Leipzig
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"Tag X"-Demo in Leipzig: 80 Jugendliche und zwei Kinder waren im Polizeikessel

Vor der Sondersitzung des Innenausschusses zur Antifa-Demo in Leipzig wertet die Polizei ihren Einsatz am 3. Juni aus. Es werden überraschende Details bekannt.

Von Karin Schlottmann
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Bei Protesten gegen das Urteil im Prozess gegen Lina E. in Leipzig hatte die Polizei nach Räumung eines Platzes in Leipzig Demonstranten eingekesselt.
Bei Protesten gegen das Urteil im Prozess gegen Lina E. in Leipzig hatte die Polizei nach Räumung eines Platzes in Leipzig Demonstranten eingekesselt. © Robert Michael/dpa

Die Polizei hat die mehrstündige Festsetzung von über 1.040 Personen während ihres Einsatzes am vorigen Wochenende in Leipzig verteidigt. Die Identitätsfeststellungen dieser großen Personengruppe sei eine logistische Herausforderung gewesen, teilte die Polizeidirektion mit. Außerdem seien die Menschen im sogenannten Polizeikessel bis auf wenige Ausnahmen nicht kooperationsbereit gewesen, sie hätten den Polizisten feindlich gegenüber gestanden. Aus einer Gruppe heraus habe es Versuche gegeben, den Kessel zu durchbrechen. Auch aus diesem Grund habe sich der Einsatz bis um 5 Uhr früh am Sonntag hingezogen.

Nach Angriffen auf Beamte und Sachbeschädigungen unter anderem an geparkten Autos war auf dem Heinrich-Schütz-Platz im Süden der Stadt eine große Personengruppe von Einsatzkräften umschlossen worden. Nach Absprache mit der Staatsanwaltschaft und mit richterlicher Genehmigung seien diese zur Identitätsfeststellung festgehalten worden, um eine Strafverfolgung wegen Landfriedensbruchs, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und gefährlicher Körperverletzung vorzubereiten.

Eltern hatten kritisiert, dass auch Jugendliche über mehrere Stunden eingeschlossen wurden. Die Polizei gibt ihre Zahl mit 80 an und betont, dass sie strafmündig seien. Auch zwei Kinder seien aufgefunden worden, sie wurden den Angaben zufolge vor Mitternacht entlassen. Versuche, gezielt Jugendliche aufzufinden, um sie vorrangig zu behandeln, seien mangels Kooperationsbereitschaft und Vermummung gescheitert.

Mehr als die Hälfte der Festgesetzten kamen nicht aus Sachsen

Nach Auswertung der Identitätsfeststellungen teilte die Polizei weiter mit, dass mehr als die Hälfte der festgesetzten Personen nicht aus Sachen kommt. Auch die im Zusammenhang mit den gewalttätigen Ausschreitungen am Alexis-Schumann-Platz sechs verhafteten Beschuldigten hätten keine Meldeanschrift in Sachsen gehabt. Insgesamt sitzen seit den Ereignissen vom vorigen Wochenende neun Beschuldigte weiter in Untersuchungshaft.

Am Montag wird sich der Innenausschuss des Landtags in einer Sondersitzung mit den Demonstrationen und dem Polizeieinsatz befassen. Militante Antifa-Gruppen hatten anlässlich der Verurteilung einer linksextremistischen Vereinigung zu Haftstrafen dazu aufgerufen. Die Unterstützer von Lina E., die zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt worden war, hatten Sachbeschädigungen in Millionenhöhe angekündigt. Die Stadt Leipzig hatte diese Demonstrationen verboten, weil sie einen unfriedlichen Verlauf angenommen hatte. Versammlungen für die Demonstrationsfreiheit hatten dagegen stattgefunden. Abgeordnete von SPD, Linken und Grünen kritisieren unter anderem eine mangelhafte Versorgung der im Polizeikessel festgesetzten Personen sowie die Dauer des Einsatzes. Es seien Grundrechte der Demonstranten verletzt worden.

Nach Darstellung des Leipziger Polizeisprechers Olaf Hoppe wurden die eingeschlossenen Personen mit Trinkwasser versorgt, das aus einem Anhänger mit einer Kapazität von 1.000 Liter beschafft worden sei. Außerdem habe es Toilettenwagen gegeben sowie Nahrungsmittel.

Die Branddirektion habe zudem einen Sammelplatz für Verletzte eingerichtet. Aus dem Kessel seien Notrufe wegen Unterkühlung und Erschöpfung in "mittlerer einstelliger Zahl" registriert worden. Sogenannte Demo-Sanitäter hätten ungehinderten Zugang gehabt.