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Leipzig: Mutter aus Wurzen soll Baby getötet haben

Die 32-jährige Angéla B. soll ihren Sohn gleich nach der Geburt getötet haben, weil er nicht in ihr Leben passte. Nun sitzt sie wegen Mordes auf der Anklagebank in Leipzig – und bestreitet die Tat.

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Der Angeklagten in einem Mordprozess werden im Saal des Landgerichts die Handschellen von Justizmitarbeitern abgenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft der 32-Jährigen Mord aus niedrigen Beweggründen vor.
Der Angeklagten in einem Mordprozess werden im Saal des Landgerichts die Handschellen von Justizmitarbeitern abgenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft der 32-Jährigen Mord aus niedrigen Beweggründen vor. © Hendrik Schmidt/dpa

Unter Tränen und in Handschellen wird sie Freitagfrüh in den großen Saal am Leipziger Landgericht geführt, ihr Gesicht verbirgt sie vor den Pressefotografen hinter einer blauen Aktenmappe: Die 33-jährige Ungarin Angéla B., eine zierliche Frau in dunkler Kleidung, soll Ende Oktober vorigen Jahres ihren Sohn gleich nach der Geburt im Badezimmer einer Arbeiterunterkunft in Wurzen getötet und dann in einem Gefrierschrank versteckt haben.

Der genaue Tag der Tat ist bisher nicht bekannt. Doch keine zwei Wochen später wurde der tote Säugling eingewickelt in einer Plastiktüte entdeckt und die Frau am 11. November verhaftet. Seither sitzt sie in Untersuchungshaft und muss sich wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen verantworten.

Staatsanwältin Katharina Thieme warf Angéla B.in ihrer Anklage vor, sie habe ihr Kind getötet, weil es in ihrer aktuellen Lebensphase „einen Störfaktor“ dargestellt habe. Sie habe das Baby durch nicht genau bestimmbare, stumpfe und stumpf-schürfende Gewalt getötet. Zudem wies der Leichnam schwere Schnittwunden auf. Die Beschreibungen klingen nach einer Verzweiflungstat.

Doch Angéla B. schilderte zum Prozessauftakt die Sache überraschend anders. Jemand habe ihr das Baby entrissen, danach habe sie das Kind nicht mehr gesehen. Von ihrer Schwangerschaft habe sie nichts gewusst und erst Ende Oktober starke Krämpfe und Durchfall erlitten. „Am nächsten Morgen saß ich auf der Toilette und dann kam plötzlich das Baby“, erklärte die sechsfache Mutter unter Tränen. „Ich habe es nicht verstanden und war in einem Schockzustand.“ Sie habe das Baby aus der Toilette genommen und mit einem Messer die Nabelschnur durchtrennt. Dann sei sie gestürzt, es sei schwarz um sie herum geworden und ein Mann mit Handschuhen und einer Tätowierung am Unterarm habe ihr das Kind entrissen.

Angeklagte soll von Schwangerschaft gewusst haben

Sie sei wieder bewusstlos geworden und habe am nächsten Morgen an einen Traum geglaubt. Der Vorsitzende Richter Hans Weiß nannte die Schilderungen allerdings kaum glaubhaft. „Es liegen Hinweise vor, dass Sie von der Schwangerschaft gewusst haben, diese aber verheimlichten.“

Die gelernte Gärtnerin, die aus Ungarn stammt und bereits fünf Kinder hat, hatte in jener Zeit in einer Fabrik in der Region Wurzen gearbeitet und in einer einfachen Gemeinschaftsunterkunft für Saisonkräfte im Wurzener Ortsteil Sachsendorf gewohnt. Zwischenzeitlich war auch gegen den ebenfalls aus Ungarn stammenden 24-jährigen Vater ermittelt worden.

Auch er kam am 11. November in Untersuchungshaft, ist aber wieder auf freiem Fuß. Es gebe keine eindeutigen Spuren und Hinweise, dass er während der Entbindung oder der Tötung des Kindes anwesend oder beteiligt war. Daher bestehe gegen ihn kein ausreichender Tatverdacht mehr, hieß es. Die Elternschaft soll aber durch DNA-Untersuchungen eindeutig geklärt sein.

Der Mann soll nun als Zeuge aussagen.
Für den Prozess gegen die junge Frau sind weitere acht Verhandlungstage geplant. Das Urteil könnte demnach Mitte November fallen.