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Bombe in Leipzig erfolgreich entschärft: Sperrkreis aufgehoben

Nach dem Fund einer 100 Kilogramm schweren Weltkriegsbombe und der Evakuierung von etwa 7.500 Menschen konnte gegen 2 Uhr Entwarnung gegeben werden: Die Bombe ist erfolgreich entschärft worden.

Von Erik-Holm Langhof
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Der Kampfmittelbeseitigungsdienst hat die Bombe gegen 2 Uhr erfolgreich entschärft.
Der Kampfmittelbeseitigungsdienst hat die Bombe gegen 2 Uhr erfolgreich entschärft. © xcitepress/Benedict Bartsch

Leipzig. Die am Dienstagvormittag gefundene 100 Kilogramm schwere Weltkriegsbombe in Leipzig konnte erfolgreich entschärft werden. Um 1.58 Uhr in der Nacht zu Mittwoch konnte die Feuerwehr Leipzig Entwarnung geben und den Sperrkreis von etwa 600 Metern rund um den Fundort aufheben.

Innerhalb von etwa 45 Minuten ist es den Experten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes vom Landeskriminalamt gelungen, die Bombe unschädlich zu machen. Nun kann sie fachgerecht entsorgt werden.

Die Evakuierung aus dem Sperrkreis hatte zuvor lange Zeit in Anspruch genommen und den Beginn der Entschärfung verzögert. Mehrere bettlägerige Menschen sowie uneinsichtige Einwohner hatten den Prozess verlangsamt. Zunächst gingen die Einsatzkräfte von einem möglichen Start der Entschärfung gegen 0 Uhr aus. Doch erst kurz nach 1 Uhr waren alle Menschen außerhalb der Gefahrenzone.

Den ganzen Abend über waren mehr als 150 Einsatzkräfte der Feuerwehr, des Ordnungsamtes, der Polizei und von Hilfsorganisationen im Einsatz, um Menschen aus dem Sperrkreis rund um den Fundort zu evakuieren und somit eine Entschärfung der Bombe zu ermöglichen.

Vor allem zwischen 21.30 und 23 Uhr hätten die Helfer zahlreiche, nicht erwartete Anwohner mit Mobilitätseinschränkung in eine Notunterkunft bringen können, so Matthias Hasberg von der Stadt Leipzig. Neben der Feuerwehr seien beim Transport in die Notunterkünfte auch das Deutsche Rote Kreuz und die Polizei behilflich gewesen.

Polizei fährt mit Lautsprecherwagen durch die Innenstadt

Zunächst waren bis 21.15 Uhr offenbar nur weniger als die Hälfte der etwa 7.500 betroffenen Menschen aus dem rund 600 Meter großen Sperrkreis evakuiert worden. Betroffen waren Feuerwehrsprecher Torsten Kolbe zufolge neben Privatwohnungen auch zahlreiche Kneipen, Geschäfte in der Innenstadt sowie das Neue Rathaus, das Bundesverwaltungsgericht und das Landgericht Leipzig.

"Circa 150 Feuerwehrleute sind gemeinsam mit dem Ordnungsamt der Stadt dabei, von Tür zu Tür zu gehen und die Menschen aus den Wohnungen zum Gehen aufzufordern", erklärte der Feuerwehrsprecher am frühen Abend. "Gemeinsam mit den Hilfsorganisationen sind wir ebenfalls mit der Räumung von zwei Altenpflegeheimen beschäftigt. Dort geht die Evakuierung allerdings geordnet und zügig voran."

Mit Krankentransportwagen und Bussen der LVB wurden mobilitätseingeschränkte und bettlägerige Anwohner aus dem Sperrkreis in eine Notunterkunft gebracht.
Mit Krankentransportwagen und Bussen der LVB wurden mobilitätseingeschränkte und bettlägerige Anwohner aus dem Sperrkreis in eine Notunterkunft gebracht. © News5/Grube

Per Twitter rief die Feuerwehr am Abend mehrfach auf, dass sich alle Menschen aus dem Sperrbezirk selbstständig und "unverzüglich" entfernen sollen, um eine zeitnahe Entschärfung zu ermöglichen.

Die Polizei patrouillierte unterdessen mit einem Lautsprecherwagen durch die Innenstadt von Leipzig und erinnerte wiederholt im Abstand von wenigen hundert Metern an die Bombenentschärfung. Dabei wurden die Menschen aufgefordert, Wohnungen und Geschäfte mit den nötigen Dokumenten zu verlassen sowie nach Bedarf eine Notunterkunft aufzusuchen. Die Polizei bat die Menschen auch, ruhig zu bleiben und sich im Internet über die aktuelle Lage zu informieren.

Feuerwehr und Rettungskräfte evakuieren bettlägerige Menschen

Bettlägerige oder mobilitätseingeschränkte Personen wurden von Feuerwehr und Rettungsorganisationen aus den Wohnungen geholt und anschließend in eine Notunterkunft gebracht. Für etwa 300 Personen waren in den Turnhallen der Pablo-Neruda-Schule und des Reclam-Gymnasiums in der Tarostraße die Tore geöffnet, sagte Feuerwehrsprecher Torsten Kolbe gegenüber Sächsische.de.

Im Bereich etwa 600 Meter rund um den Fundort der Bombe (blaue Markierung) hat die Stadt Leipzig einen Sperrkreis eingerichtet. Dieser wird nun geräumt.
Im Bereich etwa 600 Meter rund um den Fundort der Bombe (blaue Markierung) hat die Stadt Leipzig einen Sperrkreis eingerichtet. Dieser wird nun geräumt. © Feuerwehr Leipzig
© Feuerwehr Leipzig

Von der Sperrung war zeitweise auch der Bus- und Straßenbahnverkehr betroffen, der daher auf Umleitungsstrecken unterwegs war. Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) hatten schon am Abend angekündigt, dass es zu Einschränkungen kommen wird. Die Bahnen fuhren im Sperrkreis keine Haltestellen mehr an. Die LVB bot im Auftrag der Stadtverwaltung auch einige Pendelbusse an, die Menschen aus der Gefahrenzone in Notunterkünfte brachte.

