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Leipzig
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Keine Belege für Vergiftung des Reichstags-Brandstifters

In Leipzig war das Grab des Reichstags-Attentäters geöffnet worden. Man wollte wissen, ob ihm Gift verabreicht worden war. Und ob er wirklich der ist, für den man ihn hält.

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Der Niederländer Marinus van der Lubbe (3. v. l.) war in seinem Prozess vor dem damaligen Reichsgericht Leipzig zum Tode verurteilt worden. Sein Leichnam wurde auf dem Leipziger Südfriedhof beigesetzt.
Der Niederländer Marinus van der Lubbe (3. v. l.) war in seinem Prozess vor dem damaligen Reichsgericht Leipzig zum Tode verurteilt worden. Sein Leichnam wurde auf dem Leipziger Südfriedhof beigesetzt. © dpa

Leipzig. Mehr als 90 Jahre nach dem Reichstagsbrand in Berlin sind bei dem verurteilten Brandstifter Marinus van der Lubbe keine Hinweise auf eine Vergiftung entdeckt worden. Das teilte am Mittwoch die Stadt Leipzig mit unter Berufung auf ein entsprechendes Gutachten.

Van der Lubbe hatte gestanden, alleiniger Urheber des Reichstagsbrandes am 27. Februar 1933 in Berlin gewesen zu sein. Unter Historikern ist allerdings umstritten, ob er wirklich ein Einzeltäter war. Am 10. Januar 1934 verurteilte das Reichsgericht in Leipzig den Niederländer zum Tode. Die Beisetzung seines Leichnams erfolgte auf dem Leipziger Südfriedhof.

Forensiker haben Leichnam sechs Monate lang untersucht

Aus dem Gutachten gehe hervor, dass die sich im Grab befindenden Gebeine tatsächlich die sterblichen Überreste des Niederländers sind, teilte die Stadt mit. In dieser Frage habe es bislang keine eindeutige Sicherheit gegeben. Auch die Frage, ob van der Lubbe während seines Prozesses vergiftet worden sei, sei gelöst. Die Toxikologen hätten keine derartigen Hinweise gefunden. "Aufgrund der langen Zeitspanne zwischen Tod und Exhumierung sind Zersetzungsprozesse jedoch hochgradig wahrscheinlich", heißt es. Eine Beibringung von Arzneimittelwirkstoffen könne somit weder bestätigt noch vollständig widerlegt werden.

Der Niederländer soll in dem Prozess zunehmend verwirrt gewirkt haben, weshalb Vermutungen aufkamen, er sei unter Drogen gesetzt worden. Dafür war Ende Januar das Grab im Auftrag der Leipziger Paul-Benndorf-Gesellschaft, die sich für den Erhalt und die Pflege historischer Friedhöfe einsetzt, geöffnet und die sterblichen Überreste untersucht worden.

Die Experten hätten sechs Monate lang van der Lubbes Leichnam aufwendig forensisch untersucht: Haare, Zähne, Knochen, Weichteilreste und Bodenproben. Sie hätten keine Hinweise auf grobe körperliche Misshandlungen zu Lebzeiten entdeckt.

Die Untersuchung habe zugleich mit einem Gerücht aufgeräumt, hieß es. Demnach soll van der Lubbe „in doppelter Tiefe“ bestattet worden sein, um eine Ausgrabung zu verhindern. Die Exhumierung habe jedoch gezeigt, dass sein Leichnam in der regulären Tiefe von zwei Metern beigesetzt worden war. (SZ/uwo/dpa)