Freitag, 7. Juli, 13.40 Uhr: Polizei schaltet Hinweisportal für Foto- und Videomaterial nach "Tag X"-Ausschreitungen
Nach den Ausschreitungen rund um den "Tag X" in Leipzig am haben Staatsanwaltschaft und Polizei nun ein Hinweisportal für Zeugen freigeschaltet. Wie beide Behörden am Freitag mitteilen, können dort Fotos, Videos und sonstige Hinweise der Bevölkerung rund um das Geschehen hochgeladen werden. Auch persönliche Zeugenaussagen seien bei der Kriminalpolizei Leipzig weiterhin möglich.
Am ersten Juni-Wochen hatte es in Leipzig mehrere Ausschreitungen nach dem sogenannten "Antifa-Ost-Prozess" gegeben. Bei mehr als 1.000 Personen wurden Identitäten aufgenommen, um später Ermittlungen wegen des schweren Fall des Landfriedensbruchs aufzunehmen.
Der Leipziger Polizeipräsident René Demmler stuft den massiven Einsatz am "Tag X" im Rückblick als rechtmäßig ein, sieht aber auch Handlungsbedarf. Es sei ein großes Problem gewesen, dass die Polizei die Zahl der Menschen erheblich unterschätzt habe, die in dem Kessel festgesetzt worden waren, sagte Demmler. Auch die Kommunikation mit den Eingeschlossenen habe nicht funktioniert. Die Polizei hat das Geschehen rund um den "Tag X" minutiös aufgearbeitet, Demmler stellte die Ergebnisse am Donnerstag im Innenausschuss des sächsischen Landtags vor.
In dem Kessel waren am 3. Juni in dem 1043 Menschen teilweise bis zum Morgengrauen festgehalten worden waren, darunter fast 90 Jugendliche und zwei Kinder. Die Polizei stellte von jedem Einzelnen die Identität fest. Es habe der Anfangsverdacht des schweren Landfriedensbruchs bestanden. Eine "klare und nachvollziehbare Kommunikation" sei dabei der Polizei nicht gelungen. Er betonte aber auch, dass von den Eingeschlossenen "niemand mit uns reden" wollte. Zur Kritik an der Versorgung sagte Demmler, letztendlich habe die man entschieden, Sanitäter agieren zu lassen, allerdings auch das nicht klar kommuniziert.
Donnerstag, 22. Juni, 16.10 Uhr: Staatsanwalt vermummt auf "Tag X"-Demos im Einsatz
Knapp drei Wochen nach den Demonstrationen von Anhängern der linken Szene in Leipzig hat ein Staatsanwalt öffentliche Aufmerksamkeit erregt, weil er während der Ausschreitungen vermummt im Einsatz war.
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Leipzig sagte am Donnerstag, sein Kollege sei im Einsatz gewesen, um über Maßnahmen für festgesetzte Demonstrierende zu entscheiden. Er sei vermummt vor Ort gewesen und dabei von einer ebenfalls vermummten Kriminalbeamtin begleitet worden, nachdem die Demonstration offiziell durch die Polizei beendet worden sei.
Der Staatsanwalt habe sich "persönlich dazu entschieden, die Vermummung zu tragen", sagte sein Kollege. Dabei sei es um seinen eigenen Schutz gegangen. Medienberichten zufolge war der Staatsanwalt in der Vergangenheit bedroht worden. Während der Demonstration am sogenannten "Tag X" im Süden Leipzigs hatte die Polizei die Demonstrierenden dazu aufgerufen, ihre Vermummungen abzulegen. Zuvor hatten mehrere Medien berichtet.
Rund um die Demonstrationen gegen die Verurteilung der Linksextremistin Lina E. in Leipzig hat es mehrere Anschläge auf Privatautos von Polizisten gegeben. "Es wurden Radmuttern gelöst und Reifen angeritzt", sagte Cathleen Martin, Sachsens Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), am Donnerstag auf Anfrage. Zahlen nannte sie nicht. Aus ihrer Sicht sind das versuchte Tötungsdelikte. Zuvor hatten mehrere Medien berichtet. Es sei extrem gefährlich, Radmuttern zu lösen, so Martin. Neben den Polizisten fuhren auch deren Angehörige mit den Privatwagen. Zudem könnten bei einem Unfall auch Passanten verletzt werden.
Schon vor dem Urteil gegen Lina E. waren laut Martin an dem Privatwagen eines Polizisten die Radmuttern von Unbekannten gelöst worden. Sie kritisierte daher auch die Informationspolitik des Innenministeriums. Aus ihrer Sicht hätten die Manipulationen an Fahrzeugen intern gemeldet werden müssen, um die Beamtinnen und Beamten zu sensibilisieren.
Mittwoch, 14. Juni, 14.44 Uhr: "Tag X"-Demo in Leipzig: Polizei ermittelt gegen eigene Beamte
Nach dem Einsatz der Polizei am sogenannten Tag X in Leipzig sind zwei Strafanzeigen gegen Beamte eingegangen. Die Strafanzeigen seien direkt bei der Polizei erstattet worden, teilte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Leipzig, Vanessa Fink, mit. Beide Verfahren werden den Angaben zufolge derzeit gegen unbekannt geführt.
Die Ermittlungen habe nicht die bei der Polizeidirektion Leipzig eingerichtete Ermittlungsgruppe übernommen, sondern die Kriminalpolizeiinspektion Dresden. Darüber hinaus habe die Staatsanwaltschaft Leipzig im Zusammenhang mit den gegen die Polizei erhobenen Vorwürfen von Amts wegen einen Prüfvorgang angelegt.