In Leipzig sperrt die Polizei alle Zugangswege zum Fundort der Bombe. Noch in der Nacht wurde diese vom Kampfmittelbeseitigungsdienst entschärft.
In Leipzig sperrt die Polizei alle Zugangswege zum Fundort der Bombe. Noch in der Nacht wurde diese vom Kampfmittelbeseitigungsdienst entschärft. © xcitepress/Benedict Bartsch

Nicht betroffen waren der S-Bahn-Verkehr im Leipziger Citytunnel. Die Züge fuhren nach Angaben der Feuerwehr keine Haltestellen mehr im Sperrkreis an, die Durchfahrt sei aber bis kurz vor und direkt nach der Entschärfung möglich gewesen. Die Deutsche Bahn teilte bereits am Dienstagnachmittag auf Twitter mit, offenbar nicht von Einschränkungen betroffen zu sein: "Nach derzeitigen Infos der Polizei wird der Fernverkehr der Deutschen Bahn nicht beeinträchtigt werden. Der Bahnhof Leipzig Hbf liegt außerhalb des Sperrkreises."

Führungszentrum der Polizei zieht kurzfristig zur Feuerwehr

Geräumt werden musste auch die Polizeidirektion Leipzig direkt neben dem Fundort der Bombe. Wie die Polizei auf Twitter mitteilte, war eine Anzeigenerstattung im Polizeirevier in der Dimitroffstraße für die Dauer des Einsatzes nicht möglich. Andere Dienststellen blieben von den Einschränkungen jedoch unberührt und auch der Streifendienst des Polizeireviers Leipzig-Zentrum sei durchgängig einsatzbereit gewesen. Auch für die Polizei sei es eine "besondere Situation" gewesen, schrieben die Beamten am Mittwochmorgen auf Twitter.

Trotz des unfreiwilligen Umzugs war die Erreichbarkeit des Notrufs der Polizei "uneingeschränkt gewährleistet", wie es hieß. Nach Angaben von Feuerwehrsprecher Torsten Kolbe kam der Führungs- und Lagedienst der Polizeidirektion Leipzig in einem Gebäude der Feuerwehr unter.

"Dort konnten die Beamten ganz normal die Notrufe über die 110 annehmen", erklärte Kolbe und ergänzt: "Dieser kurzfristige Umzug und die Einrichtung einer Polizeiführung in unserem Haus ist wohl sachsenweit einmalig gewesen." Die Umleitung der Notrufe sei demnach ohne Probleme möglich gewesen.

Wie die Universität Leipzig mitteilte, war auch sie von der Sperrung betroffen. Demnach mussten verschiedene Standorte der Unibibliothek, das Geisteswissenschaftliche Zentrum, das Fakultätsgebäude Schillerstraße und das Hörsaalgebäude am Campus Augustusplatz geräumt werden.

Der Kampfmittelbeseitigungsdienst steht am Bombenfundort im Leipziger Zentrum-Süd.
Der Kampfmittelbeseitigungsdienst steht am Bombenfundort im Leipziger Zentrum-Süd. © Silvio Bürger

Bombenfund am Dienstagvormittag

Nach Angaben eines Stadtsprechers war die Bombe um 10.38 Uhr bei Baggerarbeiten auf der Baustelle an der Probsteikirche zwischen dem Martin-Luther-Ring und der Dimitroffstraße gefunden worden. Sie lag etwa zwei Meter tief im Boden. Daraufhin sei die Polizei alarmiert worden, die etwa 11.15 Uhr den Bereich rund um den Fundort abgesperrt habe.

Zugleich seien die Feuerwehr und der Kampfmittelbeseitigungsdienst alarmiert worden. Letzterer hätte bei einer ersten Lageerkundung von einer "75 Kilo-Sprengbombe" gesprochen, so der Stadtsprecher. Kurze Zeit später korrigierten sich die Experten aber und sprachen von einer 100 Kilogramm schweren Weltkriegsbombe, die vorzugsweise entschärft werden sollte. "Sollte dies nicht möglich sein, muss sie gesprengt werden", so Feuerwehrsprecher Torsten Kolbe gegenüber Sächsische.de.

Direkt neben der Polizeidirektion Leipzig auf der Dimitroffstraße wurde die Bombe gefunden.
Direkt neben der Polizeidirektion Leipzig auf der Dimitroffstraße wurde die Bombe gefunden. © Silvio Bürger

Wie die Leipziger Volkszeitung berichtet, soll auf dem 5.200 Quadratmeter großen Areal ein Wohn- und Geschäftshaus entstehen. Deshalb gibt es derzeit Baggerarbeiten vor Ort. An der Stelle befand sich einst Leipzigs erstes und größtes im Jahr 1896 eröffnetes Kaufhaus. Bei einem Bombenangriff 1943 wurde das Gebäude völlig zerstört. Zuletzt wurde das Gebiet neben der Probsteikirche als Parkplatz genutzt.

Erst im Mai mussten nach einem Bombenfund an der Alten Messe in Leipzig etwa 3.500 Menschen evakuiert werden. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst hatte eine 250 Pfund-Bombe entschärft und anschließend entsorgt. Auch damals konnten Anwohner erst in der Nacht wieder zurück in ihre Wohnungen.