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Mehr als 40 Ermittlungsverfahren nach rechter Demo in Leipzig

Unter dem Motto "Ami go home" haben sich am Samstag in Leipzig mehr als 1.000 Menschen versammelt - unter starkem Gegenprotest in der Stadt. Mehr als 40 Verfahren wurden eingeleitet.

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Am Samstag blockieren Gegendemonstranten die Route einer rechten Demonstration in Leipzig.
Am Samstag blockieren Gegendemonstranten die Route einer rechten Demonstration in Leipzig. © dpa

Leipzig. Im Zuge einer rechten Demonstration mit zahlreichen Gegenprotesten am Samstag in Leipzig hat die Polizei mehr als 40 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Zum überwiegenden Teil handelt es sich um Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, Straftaten gegen Polizeibeamte, Körperverletzungsdelikte, Sachbeschädigungen sowie Nötigungen, wie die Polizei am Montag mitteilte. Bei dem Einsatz waren zudem mehrere Polizeibeamte verletzt worden, konnten ihren Dienst aber fortsetzen.

Am Samstag hatten sich mehr als 1.000 Menschen vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig versammelt, um unter dem Motto "Ami go home" ("Ami geh nach Hause") zu demonstrieren - darunter auch Anhänger rechter Gruppierungen. Unweit des US-Generalkonsulats forderten die Demonstranten die USA auf, ihre Truppen und Atomwaffen auf deutschem Boden abzuziehen.

Elsässer und Poggenburg bei rechter Demo mit dabei

Die Organisatoren der rechten Demonstration hatten offenbar viel mehr Anhänger erwartet, denn angemeldet hatten sie bis zu 15.000 Menschen. Gekommen ist letztlich trotz wochenlanger Mobilisierung nur ein Bruchteil davon.

Zu den Rednern zählte auch der Herausgeber des "Compact-Magazins", Jürgen Elsässer. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft das Magazin als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung ein.

Unter den Teilnehmern waren der Polizei zufolge mehrere Gruppen aus dem rechten Spektrum. Auch der ehemalige AfD-Politiker André Poggenburg war mit dabei. Die Redner kritisierten auch die Bundesregierung, unter anderem in Bezug auf den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine.

ER war seinerzeit sogar der AfD zu weit rechts: André Poggenburg hatte wohl auf mehr Zulauf gehofft. Am Ende kamen aber deutlich mehr Gegendemonstranten in Leipzig zusammen.
ER war seinerzeit sogar der AfD zu weit rechts: André Poggenburg hatte wohl auf mehr Zulauf gehofft. Am Ende kamen aber deutlich mehr Gegendemonstranten in Leipzig zusammen. © dpa/Sebastian Willnow

Nach einer Kundgebung zogen die Teilnehmer trotz des aus ihrer Sicht bescheidenen Zulaufs unter "Wir sind das Volk"-Rufen entlang des Innenstadtrings durch den Westen der Stadt. Gegendemonstranten versuchten, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter anderem mit Sitzblockaden aufzuhalten. Am Rande der Demonstration sei es immer wieder zu Ausschreitungen gekommen, so die Polizei. Bei einer Gegendemo am Bundesverwaltungsgericht sowie auf einer Demo aus dem Süden der Stadt sei Pyrotechnik gezündet worden. Dabei sei nach ersten Erkenntnissen eine Person verletzt worden.

Rechtsextreme brechen Demo vorzeitig ab

Etwa eine Stunde vor angemeldetem Veranstaltungsende beendeten die Veranstalter der "Ami go home"-Demo den Aufzug durch die Stadt. Grund war laut Polizei unter anderem eine Sitzblockade an der Strecke, an der rund 500 Menschen teilnahmen.

Zunächst hatten die Beamten versucht, die Sitzenden von der Friedrich-Ebert-Straße wegzutragen, doch kaum hatte das begonnen, nahmen noch mehr Gegendemonstranten ein paar Meter weiter wieder Platz. Eine Räumung dieser Blockade wäre nicht verhältnismäßig gewesen, hieß es von der Einsatzleitung.

Zudem seien auf den möglichen Nebenrouten Blockaden zum Teil mit Gegenständen errichtet worden, so dass keine Optionen für eine Fortsetzung des Aufzugs mehr vorhanden waren.

Menschen blockieren die Route der rechten Demonstration in Leipzig.
Menschen blockieren die Route der rechten Demonstration in Leipzig. © dpa/Sebastian Willnow

Der Gegenprotest sei insgesamt "deutlich größer" gewesen als die Demonstration "Ami go home", teilte die Polizei weiter mit. Auf einem großen Banner der Gegendemonstranten stand "Die Rechten zu Boden". Die Teilnehmerzahl bei den Gegen-Aktionen liege insgesamt im niedrigen vierstelligen Bereich, sagte eine Polizeisprecherin.

Die Zahl der Demonstranten der "Ami go home"-Demonstration schätzte die Polizei auf bis zu 1.200. Das scheint einigen der zahlreich teilnehmenden rechten Videostreamern allerdings deutlich zu wenig zu sein: In mehreren online verbreiteten "Beiträgen" wird die Zahl der Teilnehmer deutlich nach oben phantasiert.

Offenbar ist es am Rand der Demonstration zu einer weiteren Auseinandersetzung zwischen den Teilnehmern der rechten Demonstration sowie den Gegendemonstranten gekommen. Wie Grünen-Politiker Jürgen Kasek auf Twitter berichtet, sei ein Auto mit Altenburger Kennzeichen gegen einige Gegendemonstranten gefahren. Ein Teilnehmer sei auch auf der Motorhaube gelandet.

Die Polizei prüft derzeit den Vorfall und hat nach eigenen Angaben die Ermittlungen aufgenommen. Verletzt worden sei durch den Vorfall jedoch niemand. Bei dem Autofahrer soll es sich nach Angaben der Leipziger Volkszeitung um Gebhard Berger handeln. Der Unternehmer sei am Samstag in Leipzig gewesen, um an der Demonstration „Ami go home“ teilzunehmen, die vom Chefredakteur des rechtsextremen Compact-Magazins organisiert worden war.

Die Einsatzkräfte waren in der Stadt mit einem Großaufgebot unterwegs: Insgesamt befanden sich knapp 1.500 Polizisten im Einsatz. Unterstützt wurden die Leipziger dabei von mehreren Hundertschaften der sächsischen Bereitschaftspolizei sowie von Kräften aus Bayern, Sachsen-Anhalt, Thüringen sowie der Bundespolizei. Unter anderem Wasserwerfer bereit, auch ein Hubschrauber war im Einsatz. (SZ/dpa)