Die Polizei hatte während einer Demonstration gegen die Verurteilung der Linksextremistin Lina E. rund 1.000 Teilnehmer festgesetzt, um deren Personalien aufzunehmen. Grund seien gewalttätige Angriffe gegen Beamte gewesen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Landfriedensbruchs. Der Polizeikessel zog sich bis in die frühen Morgenstunden hin, weil die Demonstranten nach Angaben der Polizei nicht kooperiert hatten.
Kritiker des Einsatzes, darunter Landtagsabgeordnete von SPD, Grünen und Linkspartei, haben der Polizeiführung vorgeworfen, die Grundrechte der Demonstranten verletzt zu haben. Außerdem sei deren Versorgung während der Festsetzung mangelhaft gewesen, es hätte mehr Personal für die Identitätsfeststellung zur Verfügung stehen müssen.
Die Polizei, die sich ihr Vorgehen von Staatsanwaltschaft und einem Richter absegnen ließ, beruft sich auf Paragraf 163 b und c der Strafprozessordnung. Danach dürfen nicht nur Tatverdächtige zur Identitätsfeststellung festgehalten werden, sondern auch nicht verdächtige Personen, soweit es zur Aufklärung nötig ist. Die Festsetzung darf nicht länger dauern als zwölf Stunden.
Donnerstag, 8. Juni, 19.18 Uhr: Polizei richtet Ermittlungsgruppe nach Krawallen in Leipzig ein
Nach den linksextremistischen Ausschreitungen in Leipzig am vergangenen Wochenende hat die Polizei eine eigene Ermittlungsgruppe eingerichtet. Aktuell seien mehr als 100 Straftaten registriert, teilte die Polizeidirektion Leipzig am Donnerstag mit. Dies stelle die Polizei vor komplexe und langfristige Ermittlungen. Mehr als 20 Beamtinnen und Beamte seien Teil der Ermittlungsgruppe.
Darüber hinaus gab die Polizei weitere Informationen zu den Krawallen und dem Einsatzgeschehen bekannt. Über das Einsatzwochenende seien 51 Polizisten verletzt worden. Gegen insgesamt zwölf Demonstranten sei Haftbefehl erlassen worden, unter anderem wegen tätlichen Angriffen auf Vollstreckungsbeamte, versuchter gefährlicher Körperverletzung oder schweren Landfriedensbruchs.
Donnerstag, 8. Juni, 15.40 Uhr: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes
Im Zusammenhang mit den linksautonomen Krawallen zum "Tag X" in Leipzig am vergangenen Samstag ermittelt die Staatsanwaltschaft nun wegen versuchten Mordes gegen Unbekannt. Grund sei der Wurf eines Molotowcocktails aus den Reihen der Demonstranten gegen die Polizisten, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Donnerstag. Zunächst hatte der MDR berichtet.
In der vergangenen Woche hatte es nach dem Urteil gegen die Linksextremistin Lina E. in der Messestadt mehrfach Ausschreitungen gegeben. Am Samstag waren Polizisten mit Steinen und Böllern angegriffen worden. Zehn Männer im Alter von 20 bis 36 Jahren waren in Untersuchungshaft gekommen. Ihnen werden schwerer Landfriedensbruch, tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte sowie teilweise versuchte gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.
Mittwoch, 7. Juni, 16.25 Uhr: Revision gegen Urteil im Linksextremismus-Prozess
Im Dresdner Linksextremismus-Prozess haben Lina E. und drei beschuldigte Männer Revision gegen das vor einer Woche gesprochene Urteil eingelegt. Die Akten würden nun zum Bundesgerichtshof weitergeleitet, teilte eine Sprecherin des Oberlandesgerichts Dresden am Mittwoch mit. Zuvor müsse jedoch das Urteil des Staatsschutzsenats schriftlich vorliegen.
Wie lange das Revisionsverfahren dauern werde, sei offen. Die 28-jährige Lina E. und drei Männer waren am 31. Mai vor dem Oberlandesgericht Dresden wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen linksextremistischen Vereinigung beziehungsweise wegen ihrer Unterstützung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Sie sollen zwischen 2018 und 2020 in unterschiedlicher Beteiligung Rechtsextreme tätlich angegriffen haben (AZ:. 4 St 2/21).
Dienstag, 6. Juni, 12 Uhr: Sieben Ermittlungsverfahren nach erneuter Demo
Nach der Demonstration "Grundrechte gelten auch in Leipzig", die am Montagabend in Leipzig weitgehend friedlich verlief, wurden laut Polizei sieben Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Polizeidirektion teilte mit, dass verschiedene Personen festgenommen worden sind.
Nach Angaben einer Polizeisprecherin wurde ein 18-Jähriger auf dem Weg zur Versammlung von Polizisten aufgegriffen, als er sich gerade vermummen wollte und die Beamten beleidigte. Ein weiterer 47-jähriger Demonstrant griff einen anderen an, der die Versammlung filmte. Gegenüber den Einsatzkräften leistete er Widerstand. Bei zwei weiteren Personen, die Polizisten angegriffen haben sollen, ist die Identität bislang ungeklärt.
Die Ermittlungsverfahren wurden aus verschiedenen Gründen eingeleitet, teilweise aufgrund von Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Bei der Versammlung wurde gegen die Verbote der Versammlungen im Zuge der Ausschreitungen zum "Tag X" vom 3. und 4. Juni protestiert.
