Leipzig
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Deutsches Chorfest begeistert Besucher

Männerchöre, Kammerchöre, Opernchöre - auf dem Deutschen Chorfest in Leipzig hat sich die Chorszene in ihrer ganzen Vielfalt präsentiert. Für den Präsidenten des Chorverbandes gibt es aber auch Anlass zur Sorge.

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Die Sängerinnen und Sänger des Leipziger Synagogalchores bringen im Paulinum der Universität Leipzig Jüdische Kostbarkeiten zu Gehör.
Die Sängerinnen und Sänger des Leipziger Synagogalchores bringen im Paulinum der Universität Leipzig Jüdische Kostbarkeiten zu Gehör. © Hendrik Schmidt/dpa

Christiane Groschyk aus Seevetal bei Hamburg ist begeistert. Beim Deutschen Chorfest in Leipzig hat sie an einer Chorprobe mit professionellen Sängern des Opernchores Leipzig teilgenommen. Rund 200 Laien haben mit den Profis zusammen bekannte Stücke wie den Gefangenenchor aus "Nabucco" angestimmt. "Das war eine Wahnsinnserfahrung", schwärmt Groschyk. "So nah ist man ja noch nie einem Opern-Solisten gekommen." Die Opernchöre zum Mitsingen waren eines von 539 Konzerten, die während des viertägigen Festes von Donnerstag bis Sonntag in Leipzig zu erleben waren.

Der Präsident des Deutschen Chorverbandes, Ex-Bundespräsident Christian Wulff, zog eine positive Bilanz. "Diese Tage waren sehr emotional. Überall hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, dass Menschen nach der Dürrezeit der Pandemie wieder zusammenkommen und zusammen singen können", sagte Wulff. "Chöre haben eine segensreiche Funktion. Sie erreichen Herz und Seele der Menschen." Rund 9500 Sängerinnen und Sänger kamen nach Veranstalterangaben nach Leipzig.

Das Programm war so bunt gemischt wie die Chorszene insgesamt: ein sächsischer Schulchor, der den Queen-Klassiker "Bohemian Rhapsody" auf eine Open-Air-Bühne bringt, der Jugendchor Hochtaunus, der sich in der Philippuskirche an Felix Mendelssohn Bartholdys monumentalen "Elias" wagt und dazu viele "Singalongs", also Mitsingangebote. In der Musikstadt Leipzig durften natürlich auch Auftritte des Thomanerchors nicht im Terminplan fehlen.

Wulff fordert mehr Unterstützung für Chöre

Im Deutschen Chorverband sind 15.000 Chöre mit rund einer Million Mitgliedern vertreten. Das klingt viel, und es klingt nach einer lebendigen Szene, aber Verbandspräsident Wulff macht sich dennoch Sorgen um die Zukunft. Die Pandemie habe sich vor allem im Nachwuchsbereich sehr negativ ausgewirkt. "Bei den Schulchören ist vieles in Gefahr geraten", sagte Wulff. Man habe auch auf dem Chorfest gemerkt, dass viele Chöre zwei Jahre lang kaum üben konnten.

"Studien zeigen, dass diejenigen, die als Erwachsene in Chören singen, als Kinder und Jugendliche begonnen haben", sagte Wulff. Darum sei jetzt eine stärkere Unterstützung der Politik für die Chorszene gefragt - sei es durch eine Förderung von Auftrittsmöglichkeiten oder eine stärkere finanzielle Unterstützung des Ehrenamtes. Die Kultusminister der Länder ruft Wulff zudem auf, alles daran zu setzen, Schulchöre wieder zu reaktivieren. Den Fokus nur darauf zu legen, Mathe-Rückstände aufzuholen, sei falsch. Das Singen im Chor mache Kinder ausgeglichener, das sei ein Gewinn für alle.

"Leipzig ist unvergesslich"

Die Pandemie hat nicht nur die Chöre, sondern auch das Deutsche Chorfest selbst getroffen. Eigentlich hätte es schon 2020 veranstaltet werden sollen. Die Programme waren damals schon gedruckt, als Corona den Veranstaltern einen Strich durch die Rechnung machte. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) nannte das Sängertreffen darum "das erste Chorfest, das zweimal vorbereitet wurde". Auch in diesem Jahr galten noch Abstandsregeln und Maskenpflicht in einigen Bereichen.

Für die Organisatoren stand zum Abschluss fest: Es wurde erfolgreich ein Zeichen für den kulturellen Neustart gesetzt. Oder wie der Ex-Politiker Wulff, der sich inzwischen einen "begeisterten Präsidenten des Chorverbandes" nennt, sagte: "Leipzig ist unvergesslich."

Auch für Christiane Groschyk soll das Chorfest in Leipzig nicht das letzte gewesen sein. Sie singt in Seevetal selbst im Frauenchor "Kreschendo" - hauptsächlich Pop, Rock und Gospel. Diesmal war sie mit ihren Mit-Sängerinnen nur als Besucherin da. "Auf jeden Fall sind wir das nächste Mal aktiv dabei", sagte die 55-Jährige. Das nächste Deutsche Chorfest wird 2025 in Nürnberg veranstaltet. (dpa)