (Lymantria dispar) bei ihrer Lieblingsbeschäftigung: Fressen.
Die Raupe des Schwammspinners (Lymantria dispar) bei ihrer Lieblingsbeschäftigung: Fressen. © dpa

Leipzig. Millionen Schwammspinner-Raupen bevölkern derzeit Waldstücke in der Nähe von Leipzig. Auf etwa 20 Hektar fressen die schwarzbraunen Tiere am Cospudener See an der A38 Blätter von Roteiche und Birke, wie Bernd Becker, Leiter der Forstbehörde im Landkreis Leipzig, am Dienstag berichtete. "Man hört die Schwammspinner im Wald fressen." Auch bei Markranstädt westlich von Leipzig sind etwa 20 Hektar Wald von Schwammspinner-Raupen bevölkert, wie Renke Cordes vom Staatsbetrieb Sachsenforst sagte. Die Raupen hätten ganze Bäume kahl gefressen.

Der Schwammspinner (Lymantria dispar) ist ein wärmeliebender Nachtfalter. Er neigt besonders nach warm-trockenen Frühsommern zu Massenvermehrungen, die das Wachstum der Bäume stark beeinträchtigen und für den Menschen lästig sein können. 

Kahlgefressene Roteichen in einem Wald am Cospudener See
Kahlgefressene Roteichen in einem Wald am Cospudener See © dpa

Die explosionsartige Vermehrung sei auch unangenehm für Menschen, denen die zutraulichen Raupen sogar an den Beinen hoch krabbelten. Der Kontakt mit den Tieren könnte zu Hautirritationen führen, sie seien aber insgesamt ungefährlich, so Cordes. Rund um Leipzig würden sich die Raupen in den kommenden Tagen verpuppen. Ab Juli fliegen die Falter aus. Sachsenforst wolle sie zählen und auch die Eier der Insekten beobachten. In geringerem Ausmaß befielen die Raupen auch Bäume in der Oberlausitz sowie im Vogtland, sagte Cordes.

Grund für die Ausbreitung der etwa fünf Zentimeter langen Raupen sei die anhaltende Wärme, so Becker vom Landkreis. Er hofft auf eine Regeneration der abgefressenen Bäume durch den sogenannten Johannistrieb, einen zweiten Blattaustrieb Ende Juni. Mit Chemikalien wolle die Forstbehörde nicht gegen die Raupen vorgehen, da diese auch Nützlinge vernichten. Allerdings könnten im kommenden Frühjahr biologische Schädlingsbekämpfungsmittel eingesetzt werden, um die Population der Schwammspinner-Raupen einzudämmen, so Becker.

1994 waren laut Sachsenforst mehr als 2000 Hektar im Freistaat von Schwammspinner-Raupen befallen, davon etwa 400 Hektar Waldfläche sehr stark. Auch 2003 fraßen die Raupen Blätter auf 500 Hektar, 2004 setzte sich der Befall laut Cordes auf 300 Hektar Waldfläche fort. 

In Thüringen müssen Menschen Häuser verlassen

Auch im thüringischen Gera gibt es derzeit eine Schwammspinner-Raupenplage. Zu Tausenden bevölkern die schwarzen, haarigen bis zu sieben Zentimeter langen Tierchen Gärten und Häuser. Die Kommune bot den Anwohnern vergangene Woche Ausweichquartiere an - diese wurden allerdings nicht in Anspruch genommen, wie eine Sprecherin sagte. Die Feuerwehr verteilte Fliegengitter.

Schwammspinner Raupen haben die Fassade eines Hauses in Geras Stadtteil Liebschwitz befallen. 
Schwammspinner Raupen haben die Fassade eines Hauses in Geras Stadtteil Liebschwitz befallen.  © dpa

Zur Bekämpfung der gefräßigen Schwammspinner-Raupen in Geras Stadtteil Liebschwitz will die Stadt vorerst kein chemisches Insektizid einsetzen. Ein Mittel, das die bis zu fünf Zentimeter langen Schwammspinner-Raupen in ihrem jetzigen Entwicklungsstadium noch vernichten könnte, würde auch anderen Lebewesen und der Umwelt schaden, sagte Konrad Nickschick, Fachdienstleiter Umwelt bei der Stadt. "Das würde andere Insekten im Breitband hinwegraffen, weil es nicht spezifisch wirkt." Im kommenden Jahr könnten die Raupen frühzeitig mit einem biologischen Schädlingsbekämpfungsmittel beseitigt werden. Zudem könnten die Eier der Tiere aufgesammelt werden. 

Schwammspinner haben eine große Anzahl natürlicher Feinde wie Raupenfliegen und Brackwespen, die dazu beitragen können, eine Massenvermehrung auf natürliche Weise enden zu lassen, wie es bei der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) heißt. Der britische Naturschützer Dave Goulson erklärt in seinem Buch "Wildlife Gardening", gerade der Einsatz von Insektiziden schaffe einen Teufelskreis: Beim Spritzen stürben nicht nur die Schädlinge, wie der Schwammspinner, sondern auch viele ihrer Feinde. Die Populationen der Pflanzenschädlinge erholten sich davon oft weitaus schneller als die ihrer Feinde - in der Folge könne der Schädlingsbefall danach schlimmer sein als ganz ohne Pestizideinsatz. (dpa)