Montag, 5. Juni, 21.30 Uhr: Erneut Proteste in der Leipziger Südvorstadt
Zwei Tage nach den gewalttätigen Ausschreitungen am "Tag X" haben nach Angaben der Veranstalter rund 1.300 Menschen in Leipzig demonstriert. "Wir sind wütend, sauer und schockiert über die Geschehnisse von Samstagabend und froh endlich wieder demonstrieren zu können", sagte eine Sprecherin der Initiative "Leipzig nimmt Platz" am Montag. Die Veranstaltung richtete sich ihren Angaben zufolge gegen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit und hatte das Motto "Grundrechte gelten auch in Leipzig".
Die Teilnehmer der Demonstration zogen in die Innenstadt. Eine Zwischenkundgebung gab es an der Polizeidirektion mit dem Sitz des Leipziger Polizeipräsidenten. Bis zum späten Abend verlief die Demonstration, die von mehr als hundert Polizisten begleitet wurde, weitgehend friedlich. Ein Demonstrant wurde nach einem Angriff auf einen Passanten abgeführt. Nach Angaben der Polizei hatte er auch einen Beamten attackiert.
Sonntag, 23.00 Uhr: Nach neuem Demo-Verbot: Ruhige Lage in Leipzig
Nach den jüngsten Krawallen zwischen Linksradikalen und der Polizei in Leipzig ist es am Sonntagabend weitgehend ruhig geblieben. Einer dpa-Reporterin zufolge versammelten sich am Alexis-Schumann-Platz und am Herderplatz im Stadtteil Connewitz zwar einige Menschen. Zu einer Kundgebung kam es aber nicht. Zuvor hatte die Stadt eine für Sonntagabend angemeldete Demonstration verboten. Begründet wurde die Entscheidung von einem Sprecher der Stadt mit den Ausschreitungen am Samstagabend.
Nach dem erneuten Verbot in Leipzig riefen Linksextreme für Sonntag zu einer Versammlung gegen Polizeigewalt in Dresden auf. Dabei blieb es nach Angaben der Polizei am Abend ebenfalls ruhig.
Eine Zusammenfassung der Geschehnisse am Samstag lesen Sie hier:
17.45 Uhr: In Leipzig ist die Lage inzwischen relativ ruhig. Nun beginnt die Aufarbeitung der Demonstrationen und auch der Einsätze. Den Demonstranten wird Chaotentum und Gewaltbereitschaft vorgeworfen, der Polizei wiederum Demokratiefeindlichkeit und zu hartes Vorgehen. Die kommenden Tage werden nicht nur in Leipzig von Debatten um den "Tag X" geprägt sein. In Leipzig und Dresden sind noch kleinere Spontan-Kundgebungen für Demonstrationsfreiheit und gegen Polizeigewalt angekündigt.
16.55 Uhr: Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung hat linksextreme Demonstranten als "durchgeknallte Straffällige" bezeichnet. "Was für ein Wochenende hat diese Stadt wieder hinter sich. Unglaublich. Grönemeyer-Konzert, Stadtfest, vollkommen durchgeknallte Straffällige in Connewitz - das gehört alles dazu", sagte der SPD-Politiker beim Empfang der Mannschaft von RB Leipzig im Neuen Rathaus am Sonntag in Leipzig. Die Fußballer hatten am Samstagabend den DFB-Pokal in Berlin gewonnen.
16.33 Uhr: Vor dem Polizeirevier Leipzig-Zentrum an der Dimitroffstraße gibt es Konflikte. Dort haben sich einige Menschen versammelt, um Solidarität mit dort festgehaltenen Demonstranten zu zeigen. Offenbar wurden die rund 40 Menschen als Versammlung gewertet - die nun von Polizisten eingekesselt wurde. Es laufen Identitätsfeststellungen.
16.30 Uhr: Innenminister Armin Schuster (CDU) hat sich zu den Geschehnissen vom Samstag geäußert. Er nannte Leipzig als "pulsierende Metropole" zu der es gehöre, dass der "politische Diskurs bei Versammlungslagen stattfindet". Die Demonstrationen von Samstag bezeichnete er jedoch als "Gewaltexzesse", gegen die man auch in Zukunft vorgehen werde.
16.07 Uhr: Bei dem Einsatz im Bereich des Heinrich-Schütz-Platzes wurden knapp über 1.000 Identitätsfeststellungen durchgeführt. Gegen die Menschen habe Anfangsverdacht des schweren Landfriedensbruchs und des tätlichen Angriffs auf Polizisten bestanden. Die Umschließung startete gegen 18 Uhr und endete erst gegen 5 Uhr. Einige Demonstranten dürften mehr als zehn Stunden im Kessel verbracht haben.
16.02 Uhr: Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat angekündigt, die linksextreme Szene im Blick zu behalten. "Die sinnlose Gewalt von linksextremistischen Chaoten und Randalierern ist durch nichts zu rechtfertigen. Wer Steine, Flaschen und Brandsätze auf Polizisten wirft, muss dafür konsequent zur Rechenschaft gezogen werden", sagte die Sozialdemokratin in einer Mitteilung vom Sonntag. "Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern werden die gewaltbereite linksextremistische Szene in den kommenden Tagen und Wochen weiterhin ganz genau im Fokus behalten und konsequent einschreiten, wenn es zu Straf- und Gewalttaten kommt." Den verletzten Polizistinnen und Polizisten wünschte Faeser schnelle Genesung. "Ich danke allen Einsatzkräften der Polizei, aber auch der Rettungsdienste herzlich für den schwierigen und gefährlichen Einsatz", sagte sie.
15.41 Uhr: Am Samstag wurden 50 Personen von der Polizei in Gewahrsam genommen. Die vorerst letzte Ingewahrsamnahme habe es am Sonntag gegen 12 Uhr gegeben. Festgenommen wurden 30 Personen - derzeit prüft die Staatsanwaltschaft Haftanträge.
15.15 Uhr: Die Stadt Leipzig hat auch die angekündigte Versammlung am Sonntag in Leipzig verboten. Nach Auseinandersetzungen zwischen Linksradikalen und der Polizei hat die Stadt Leipzig eine für Sonntagabend angemeldete Demonstration verboten. "Grund dafür sind die Erfahrungen von Samstagabend", sagte ein Sprecher der Stadt auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Grundlage für das Verbot der Demonstration ist nach Angaben der Stadt eine für Samstag und Sonntag geltende Allgemeinverfügung. Diese verbietet Versammlungen, die Bezug zum Urteil gegen die Linksextremistin Lina E. nehmen. Die sächsischen Landtagsabgeordneten Juliane Nagel und Marco Böhme (beide Linke) bezeichneten das Verbot als "skandalös": "Schon gestern wurden Grundrechte außer Kraft gesetzt. Wir appellieren an den Oberbürgermeister und die Polizeiführung, die Stadt Leipzig nicht weiter zur grundrechtsfreien Zone zu machen", erklärten sie am Sonntag.
14.20 Uhr: Die Polizei hat nach Ansicht des sächsischen SPD-Innenpolitikers Albrecht Pallas in Leipzig selbst zur Eskalation beigetragen. Der Polizeiführung warf der Landtagsabgeordnete eine "provozierende Herangehensweise" vor. Die Gewalt einiger Demonstranten sei inakzeptabel, betonte er am Sonntag. Rund 1.500 Menschen hätten am Samstag aber friedlich ihr Demonstrationsrecht wahrgenommen.
Die Polizei sei etwa beim Abdrängen umstehender Menschen mit unnötiger Härte vorgegangen und habe viele Menschen stundenlang eingekesselt. "Es gipfelte im Abriegeln des gesamten Stadtteils Connewitz nach zwei Barrikadenbränden", betonte Pallas. "Die Massivität der Polizeipräsenz oder dadurch bedingte massive polizeiliche Reaktion auf Kleinigkeiten hatten eine eskalierende Wirkung, was überwiegend Unbeteiligte traf." Pallas ist von Beruf Kriminalbeamter und war nach eigenen Angaben in Leipzig als parlamentarischer Beobachter selbst vor Ort.
Update 13.25 Uhr: Am Sonntag hat die Polizei die Zahl der verletzten Polizisten deutlich nach oben korrigiert. 50 Beamte seien bei den Ausschreitungen im Süden Leipzigs verletzt worden. Zudem habe es auch Verletzte aufseiten der Demonstranten gegeben, sagte Polizeipräsident René Demmler am Sonntag - die genaue Zahl konnte er aber nicht beziffern. Ermittlungen laufen bei der Polizei etwa wegen schweren Landfriedensbruchs und wegen Angriffen auf Polizisten. Es habe fast 30 Festnahmen gegeben, bei denen nun Haftantrag geprüft werde, teilte Demmler mit. Zudem seien zwischen 40 und 50 Personen in Gewahrsam genommen und bis Sonntagmittag wieder entlassen worden.
Die Stadtverwaltung und die Polizei verteidigten ihr Vorgehen. "Wir müssen leider erleben, dass auch bei einer friedfertig angekündigten Demonstration sich Gewalttäter darunter mischen, dass sie instrumentalisiert wird und es im Ergebnis dann zu Gewaltausbrüchen kommt", sagte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD). Es sei daher richtig gewesen, zwei andere Demonstrationen zuvor zu untersagen. Er dankte der Polizei für ihre Arbeit. So sei es möglich gewesen, trotz der "fürchterlichen Vorkommnisse" die Stadt lebensfähig zu halten. Polizeipräsident Demmler sprach von "viel sinnloser, extremer Gewalt".
Update, Sonntag, 4. Juni, 9.36 Uhr:
Am Sonntag zieht die Polizei eine erste Bilanz des Einsatzes vom Samstag. Der Einsatz sei demnach die ganze Nacht über fortgesetzt worden, es habe weiterhin brennende Barrikaden und Angriffe auf Beamte gegeben. Rund zwei Dutzend Polizeibeamte wurden am Samstag verletzt, zwei davon sind nicht mehr dienstfähig.
Auch an der Karl-Liebknecht-Straße dauerte der Einsatz bis in den Morgen an. Nach der abgesagten Demonstration am Alexis-Schumann-Platz waren mehrere hundert Menschen, offenbar Anhänger des "schwarzen Blocks", eingekesselt worden. Ihnen wurde schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen. Daraufhin wurden deren Personalien festgestellt. Erst um sechs Uhr wurde der Kessel vollständig aufgelöst. Nach Polizeiangaben wurden rund 1.000 Personen am Samstag zur Identitätsfeststellung eingekesselt.
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) hat allen Einsatzkräften und der Führung der Polizeidirektion gedankt. Er sprach auf Twitter von einer "erfolgreiche Einsatzbewältigung in einer besonders herausfordernden Lage". Ob Stadtfest, Sachsenpokal oder das Live-Konzert - alles sei lageangemessen ermöglicht worden. "Den verletzten Polizeibeamten wünsche ich schnelle Genesung", erklärte Schuster. "Sachsen ist stolz auf Sie!"
Nach SZ-Informationen soll sich im Kessel eine Person befunden haben, die eine wichtige Rolle im Lina-E.-Prozess spielt und nach der lange gesucht worden sein soll.
0.16 Uhr: Inzwischen haben sich mehrere Hundertschaften in Leipzig-Connewitz zusammengezogen. Die Polizei ist inzwischen wieder zahlenmäßig deutlich in der Überzahl.
Wir beenden unsere Live-Berichterstattung für heute.
Sonntag, 0.10 Uhr: Die Ausschreitungen in der Nacht von Freitag zu Samstag haben Konsequenzen. Fünf in der Nacht vorläufig festgenommene Männer im Alter von 20 bis 32 Jahren werden dem Haftrichter am Amtsgericht Leipzig vorgeführt. Gegen sie wurde Haftbefehl wegen schweren Landfriedensbruchs erlassen, sie kommen ins Gefängnis.
23.52 Uhr: Auf der Biedermannstraße wurden aus Baustellen-Materialien Barrikaden errichtet. Mit einem Räumpanzer werden die Straßen wieder freigeräumt. Die Lage ist unübersichtlich - eine echte Konfrontation bleibt noch aus.
23.31 Uhr: Die Polizei bereitet sich auf einen gewalttätigen Verlauf des weiteren Abends vor. Es gebe "an verschiedenen Stellen Zusammenrottungen von augenscheinlich gewaltbereiten Personen". Einsatzkräfte sollen attackiert worden sein. Mehrere Polizei-Hundertschaften sind vor Ort. Mindestens ein Mann wurde festgenommen.
23.14 Uhr: Auf der Biedermannstrasse in Leipzig-Connewitz wurde stark randaliert. Rund 300 Menschen sollen im Bereich des Connewitzer Kreuzes und insbesondere der Wiedebachpassage den Polizeistandort mit Steinen beworfen und Barrikaden entzündet haben.
22.55 Uhr: Es könnte heute Nacht noch ungemütlich werden in Leipzig.Entlang der Wolfgang-Heinze-Straße in Leipzig-Connewitz brennen mehrere Barrikaden. Die Polizei ist auf dem Weg dorthin und hat einen Wasserwerfer angefordert.
22 Uhr: Inzwischen hat sich die Lage in Leipzig weitgehend beruhigt. Aus dem Kessel am Heinrich-Schütz-Platz werden immer mehr Leute entlassen, die Polizei ist personell deutlich in der Überzahl. Dezentrale Aktionen sind in der nun angebrochenen Dunkelheit weiterhin möglich.
21.35 Uhr: Gibt es eine weitere Demo an diesem Wochenende? In Sozialen Netzwerken kursiert bereits jetzt ein neuer Termin, nachdem die großen Proteste in Leipzig an diesem Samstag bislang ausgeblieben sind. Treffpunkt soll am Sonntagabend der Herderpark in Leipzig-Connewitz sein. Die Demo soll sich gegen Polizeigewalt richten.
21.25 Uhr: Seitens der Polizei gibt es nun Informationen zu den immer noch eingekesselten Zugehörigen des "Schwarzen Blocks" am Alexis-Schumann-Platz beziehungsweise inzwischen am gegenüberliegenden Heinrich-Schütz-Platz. Demnach handelt es sich um 300 Menschen, denen Landfriedensbruch und tätliche Angriffe auf Einsatzkräfte vorgeworfen werden. Es wird immernoch daran gearbeitet, deren Personalien aufzunehmen. Unter den Personen sollen sich auch Minderjährige befinden - diese sollen "priorisiert abgearbeitet" werden.
21.04 Uhr: Anmelder der Demonstration auf dem Alexis-Schumann-Platz war der Leipziger Rechtsanwalt und Ex-Grünen-Vorstandssprecher Jürgen Kasek. Kurz nach 18 Uhr, als die Lage außer Kontrolle geriet, hat er sie von sich aus für beendet erklärt. Seitdem gilt nicht mehr Versammlungsrecht, sondern Polizeirecht. Das setzt die Polizei seitdem mit Kontrollen und Festnahmen um. Auch andere Politiker sind vor Ort, unter anderen Albrecht Pallas (SPD), Valentin Lippmann (Grüne) und Juliane Nagel (Linke). Letztere war am Freitag von Polizisten festgehalten worden, was für Kritik gesorgt hatte.
21.00 Uhr: Die ersten Menschen aus dem Kessel werden festgenommen und abtransportiert. Die Lage ist weiterhin relativ ruhig, auch die Wasserwerfer haben sich ein Stück zurückgezogen.
20.44 Uhr: Unweit des Demo-Geschehens ist die Lage vergleichsweise ruhig, Anwohner nutzen sogar die Straßensperren, um auf der sonst stark befahrenen Karl-Liebknecht-Straße Zeit zu verbringen. Auch im Stadtteil Connewitz beobachten unsere Reporter "normales Leben".
20.24 Uhr: Bei den Stein- und Flaschenwürfen im Zusammenhang mit der aufgelösten Demonstration am Alexis-Schumann-Platz sind mehrere Polizisten verletzt worden. Das teilt die Polizei mit. Durch den Bewurf seien mehrere Einsatzbeamte getroffen und verletzt. Art und Schwere der Verletzung seien noch nicht bekannt. Auch Sachschäden an beworfenen Fahrzeugen seien zu verzeichnen.
20.18 Uhr: Auch der Polizei-Nachwuchs ist im Einsatz - allerdings vorrangig beim Objektschutz. Es sind alle Auszubilden und Studierenden der Polizei im Einsatz, um öffentliche Gebäude wie beispielsweise Polizeireviere oder das Bundesverwaltungsgericht zu beschützen. Linke Gruppen hatten zum "Tag X" hohen Sachschaden angekündigt.
20.04 Uhr: Das Aufnehmen der Personalien der Mitglieder des "schwarzen Blocks" gestaltet sich erwartungsgemäß schwierig. Dafür werden "Bearbeitungsgruppen" aufgebaut, die sich einzeln um die Verdächtigen kümmern. Einzelne werden die Nacht auch in Arrest verbringen.
19.58 Uhr: Es gibt erste Festnahmen im Süden Leipzig. Auf dem Alexis-Schumann-Platz versucht die Polizei die rund 500 eingekesselten Anhänger des "schwarzen Blocks" von den restlichen Demonstrierenden zu trennen. Daraufhin kommt es zu einem kurzen Handgemenge. Das hat offenbar Konsequenzen: Die ersten Demonstrierenden werden festgenommen.
19.41 Uhr: Polizeisprecher Olaf Hoppe begründet in einem Videostatement das Auflösen der angemeldeten Versammlung am Alexis-Schumann-Platz. Laut Hoppe sei die Versammlung mit 100 Teilnehmenden angemeldet worden, schließlich seien jedoch rund 1.500 Menschen vor Ort gewesen, nach Einschätzung der Polizei rund ein Drittel gewaltbereit. Es habe ein einstündiges Gespräch mit dem Versammlungsleiter gegeben. Wegen Angriffen wie Stein- oder Flaschenwürfen habe man dann entschieden, die Versammlung aufzulösen. Derzeit sei die Lage wieder ruhig, so Hoppe weiter.
19.25 Uhr: Der Alexis-Schumann Platz ist weiterhin durch Polizeiketten und Wasserwerfern eingekesselt. In einem kleineren eingekesselten Bereich von 500 mehrheitlich vermummten Anhängern des "schwarzen Blocks", denen Landfriedensbruch vorgeworfen wird, versuchen Beamte nun, Personalien festzustellen. Insgesamt hat die Lage vor Ort etwas beruhigt.
19.14 Uhr: Fast ganz Deutschland ist heute in Leipzig im Einsatz: Die Polizeidirektion Leipzig wird durch mehrere Hundertschaften der Bereitschaftspolizei aus zwölf Bundesländern, der Bereitschaftspolizei Sachsen sowie der Bereitschaftspolizei der Bundespolizei unterstützt. Neben den dezentralen Einsätzen zum "Tag X" werden weiterhin jeweils zehntausende Besucher beim Herbert-Grönemeyer-Konzert und beim Livestream des DFB-Pokalfinals mit Leipziger Beteiligung abgesichert.
19.10 Uhr: Die Polizei geht von umkämpften Abend- und Nachtstunden aus. Laut einer Mitteilung vom Samstagabend habe es bisher mehrere brennende Müll- und Kleidercontainer, sowie fünf brennende Autos im Stadtgebiet gegeben - vorrangig im Südwesten. "In den Nachmittags- und vor allem den Abendstunden wird der Schwerpunkt des Einsatzgeschehens erwartet", heißt es außerdem.
19.00 Uhr: Noch immer sind etwa 500 Anhänger des Schwarzen Blocks eingekesselt. Laut Durchsage der Polizei werden sie des schweren Landfriedensbruchs beschuldigt. Voraussichtlich wird nun versucht, nun erste Anzeigen aufzunehmen.
18.56 Uhr: Die Versammlung am Alexis-Schumann-Platz wurde für aufgelöst erklärt, jetzt soll sie offenbar geräumt werden.
18.44 Uhr: Das Demo-Geschehen konzentriert sich auf die Karl-Liebknecht-Straße im Leipziger Süden, im Raum des Viertels Connewitz. Die Polizei hat zehn Wasserwerfer und zwei Räumpanzer aufgefahren. Erste Festnahmen sind zu erwarten.
18.24 Uhr: Die Lage in Leipzig eskaliert. Wie ein Reporter von Sächsische.de berichtet, attackierten Vermummte in der Südvorstadt mehrere Polizeiautos mit Steinen. Anschließend wurden die Angreifer von der Polizei eingekesselt. Augenscheinlich gab es dabei auch Verletzte, Sanitäter sind neben der Polizei ebenfalls im Einsatz. Zeitgleich bringen sich mehrere Wasserwerfer in der Nähe in Stellung.
Wir berichten ab sofort im Liveticker.
Leipzig am "Tag X": Demos im Süden Leipzig
Hintergrund: Zuvor war die Lage in der Stadt weitgehend ruhig geblieben. Trotz des endgültigen Verbots einer großen "Tag X"-Demonstration der linksradikalen Szene ist die Polizei mit einem Großaufgebot präsent. Sie rechnete mit dem Zulauf Tausender Menschen.
Zudem findet in der Stadt das Sachsenpokal-Finale, das Stadtfest sowie ein Konzert von Herbert Grönemeyer statt. An Zufahrtswegen in die Stadt sowie am Bahnhof gab es den ganzen Tag Kontrollstellen. Am frühen Samstagnachmittag brannten mehrere Fahrzeuge und Mülltonnen. Eine Sprecherin der Polizei sprach von einer einstelligen Zahl an Bränden vor allem im Süden und Südwesten der Stadt.
Eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen das Verbot der "Tag X"-Demo war erfolglos. Der Eilantrag mit einer Verfassungsbeschwerde sei mit Beschluss vom Samstag nicht zur Entscheidung angenommen worden und damit für das Gericht gegenstandslos, teilte ein Sprecher in Karlsruhe mit. Damit bleiben die Beschlüsse des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichts Leipzig vom Freitag bestehen, denen zufolge das Verbot Bestand hat. Der Eilantrag gegen das Verbot war am Samstagvormittag in Karlsruhe eingegangen.
Es gibt aber weitere Demonstrationen in der Stadt, die nicht verboten sind. So war für den Nachmittag eine auf dem Alexis-Schumann-Platz angemeldet unter dem Titel "Die Versammlungsfreiheit gilt auch in Leipzig". Hier liege zunächst einmal der Einsatzschwerpunkt, erklärte ein Polizeisprecherin.
Die Umweltbewegung Fridays for Future zog am Nachmittag in einer Demonstration vom Bayerischen Platz zum Naturkundemuseum. Eine andere Versammlung unter dem Motto "Freiheit für alle politischen Gefangenen" war dagegen ebenfalls von der Stadt untersagt worden.
In linken Kreisen war bundesweit für die Solidaritäts-Demonstration am Samstag mobilisiert worden. Anlass ist das Urteil gegen die Studentin Lina E. und drei Mitangeklagte wegen Überfällen auf vermeintliche oder tatsächliche Neonazis. Die 28-Jährige war am Mittwoch vom Oberlandesgericht Dresden wegen linker Gewalttaten zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Die Stadt hatte die Demo unter dem Motto "United we stand - Trotz alledem, autonomen Antifaschismus verteidigen!" verboten. Grund waren Gewaltandrohungen in sozialen Netzwerken, die Gefahrenprognose der Polizei und Einschätzungen des Verfassungsschutzes. Beschwerden dagegen hatten zuvor bereits vor dem Verwaltungs- und dem Oberverwaltungsgericht keinen Erfolg.
Zwar gehe mit dem Verbot ein schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit einher, heißt es in einer Mitteilung des Oberverwaltungsgerichts. Er sei aber zum Schutz gleichwertiger Rechtsgüter zulässig. Die Stadt habe "einen zu erwartenden gewalttätigen Verlauf der Versammlung und damit eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit" plausibel prognostiziert. So sei sehr wahrscheinlich, dass Teilnehmer Gewalt gegen Personen oder Sachen planten oder ein solches Verhalten anderer zumindest billigten.
Die Leipziger Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Linke) hat Versammlungsverbote in der Stadt indes an diesem Samstag scharf kritisiert. Sie seien "rechtlich und politisch höchst zweifelhaft", schrieb sie am Samstag auf Twitter. Zudem sprach sie von "Schikanen der Polizei", die die Stimmung aufheizten. "Das führt zum Gegenteil dessen, was sich viele wünschen: Einen friedlichen Verlauf des Tages. Ich hoffe trotzdem darauf."
Krawalle in Connewitz vor dem "Tag X": Ein Journalist und mehrere Polizisten verletzt
Vor einem linksautonomen Solidaritätstag für Lina E. haben Vermummte bereits am Freitag in Leipzig Polizisten angegriffen. Nach zunächst friedlichem Verlauf einer Versammlung am Wiedebachplatz im Stadtteil Connewitz flogen aus einer Menge von mehreren Hundert Vermummten heraus plötzlich Steine und Pyrotechnik auf Beamte, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur beobachtete.
Sowohl dort als auch in Nebenstraßen brannten Barrikaden aus Mülltonnen und Baustellenabsperrungen. Die Polizei setzte Tränengas ein und wurde nach eigenen Angaben von Hausdächern "mit Gegenständen beworfen".
Die meisten brennenden Barrikaden waren kurz nach Mitternacht gelöscht, teils mit der Hilfe von Wasserwerfern. Nach ersten Erkenntnissen wurden 23 Beamte verletzt. Einer von ihnen musste im Krankenhaus behandelt werden. Ein Journalist sei von einer unbekannten Person attackiert und leicht verletzt worden. 17 Einsatzfahrzeuge der Polizei wurden beschädigt, acht Fahrzeuge waren in Brand gesetzt worden. Darunter seien auch Autos von Anwohnern gewesen, hieß es. Zudem entstand an einer Sparkassenfiliale in der Zweinaundorfer Straße ein Schaden in hoher fünfstelliger Summe.
"Es wurden Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf Polizeibeamte, Sachbeschädigung sowie eines Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz aufgenommen", teilte die Polizei mit. Bisher habe es fünf vorläufige Festnahmen gegeben. Zudem kam es zu drei Ingewahrsamnahmen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat sich am Samstag bei der Polizei für ihren Einsatz in Leipzig bedankt. "Das Ziel ist Menschen und Sachwerte zu beschützen und Gewalttäter festzunehmen", erklärte der CDU-Politiker via Twitter. Polizisten aus Sachsen und anderen Bundesländern schützten die Leipziger vor Gewalttouristen, so der Ministerpräsident. Zuvor hatten sich Kretschmer sowie Innenminister Armin Schuster (CDU) nach Polizeiangaben vom Leipziger Polizeipräsidenten und Einsatzleiter René Demmler in die aktuelle Lage einweisen lassen.
"Tag X"-Demo bleibt verboten - Zufahrtswege nach Leipzig werden kontrolliert
Wegen der befürchteten gewalttätigen Proteste von Linksextremen in Leipzig kontrollierte die Polizei am Samstag die Zufahrtswege in die Stadt. Es seien Kontrollpunkte eingerichtet worden, sagte eine Polizeisprecherin am Samstag.
Schon seit Freitag 18.00 Uhr galt in Leipzig der Kontrollbereich, der große Teile des Stadtgebiets im Osten, Süden und Westen umfasst. Dort kann die Polizei ohne besonderen Anlass Menschen anhalten und deren Personalien überprüfen.
Eine Million Euro Sachschaden für jedes Jahr Haft
Bislang zeigt das Verbot wenig Wirkung: Auf linken Internetportalen wurde auch wegen des Verbots dazu aufgerufen, jetzt erst recht nach Leipzig zu reisen. Demnach willen autonome Gruppen jetzt auch dezentral in der Stadt aktiv werden. „Wenn die Stadt unseren Protest verunmöglicht, wird das Konsequenzen haben, die dort treffen, wo es der Stadt wehtut“, heißt es in einem Aufruf.
Die bundesweiten Aufrufe der radikalen Szene haben es zuvor kaum an Deutlichkeit vermissen lassen. Für jedes Jahr verhängte Haft gegen Lina E. und ihre drei Mitangeklagten seien am "Tag X" eine Million Euro Sachschaden fällig, hieß es bereits in Online-Aufrufen. Und die Bundesanwaltschaft hat allein für Lina E. acht Jahre Gefängnisstrafe gefordert. Entsprechend groß sind im Vorfeld die Sorgen der Sicherheitsbehörden.
Die Studentin Lina E., die in Connewitz wohnte und dort im November 2020 verhaftet wurde, sowie die drei anderen verurteilten sollen mehr als zwei Jahre lang brutale Übergriffe auf Neonazis in Leipzig, Wurzen und Eisenach verübt haben. Seit ihrer Verhaftung wird sie in der linken Szene als Aktivistin verehrt und zugleich zum Opfer von Staatsrepression stilisiert.
"Es handelt sich um den größten staatlichen Angriff auf Strukturen der radikalen Linken seit Jahren, wenn nicht gar seit Jahrzehnten", heißt es auf dem Portal Indymedia. Der "Attacke des Systems" müsse nun ein deutliches, militantes Zeichen entgegengesetzt und der Justiz und Polizei in Sachsen der Preis dafür in "kollektiver militanter Praxis" präsentiert werden: "Wir kommen am Tag X alle nach Leipzig, um dem Repressionsapparat unseren blanken Hass in seine widerwärtige Fratze zu spucken." Dabei werden auch Parallelen zum G20-Gipfel in Hamburg gezogen, als es im Juli 2017 tagelang zu massiven Ausschreitungen gekommen war.
Connewitz nicht "zerkloppen"
Gemäßigtere Kreise der Autonomen warnen derweil vor einem "plumpen Verbalradikalismus" ihrer Gefährtinnen und mutmaßen, dass der aggressive Aufruf "von den Behörden selber getippt wurde". Sie appellieren zugleich, dass Leipzig und Connewitz nicht "zerkloppt" werden mögen.
Die Leipziger Polizei bereitet sich auf jeden Fall auf einen Großeinsatz vor und hat Unterstützung der Bundespolizei und aus anderen Bundesländern angefordert. Genaue Zahlen werden noch nicht genannt, aber klar ist, dass neben mehreren Hundertschaften auch Hubschrauber und Wasserwerfer im Einsatz sind. Die Polizeidirektion Leipzig sehe sich vor dem größten Polizeieinsatz der letzten beiden Jahre, sagt Polizeisprecher Olaf Hoppe.
Da immer wieder Aufrufe zu Militanz und zum Teil massive Gewaltankündigungen zu verzeichnen seien, rechne man damit, "dass auch gewaltbereite und gewaltsuchende Personen nach Leipzig reisen und Straftaten begehen werden", so Hoppe. Die Sicherheitskräfte würden sich auf einen "teilweise unfriedlichem Verlauf mit hohem Schadenspotenzial" einstellen und sich eng mit der Stadt Leipzig als Versammlungsbehörde und den Demo-Anmeldern abstimmen. Auch ein Verbot der Aufzüge sei dabei immer noch möglich.
Absage von Sachsen-Pokal abgelehnt: Zu viel Geld im Spiel
Am Samstag finden in Leipzig noch weitere Großveranstaltungen statt. Das Finale um den Sächsischen Fußball-Pokal zwischen dem 1. FC Lok Leipzig und dem Chemnitzer FC wird um 16.15 Uhr ausgetragen. Das gaben die Vereine am Donnerstag bekannt, nachdem bis zuletzt wegen Sicherheitsbedenken die Austragung auf der Kippe stand. "Wir haben genügend Kräfte da, um auch das Fußballspiel absichern zu können", bestätigte Olaf Hoppe, Sprecher der Polizeidirektion Leipzig, am Donnerstag dem MDR. Vorausgegangen waren tagelange Besprechungen der Stadt Leipzig und des sächsischen Innenministeriums.
Das Ministerium hatte die Stadt Leipzig ersucht, das Endspiel abzusagen. Als Grund wurde zunächst genannt, dass sich die Sicherheitsbehörden nicht in der Lage sehen, die Partie an diesem Tag abzusichern. Viele Sicherheitskräfte sind am 3. Juni beim DFB-Pokal-Finale zwischen RB Leipzig und Eintracht Frankfurt in Berlin zusammengezogen, in Leipzig gibt es das Stadtfest, ein Konzert von Herbert Grönemeyer und der "Tag X".
Die Bitte des Innenministeriums an den Sächsischen Fußball-Verband (SFV) wurde von diesem mit dem Verweis auf die Einbindung des Endspiels in den bundesweiten "Finaltag der Amateure" mit Live-Übertragungen in der ARD und die damit verbundenen vertraglichen Vereinbarungen abgelehnt. Die finanziellen Einbußen seien gravierend. Auch Ausrichter Lok Leipzig sieht finanzielle Schwierigkeiten auf den Verein zukommen.
Die Leipziger Polizei wird schon seit einigen Tagen von einer Hundertschaft der Bereitschaftspolizei unterstützt, um unter anderem Brandanschläge und Angriffe auf Behörden zu verhindern. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) hatte schon vor einigen Tagen angekündigt, dass die Polizei sehr viele Kräfte aus ganz Deutschland in Leipzig brauchen werde, um die Lage zu beherrschen. "Und wir bekommen sie auch." (mit dpa)